"Es ist auch so wie eine Sucht nach diesem Gefühl. Je länger du es machst, desto weniger willst du daraus. Als wir das erste Mal 'Melt' gespielt haben in irgend so einem Zelt. Wir spielen jetzt halt hier, und heute 'Ohh, Melt!' Aber in dem Moment, wo du da raus gehst, da spielt es sich von alleine."
Sagt Tobias Jundt, Sänger der Berliner Band Bonaparte, die auf dem diesjährigen Melt Festival präsent waren.
Das Festival ist seit Ende der 9oer ständig gewachsen und stellt nun den Festivalgänger mit seinen fünf verschiedenen Bühnen, die über das gesamte Gelände in Ferropolis verteilt sind, vor die Qual der Wahl.
Der Megaevent, der zwischen stillgelegten Schaufelbaggern über 100 Bands und DJ's an drei Tagen präsentiert, steht ziemlich alleine in der deutschen Festivallandschaft da, da sich bemüht wird, eine Kombination aus handgemachter und elektronischer Musik zu präsentieren.
Für die Berliner Gruppe Bonaparte, die in den letzten fünf Jahren über 5oo Konzerte gespielt hat, war es dennoch etwas Besonderes, auf dem Melt! Festival zu spielen.
Doch viel Zeit und Muße, sich andere Bands anzuhören, bleibt Sänger Tobias Jundt nicht:
"Ich würde unglaublich gerne wissen, was die alle machen. Und wenn ich das Melt-Plakat lese, dann kenne ich einige Leute weil wir Freunde sind, aber die anderen Namen weniger, aber die sehe ich oft auf Plakaten. Wenn ich beginne, das alles zu hören, dann habe ich so einen Film im Kopf. Die beste Garantie, irgendetwas zu tun, was originär ist, ist die, mich nicht darum zu kümmern, was die anderen machen."
"Beim Livesspielen innerhalb meiner elektronischen Musik habe ich das Konzept, dass ich versuche, eine optische Verbindung zu kreieren. Meine Bewegungen und was aus den Boxen herauskommt. Ich versuche, das so klar wie möglich zu machen. Und ich glaube, dass ich mich in diesem Konzept von anderen Künstlern unterscheide."
Sagt Kid Simius, ein spanisch-deutsches Allroundgenie, das auch auf dem Festival gespielt hat. Seine Ein-Mann Liveperformance unterschied sich deutlich von der eines Laptop-Artisten. Simius tanzt und schwitzt auf der Bühne und unterhält mit seinen schrägen Showeinlagen.
Garten Eden für Freunde elektronischer Musik
Dazu gehört, das er im richtigen Moment auch mal seine Surfgitarre oder Ukulele spielt.
Das Melt! Festival ist eine Art Garten Eden für Freunde der angesagten elektronischen Musik, die sich für alle Mikrotrends des riesigen Genres interessieren.
Dazu gehört auch die Berliner Künstlerin Dillon, die mit ihrer kammermusikähnlichen Klängen begeistern konnte. Dillon, die wie viele Festivalbesucher Mitte 20 ist, hat ihre ganz eigene Melt-Geschichte!
"Ich hatte meinen Laptop dabei und stand auf einer Box in einer Halle, die es jetzt gar nicht mehr gibt und habe 20 Minuten performt. Das war mein erster Melt Auftritt 2008. Und mit dem Festival durfte ich dann auch wachsen. Dieses Mal ist es Gott sei dank etwas anders".
Vom Flair eines unabhängigen Independentfestivals ist das Melt! mittlerweile weit entfernt. Hier passiert nichts aus Zufall und nicht nur die vorhandene Technik im Schatten der Industriekulisse ist die eines professionellen Veranstalters, der eine Menge Erfahrung in das Festival mit einbringt. Das Melt! mit all seinen Zusatzangeboten vom elektrischen Rodeoreiten bis hin zum gratis Glitzermakeup hat sogar ein wenig Jahrmarktatmosphäre.
Bei 30 Grad im Schatten am Nachmittag hatten es einige Bands wirklich schwer, ihr Publikum zu finden. Viele Festivalbesucher lagen bei diesen Temperaturen eher im Schatten oder badeten im angrenzenden See oder krochen erst gegen Abend wieder aus ihren Zelten.
Minimal Techno, Drum & Bass, House, Trip Hop - das Melt! Festival steht für musikalische Spannungsbögen. Dazu passt auch das Duo Milky Chance, die es in diesem Jahr mit ihrem Hit "Stolen dance" sogar auf Platz 1 der deutschen Charts geschafft haben.
Hört man sich deren musikalische Vorlieben an, so sind die beiden in ihrer offenen Herangehensweise die perfekten Kanditaten für's Melt! Festival:
"Wir hören gerne Musik, wir hören gerne alles Mögliche, wir haben viele verschiedene Stile gespielt: viel Reggae, dann auch mal Rock und Jazz. Wir haben alle Konsorten durch und auch mal im Chor gesungen, wir waren im Musik-Leistungskurs in der Schule, wir haben den ganzen Mozart, Barock, Romantik Gedöns durch. Und das ist jetzt irgendwie rausgekommen."
Wie erleben Musiker ihre Konzerterfahrung auf dem Melt! Festival? Manchmal ist es das Zusammenspiel von Musik und Kulisse, das ein spezielles Gefühl auslösen kann. Und so unterschiedlich wie die Festivalbesucher fallen auch die Reaktionen aus.
Dillon resümiert:
Dillon resümiert:
"Manchmal weinen sie, manchmal tanzen sie, manchmal fotografieren sie das ganze Konzert über. Manchmal singen sie jedes Wort mit, manchmal gehen sie auch einfach. Das ist immer wieder unterschiedlich. Das ist das Schöne oder vielleicht auch das Irritierende."