"Die Zahl rassistisch motivierter Angriffe in Deutschland ist so hoch wie noch nie seit Gründung der Bundesrepublik", sagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan. In seinem Bericht (PDF) hat Amnesty Beispiele zusammengetragen, um seine Thesen zu belegen.
Da geht es zum Beispiel um Flüchtlingsunterkünfte. Die sind nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation unzureichend gegen fremdenfeindliche Attacken geschützt. Laut Bundeskriminalamt gab es im Jahr 2015 mehr als fünfmal so viele Angriffe wie im Vorjahr – insgesamt waren es 1.031 Straftaten. "Amnesty fordert die Innenministerkonferenz dazu auf, ein bundesweites Konzept zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften vor rassistischen Angriffen zu vereinbaren", sagte Generalsekretärin Caliskan.
Rechtsextremisten sollen Flüchtlinge schützen
So komme es etwa vor, dass private Sicherheitsunternehmen beauftragt werden, bei denen einschlägig vorbestrafte Rechtsextremisten arbeiten. Die Menschenrechtsorganisation fordert, dass die Polizei die Mitarbeiter vor ihrem Einsatz überprüfen soll. Sie möchte außerdem, dass sich regelmäßig Vertreter aller Institutionen treffen, die für die Sicherheit der Einrichtungen relevant sind, darunter auch Hilfsorganisationen und Vertreter von Flüchtlingen und Bewohnern.
Der Hauptautor des Berichts von Amnesty International, Marco Perolini, sagte in Berlin, die deutschen Behörden schafften es nicht, die Straftaten aufzuklären und angemessen zu verfolgen. Sie scheiterten auch bei der Präventionsarbeit. Er glaubt auch einen der Gründe dafür zu kennen: institutioneller Rassismus. Zwar handelten Polizisten nicht bewusst rassistisch, allerdings hätten sie unterschwellige Vorurteile gegenüber Menschen aus anderen Ländern. Amnesty fordert eine unabhängige Untersuchung, ob solche Mechanismen die Aufklärung rassistischer Verbrechen behinderten. "Die deutschen Behörden haben aus ihrem Versagen beim NSU-Komplex wenig gelernt", sagte Generalsekretärin Caliskan.
Amnesty spricht von widersprüchlichem Bild
Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hatte bis zu ihrer Enttarnung 2011 über mehrere Jahre hinweg zehn Menschen ermordet und zwei Bombenanschläge verübt, ohne dass die Behörden ihnen auf die Spur kamen.
Caliskan verwies allerdings auch darauf, dass auf der anderen Seite im Land viel für Flüchtlinge getan werde. "Das Bild, das Deutschland aktuell abgibt, könnte widersprüchlicher nicht sein", sagte sie. Auf der einen Seite gebe es "großartige, mitfühlende Willkommenskultur", auf der anderen Seite würden "rassistische Ressentiments mit erschreckender Hemmungslosigkeit ausgelebt".