"Es ist moralisch und rechtlich inakzeptabel, dass in der EU des 21. Jahrhunderts Menschen wie Waren gekauft, verkauft und ausgebeutet werden", sagte der EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei der Vorstellung des Berichts zum Menschenhandel in Brüssel. Die Mitgliedstaaten müssten ihre Anstrengungen dagegen verstärken. Es sei die gemeinsame Pflicht aller Länder, den Menschenhandel zu stoppen.
Insgesamt seien in den Jahren 2013 und 2014 etwa 15.800 Personen registriert worden, die entweder gegen ihren Willen oder unter falschen Versprechungen in die Hände von Menschenhändlern geraten seien. Dreiviertel der Opfer seien Frauen. Aber auch immer mehr Kinder würden ausgebeutet. Ihr Anteil sei auf mindestens 15 Prozent gestiegen.
EU geht von hoher Dunkelziffer aus
Die EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels, Myria Vassiliadou, erklärte, dies sei vermutlich nur "die Spitze des Eisbergs". Man gehe davon aus, dass die tatsächlichen Opferzahlen deutlich höher seien.
Sie kritisierte zudem die Rechtslage in vielen EU-Ländern. In 19 der insgesamt 28 Mitgliedstaaten machten sich diejenigen, die Dienste von Opfern der Menschenhändler in Anspruch nähmen - etwa Freier, nicht strafbar, so Vassiliadou.
Avramopoulos betonte, es sei nun die wichtigste Aufgabe sicherzustellen, dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt und die Opfer geschützt werden. Die seit 2011 geltende EU-Richtlinie für den Kampf gegen den Menschenhandel habe wichtige Impulse gegeben, um sich über das Ausmaß des Problems bewusst zu werden. Jetzt müsse die Richtlinie aber auch umgesetzt werden.
Die meisten Opfer stammen aus Rumänien und Bulgarien
Dem Kommissionsbericht zufolge nutzen kriminelle Händler die Flüchtlingskrise in Europa aus, um Menschen in ihre Gewalt zu bringen. Entlang der Migrationsrouten müssten Frauen und Kinder daher besonders geschützt werden, hieß es.
Allerdings komme die Mehrheit der Opfer nicht aus Drittstaaten, sondern aus der EU selbst. 65 Prozent der erfassten Personen hätten einen EU-Pass. Die meisten Betroffenen stammten aus Rumänien und Bulgarien, gefolgt von den Niederlanden, Ungarn und Polen. Die Opfer von außerhalb der EU kämen hauptsächlich aus Nigeria, China, Albanien, Vietnam und Marokko.
Die Gründe für den illegalen Menschenhandel sind vielfältig. Mit 67 Prozent der registrierten Fälle liegt der EU zufolge die sexuelle Ausbeutung ganz vorne: Viele Frauen und Kinder würden zur Prostitution gezwungen. An zweiter Stelle stehe die Arbeitsausbeutung. Außerdem würden einigen Opfern unerlaubt Organe wie Nieren oder Lebern entnommen oder sie würden als Drogenkuriere benutzt und zum Betteln gezwungen.
(kis/tj)