Eine unscheinbare Toreinfahrt führt zu dem Hinterhof in der Düsseldorfer Innenstadt. Im Durchgang wartet Sperrmüll der Nachbarn auf Abholung. Das Hinterhaus birgt allerdings die blitzblanken Labore der Biotechnologie-Firma "Orthogen Therapeutics". Große, weiße Kühlschränke erfüllen den Raum mit eintönigem Summen. Die eigentlichen Labore liegen hinter Glas und sind durch mehrere Desinfektions-Schleusen von der Außenwelt abgeschirmt. In den Brutschränken der Labore schwimmen in Glaskolben mit rosafarbener Nährflüssigkeit menschliche Knorpelzellen. Die Knorpelzellen sollen schmerzende Kniegelenke mit löchriger Knorpelschicht heilen. Der Molekularbiologe Julio Reinecke überwacht ihr Wachstum:
" Knorpel zeichnet sich ja eben dadurch aus, dass wir es nur mit einem Typ Zelle zu tun haben, und diese Zellen lassen sich dann auch relativ einfach vermehren, in der Zellkultur-Flasche; und danach kann man sie auch wieder relativ unproblematisch an einen Defekt implantieren. Und das ist das Schöne an der Geschichte, selbstverständlich gibt es viel daran noch zu erforschen und zu optimieren, aber erstmal geht es ja darum, eine Lösung zu schaffen, die vielen Patienten weiterhelfen kann."
Das frische Knorpelgewebe aus dem Labor schmiert abgeriebene oder verletzte Gelenke und macht damit den Einsatz eines künstlichen Gelenks überflüssig. Etwa hundert Ärzte arbeiten mit der Düsseldorfer Firma Orthogen zusammen. Für rund 200 Patienten pro Jahr wird unter höchsten Reinheitsvorkehrungen ein individuelles Knorpelstück angezüchtet: Das Prinzip des so genannten "Tissue Engineerings", des Züchtens von Gewebe im Labor, klingt verlockend einfach: Dem Patienten wird eine kleine Zahl von Zellen entnommen und in einer Zellkultur vermehrt.
Ganz angenehm hier. Schon auch wie zu Hause irgendwie. Schön warm und so. Essen gibt's auch ordentlich. Ansonsten: ziemlich viel Platz. Ist ja bisher kaum einer da.
Wenn die Zellen zu einem kleinen Stück Gewebe heranwachsen sind, werden sie wieder in den Körper des Patienten gepflanzt, wo sie verletztes oder fehlendes Gewebe ersetzen. Beim Knorpel funktioniert dies tatsächlich relativ gut: Patienten, deren Gelenkknorpel abgerieben oder durch eine Verletzung beschädigt ist, können sich schon heute maßgeschneiderte Ersatzstückchen einsetzen lassen.
Doch das Tissue Engineering ist mit größeren Erwartungen angetreten, als bloß neue Gelenkschmiere herzustellen. Seit die Idee geboren wurde, einzelne Zellen im Labor zu ganzen Gewebestückchen hochzupäppeln, sind nahezu alle medizinischen Forschungsrichtungen auf den Zug aufgesprungen. Ob Herzklappe oder Blutgefäß, Leber oder Niere, Haut oder Knochen - auf allen Gebieten versuchen Mediziner heute, naturidentischen Gewebe-Ersatz herzustellen.
" Die meisten Leute, ich eingeschlossen, halten das Tissue Engineering für einen hervorragenden Ansatz, krankes Gewebe zu ersetzen."
Robert Nerem, Professor am Institut für Bioscience im US-amerikanischen Georgia, beschäftigt sich seit Langem mit der Nachbildung von körpereigenen Blutgefäßen.
" Der Vorteil körpereigener Zellen besteht darin, dass es einfach überhaupt keine Probleme mit der Immunabwehr gibt."
Das Ersatzgewebe wird aus Zellen hergestellt, die aus dem Körper selbst stammen. Und die sind dem Immunsystem vertraut. Sie werden nicht als Eindringlinge wahrgenommen und folglich auch nicht abgestoßen.
Als Pionier des Tissue Engineerings gilt - zusammen mit seinen drei Brüdern - der amerikanische Mediziner Charles Vacanti. Vor 20 Jahren begann er mit Knorpelgewebe zu experimentieren. Sein berühmtestes Experiment: Charles Vacanti baute ein Polymergerüst in Form eines Ohrs und säte darauf menschliche Knorpelzellen. Dann vernähte er es auf dem Rücken einer Maus und schoss ein Foto. Das Bild ging um die Welt. Es entsetzte Tierschützer und wurde doch zum Sinnbild des Tissue Engineerings. Die Vision der Vacanti-Brüder: Ganze Organe und sogar Gliedmaßen im Labor zu züchten. Eine Vision, die schnell Anhänger fand und sich zum Teil bis heute gehalten hat.
" Ich glaube, dass die wahre Zukunft des Tissue Engineerings darin liegt, was ich die Transplantationskrise nenne - der große Mangel an Spenderorganen wie Nieren, Lebern, Bauchspeicheldrüsen oder Herzen. Das Tissue Engineering hat das Potenzial, solche Organe zu liefern."
Ein Blick auf die tatsächlich erfolgreichen Gewebezüchtungen bringt allerdings erst mal Ernüchterung: Von der Schaffung ganzer Organe im Labor ist die Medizin weit entfernt. Denn Organe wie Herz, Leber und Niere sind höchst komplexe, dreidimensionale Gebilde. Sie wachsen im Labor nicht einfach nach, als seien sie Ableger einer Pflanze.
" Es ist Bescheidenheit angesagt, weil man in den letzten Jahren, die Limitierung erkannt hat, "
so der Unfallchirurg Norbert Meenen vom Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg arbeitet selbst mit Gelenkknorpel.
" Gewebezüchtung von komplexeren Geweben, wie sie zum Beispiel die Leber oder die Niere darstellt, mit ihren Gefäßsystemen, mit ihren ableitenden Kanälchen, mit ihren Strukturbereichen die überhaupt den Halt eines solchen Organs sicher stellen, der Aufbau in vitro ist außergewöhnlich schwierig. Allein die Züchtung von Leberzellen ist kein Problem, die kann durchgeführt werden, aber das Einführen von Gefäßen, die dann das Blut durch diese Leberzellen oder an den Leberzellen vorbei führen würde, das ist außerordentlich komplex und ist bis heute ein wesentliches Hindernis für erfolgreiche In-vitro-Züchtung oder Tissue Engineering von solchen komplexen Geweben."
Auch der Herzspezialist Stefan Jockenhövel dämpft die Erwartungen, in naher Zukunft könnten vollständige Herzen im Labor heranwachsen.
" Das Herz ist ein sehr komplexes Organ, das nicht nur aus einer Struktur besteht. Es besteht nicht nur aus Muskel, sondern es ist Muskel, es ist ein großer Teil Reizleitungssystem, also Nervenbahnen; die Herzklappen als mechanisch sehr stark belastete Strukturen stellen wieder ganz andere Fragestellungen in den Raum. Es gibt zwar gemeinsame Grundbauprinzipien, aber jetzt hinzugehen und zu sagen, wir machen auf einen Schlag ein komplettes Herz, das ist sicherlich noch Science-Fiction."
Stattdessen nehmen sich Mediziner und Bioingenieure zunächst einzelne Teile vor. Beispiel Herz: Am Hamburger Universitätsklinikum züchten Kardiologen Herzmuskelgewebe. In Rostock forschen Mediziner an Herzschrittmacherzellen. Und Stefan Jockenhövel, Leiter der Arbeitsgruppe "Kardiovaskuläres Tissue Engineering" am Universitätsklinikum Aachen, entwickelt mit seinen Mitarbeitern derzeit eine Herzklappe, die vollständig aus körpereigenem Material besteht:
" Herzklappen sind dazu da, das Blut in einer gezielten Richtung nach vorne zu transportieren. Das Herz kontrahiert sich, geht auf und zu und pumpt, und wenn dort keine Herzklappe wäre, würde das immer hin und her schwappen; durch diese Klappe wird das Blut in eine gerichtete Strömung umgesetzt."
Herzklappen sind eine Art Rückstoßventil. Wenn sie fehlen oder beschädigt sind, muss unbedingt Ersatz her. Bisher gibt es zwei Möglichkeiten: künstliche mechanische Herzklappen oder biologische Herzklappen von Rind oder Schwein. Diese Ersatzteile sind jedoch nicht unproblematisch: Nach Implantation einer mechanischen Klappe muss der Patient lebenslang Blut verdünnende Mittel nehmen. Und die biologischen Herzklappen verkalken sehr schnell - sie müssen nach einer gewissen Zeit ausgetauscht werden. Zudem wachsen beide Arten von Ersatzklappen nicht mit. Dies ist besonders für Kinder mit angeborenem Herzklappenfehler ein großes Problem. Jockenhövel:
" Unter dem Schlagwort des Tissue Engineerings versuchen wir halt eine lebendige Herzklappe zu züchten aus körpereigenen Zellen. Was wir wollen ist eine Klappe, die mitwachsen kann, die auf Wachstumsreize des eigenen Körpers reagiert."
Das Projekt von Stefan Jockenhövel befindet sich noch in der Laborphase. Die Forscher arbeiten mit Gewebe aus Schafen, testen aber auch schon menschliches Gewebe. Die Zellen für die Herzklappen stammen aus Blutgefäßen oder der Nabelschnur. Es handelt sich um die gleichen Zellen, die auch die Innenwand von Blutgefäßen auskleiden.
Kann nicht klagen. Ganz gute Stimmung hier. Das Büffet reicht immer für alle, das ist ja auch wichtig Hab inzwischen ein paar Kontakte geknüpft. Sind jetzt auch mehr geworden.
Stefan Jockenhövel öffnet den Brutschrank im Labor und holt eine Zellkulturflasche heraus.
" Was man hier vorne sieht, sind die einzelnen Gefäßstückchen, wir haben dieses Gefäß in ganz viele ein mal ein Millimeter große Stücke zerschnitten und die liegen jetzt auf dieser Zellkulturflasche. Wenn man jetzt hier durchs Mikroskop schaut, sieht man wie diese Zellen sich auf dem Boden der Zellkulturflasche ausbreiten, so ihre kleinen Füße ausstrecken, das sieht wirklich aus wie eine Raufasertapete."
Bei jeder Art von Tissue Engineering werden zunächst Zellen in einer Zellkultur vermehrt. Um ein zusammenhängendes Gewebe zu bilden, müssen die Zellen im ständigen Kontakt zueinander stehen. Sie dürfen aber auch nicht zu dicht aufeinander hocken, da sie sonst um Nährstoffe und Sauerstoff konkurrieren. Jockenhövel:
" Zellen muss man immer gut pflegen, man muss gut auf sie aufpassen, sie brauchen immer was zu essen, entsprechend wird zweimal pro Woche das Zellkulturmedium ausgetauscht, damit frische Nährstoffe hereinkommen, frische Wachstumsfaktoren die Zellen anregen, sich zu vermehren. Die Zellen alleine wissen natürlich nicht, dass sie eine Herzklappe werden sollen, das ist nicht so ins Reagenzglas schmeißen und dann kommt man ne Woche später und aus den flachen Zellen ist eine dreidimensionale Struktur geworden."
Ohne Hilfsmittel fällt es einzelnen Zellen schwer, eine dreidimensionale Struktur zu bilden. Daher arbeiten die Gewebe-Ingenieure in der Regel mit einem stützendem Trägermaterial, auf das die Zellen aufgebracht werden. Diese Stützen - so genannte Scaffolds - geben die Form vor, die das Gewebestückchen später haben soll. Scaffolds haben das Tissue Engineering entscheidend weitergebracht. Sie bestehen häufig aus einem porösen Kunststoff. Dadurch können sich die Zellen dreidimensional anordnen und behindern sich gegenseitig nicht beim Wachsen.
Die Idee zu einem solchen Trägermaterial soll einem der Vacanti-Brüder gekommen sein, als er Algen im Wasser betrachtete: Die Wasserpflanzen sind extrem fein verästelt und können deshalb genügend Nährstoffe aus dem Wasser ziehen.
Bei der Zucht von Gewebeknorpel dient zum Beispiel ein synthetischer Vliesstoff als Trägermaterial. Jockenhövel:
" So ein Haufen Zellen ist wie trockener Sand. Wenn Sie daraus eine Form machen wollen, die zerrinnen Ihnen zwischen den Fingern. Deswegen brauchen wir eine Stützstruktur, das ist in unserem Fall ein Gel, das wir aus dem Patientenblut selber herstellen, sodass alles was in dieser Klappe verwendet wird, vom Patienten selbst ist."
Bei den Aachener Kardiologen besteht die gesamte Herzklappe aus biologischer Substanz. Um die flüssige Zellsuspension auszuhärten, nutzen sie Stoffe aus dem menschlichen Blut, die normalerweise für Blutgerinnung und Wundverschluss zuständig sind. Um das Ersatzgewebe in die richtige Form zu bringen, hat die Arbeitsgruppe von Stefan Jockenhövel ein spezielles Spritzgussverfahren entwickelt:
" Wir haben erst einen ganzen Haufen loser Zellen, die in der Flüssigkeit herumschwimmen und geben die dann in dieses Gel hinein, geben dieses Gel in die Spritzgussform. Also letztendlich besteht diese Spritzgussform aus zwei Stempeln und zwischen diesen Stempeln ist ein Spaltraum. Und dann gibt man die Zellen mit dieser Fibringel-Lösung hinein, gibt die Starterlösung zu; dann hat man etwa 8-10 Sekunden, bis das Ganze fest wird. In dieser Zeit kommt dann der zweite Stempel oben drauf klack, klack, und dann stellt man das Ganze in den Brutschrank für eine Stunde, und nach einer Stunde kann man dann in Ruhe diese Form entfernen und übrig bleibt halt die Klappe. Und die Zellen sind dann in diesem Gel wie die kleinen Fleischstückchen in der Sülze. Oder wie Rosinen im Kuchen."
Mit der Spritzgusstechnik lässt sich eine Herzklappe formen, die genau die gewünschte Größe hat: Herzklappen von Erwachsenen haben einen Durchmesser von etwa 25 Millimetern, die von Kindern sind entsprechend kleiner.
Müssen seit letzter Woche täglich joggen und Gewichte stemmen. Von wegen mehr Ausdauer und Kraft Drücken ist nicht. Die meinen, wir sollen fitter werden, für den Alltag zu Hause oder so. Vorher war's irgendwie entspannter: Rumliegen, essen, ausruhen - na ja
Gewebe, das im Labor gezüchtet wird, ist zunächst keiner Belastung ausgesetzt. Dies ist im Körper natürlich anders. Dort müssen Gewebe und Organe entsprechend ihrer Funktion große Belastungen aushalten. Das im Labor gezüchtete Gewebe wird daher vorbereitet auf die Bedingungen, denen es im menschlichen Körper ausgesetzt ist. Jockenhövel:
" Zellen sind von Natur aus faul. Zellen tun nur das, was sie tun sollen. Das sieht man am besten, wenn man sich ansieht, wie ein Bein aussieht, nachdem es sechs Wochen in Gips war. Es ist dünn, die Muskulatur hat angefangen sich abzubauen. Und das passiert auch mit den Zellen, die wir einfach aus dem Gewebe herauslösen, die in eine Petrischale geben, die denken: Ich habe Sommerferien, ich mach jetzt nichts mehr. Und damit diese Zellen sich wieder an die Arbeit gewöhnen, kommen sie in dieses Bioreaktorsystem und werden einem mechanischen Stress ausgesetzt. Und man sieht, dass dieser mechanische Stress dazu führt, dass die Zellen wieder ihre Arbeit aufnehmen, das ist ja das Ziel, dass man nicht nur eine lebende Struktur hat, sondern dass diese lebende Struktur auch stabil genug ist, dass man sie implantieren kann."
Die Herzklappen kommen regelrecht ins Fitness-Studio: Sie sitzen in einem flüssigkeitsgefüllten Silikonschlauch, in dem in regelmäßigen Abständen ein Druck aufgebaut wird - so wie es ein schlagendes Herz auch macht. Denn im Körper müssen Herzklappen Enormes leisten: Im Laufe eines Lebens pumpt ein Herz eine Blutmenge durch seine Klappen, die 100 olympische Schwimmbecken füllen könnte.
Auch Gelenkknorpel ist großen Belastungen ausgesetzt: Schon das Treppensteigen bedeutet einen ständigen Wechsel von starker Be- und Entlastung. Bewegung führt dazu, dass sich der Aufbau des Gewebes ändert - so, wie auch ein Muskel durch Training kräftiger und leistungsfähiger wird. Norbert Meenen, Unfallchirurg am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf:
" Wir wissen, dass alle Bindegewebe unter Last sich in ihrer Struktur verändern und auch in ihrer Zusammensetzung - eine häufig benutzte Sehne wird kräftiger. So ist es auch bei dem Knorpel: Ein massiv trainierter Knorpel wird in seiner Zusammensetzung, in seiner Festigkeit anders, er wird stabiler und er wird besser geeignet sein, seine Anforderungen zu erfüllen."
Norbert Meenen züchtet in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Harburg Gelenkknorpel.
Vor ihm auf der Laborbank liegt ein Gelenkknorpelstück von der Größe eines Backenzahns. Es stammt von einem Schwein. Seine Farbe ist milchig-transparent, und beim Draufdrücken zeigt sich eine leicht gummiartige Festigkeit. Im Gegensatz zu dem maßgeschneiderten Gelenkknorpel, der auf Vliesläppchen gezüchtet wird und bereits bei Patienten im Einsatz ist, wachsen diese Knorpelstückchen ohne eine künstliche Stützstruktur heran: Festigkeit verleihen ihnen Strukturproteine, die die Knorpelzellen selbst hergestellt haben. Um sie auf die Härten des richtigen Lebens vorzubereiten, schickt Norbert Meenen seine Knorpelstückchen ebenfalls ins Trainingslager.
" Die Zellen werden sozusagen mit Luftdruck komprimiert, wir können auf die Zellen direkt mit kleinen Stempeln einwirken, bzw. auf das Gewebe, gerichtet die Kraft auf dieses Gewebe einbringen und damit die Zellen dazu bringen, das Gewebe umzustrukturieren, damit es den Anforderungen später im Körper besser erfüllbar ist. "
Ein so trainiertes Knorpelstücks ist tatsächlich sehr schnell wieder belastbar. Das konnten die Hamburger Forscher an den Schweinen beobachten, denen sie den Laborknorpel implantiert hatten.
" Die Tiere sind nach einer kurzen postoperativen Phase, die sich genauso wie beim Menschen verhält, wenn man ihn einer Knorpeltransplantation am Knie unterzieht, die Tiere sind dann anschließend auf die Weide gekommen und haben dann das Jahr verbracht. die Tiere haben sich auch, wie wir uns selbst immer wieder den Eindruck verschaffen konnten, ganz normal bewegt, sie sind gesprungen, gelaufen und haben sich ausgeruht, und von daher ist auch die Benutzung der Gelenke ganz normal verlaufen, sodass die Ergebnisse unter diesem Aspekt als eben sehr erfolgreich zu werten sind. #
Ist eigentlich eine gute Sache, so'n Training. Gut, so langsam könnte es auch mal wieder Richtung Heimat gehen, also nicht dass ich Heimweh hätte oder so, aber trotzdem
Ein wichtiges Gerät für die Züchtung von Gewebe im Labor ist der Bioreaktor. In einem solchen Gefäß herrschen zum Einen genau die Bedingungen, auf die das Gewebe im Körper treffen wird: Temperatur, Sauerstoffgehalt, Feuchtigkeit. Zum Anderen können die gewünschten Belastungen auf das Gewebestück ausgeübt werden. Der Mediziner Augustinus Bader ist führend bei der Entwicklung von Bioreaktoren.
" Der Bioreaktor ist ein Instrument, , das eigentlich nur Zellkulturbedingungen schafft, sodass diese Zellen, die ja einem Gewebe entnommen werden, möglichst gut vermehrt werden können, aber auch in ne normale Funktion überführt werden. Das erreicht man, wenn man sehr naturnahe Kultivierungsbedingungen schafft - und darüber hinaus kommt noch der Faktor Bewegung hinein. Wir entwickeln Bioreaktoren mit Knochen/Knorpelstrukturen, die biomechanisch mit Druck belastet werden; in Gefäßsystemen kommt es zu Pulsationsphänomenen, die dem Herz-Kreislauf-System nachempfunden sind; wir haben dreidimensionale bewegte Prozesse, und dadurch können die Zellen vor der Implantation konditioniert und trainiert werden, um dadurch den Belastungen, denen sie dann im menschlichen Körper ausgesetzt sind, besser gewachsen zu sein."
Augustinus Bader leitet das Biotechnologisch-Biomedizinische Zentrum der Universität Leipzig. Er hat bereits erfolgreich künstliche Herzklappen mit körpereigenen Zellen bewachsen, um sie besser in den Körper des Patienten zu integrieren. Auch synthetische Blutgefäße werden so an die Gegebenheiten im Körper angepasst. Hinter der Schicht von körpereigenen Zellen kann sich ein künstliches Implantat gewissermaßen verstecken. Bader :
" Das ist ja auch der eigentliche Paradigmenwechsel von der klassischen Implantat-Technologie, es sollen hier nicht Implantate entwickelt werden, die so lange wie möglich in der Form wie wir sie in den Körper hineingeben, verbleiben, sondern Strukturen, die sich assimilieren, die sich in ne eigene Struktur umbauen können. Ich vergleiche das manchmal mit dem Beispiel des Fotokopierens: Die Kopiervorlage wird durch die körpereigenen Zellen in körpereigene Strukturen umgewandelt und das beschreiben wir mit dem Begriff der regenerativen Medizin, die sich nun eigentlich aus dem TE heraus entwickelt. Der Begriff der regenerativen Medizin bedeutet ja auch, dass letztendlich ein Ersatzgewebe entsteht, das der Mensch sich im Grunde selbst gemacht hat, wenn wir ihm nur die Kopiervorlage und seine eigenen Zellen zurückgibt."
Auch Augustinus Bader glaubt nicht an vollständige Organe aus dem Labor. Eine ganze Leber zu züchten ist seiner Meinung nach nicht realisierbar. Dennoch beschäftigt er sich mit der Kultivierung von Leberzellen - im Bioreaktor. Denn Leberzellen können auch außerhalb des Körpers lebenswichtige Funktionen übernehmen:
Viele Leberkrebs-Patienten büßen bei der Operation einen großen Teil ihrer Leber ein. Danach müssen sie eine bestimmte Phase überbrücken, in der sich der Rest der Leber erholen kann.
Dafür entwickeln die Leipziger Forscher eine Art extrakorporale Leber: Ein Konstrukt, das mit körpereigenen Leberzellen des Patienten bewachsen ist. Das Blut des Patienten wird ähnlich wie bei einer Nierenwäsche hindurchgeleitet - und solange außerhalb des Körpers entgiftet, bis sich die Leber im Körper regeneriert hat, erklärt Augustinus Bader.
" Es ist auch noch kein richtiges Organ, sondern es ist eine Maschine, eine Maschine, wie man das früher entwickelt hatte für die Nierendialyse, die eine Unterstützungsfunktion übernimmt, sodass diese extrakorporale Leber ein Ersatzgewebe darstellt; und dann die Funktion der körpereigenen Leber in einem Zeitpunkt des Organversagens im Patienten kurzfristig übernehmen kann."
Die Gewebezucht im Labor scheint auf den ersten Blick wie eine verkehrte Welt: Ein Gewebe wie die Leber, deren Regenerationsfähigkeit im Körper sehr gut ist, ziert sich in der Laborkulturschale. Beim Knorpel ist es genau anders herum: In seiner natürlichen Umgebung ist Knorpel kaum fähig, sich zu regenerieren. Er enthält kein Blutgefäßsystem, das für eine gute Versorgung mit Nährstoffen unerlässlich ist und Schäden heilen könnte. Doch gerade weil Knorpel nur aus einer Art von Zellen besteht und keine Blutgefäße enthält, lässt er sich relativ problemlos im Labor züchten und wieder ins Gelenk einsetzen.
Das zeigt, was für erfolgreiches Tissue Engineering nötig ist: Ein einfaches Gewebe, das keine hohen Ansprüche stellt. Das ist auch der Grund, warum es bisher vor allem einfach strukturierte Gewebe bis zum klinischen Einsatz geschafft haben: Knorpel, Knochen, Haut, Schleimhaut und auch die Hornhaut der Augen. Die so genannte Haut aus der Tube war das erste Gewebe aus dem Labor, das zum Einsatz kam - zum Beispiel um chronische Wunden wie offene Beine zu verschließen.
Bin ganz froh, wieder zu Hause zu sein. Ist einfach vertrauter. Haben sich auch alle gefreut. Geht natürlich gleich los mit dem Alltag, aber was soll's. Hab ja zum Glück nicht so ne Führungsposition!
Dass das Tissue Engineering bei Haut, Knorpel und Knochen einen solchen Vorsprung hat und schon beim Menschen angewendet wird, hat einen weiteren entscheidenden Grund. Herzspezialist Stefan Jockenhövel aus Aachen:
" Beim Herzklappen-Tissue-Engineering ist es so, dass wir noch im experimentellen Stadium sind; die Umsetzung ist natürlich gerade in der Herzchirurgie viel schwieriger. Ich sag jetzt mal bös, wenn der Knorpel im Knie nicht angeht, dann tut das Knie wieder weh, das ist nicht weiter schlimm. Funktioniert eine Herzklappe nicht, stirbt der Patient."
Ein anderes Problem beim Tissue Engineering ist der Zeitfaktor. Es gibt keine Reserven, die im Regal liegen und auf ihren Einsatz warten. Die Produkte müssen für jeden Patienten extra hergestellt werden. Die Zucht von körpereigenem Gewebe im Labor dauert aber mehrere Wochen. Für akute Notfälle, wenn etwa ein Schwerverbrannter große Mengen Haut benötigt, ist dies zu langsam.
Langsam ist aber auch der Weg in die Rentabilität. Selbst die Bereiche wie Knochen, Knorpel und Haut, die schon Produkte auf den Markt bringen, erfüllen die Umsatzhoffnungen der Biotechnologie-Branche bisher nicht. Das zeigte eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe. Ein Grund dafür: Die Krankenkassen übernehmen nur selten die Kosten. Begründung: Die künstlichen Gewebe müssten erst noch beweisen, dass sie wirksamer sind als etablierte Methoden und gleichzeitig Kosten sparen.
Dennoch setzt die medizinische Forschung weiter auf das Tissue Engineering. Auch deshalb, weil nach etwa 15 Jahren des Gewebe-Nachbaus im Labor keine Wunder zu erwarten sind. Beschränkender Faktor ist eben die Natur selbst, meint Unfallchirurg Norbert Meenen aus Hamburg.
" Wir müssen uns als Ärzte und Forscher bewusst sein, dass wir immer nur an Bereichen der Natur drehen und etwas verändern können, und ohne die Hilfe der Natur sich unsere Konzepte überhaupt nicht realisieren lassen. Das heißt wir können zwar bestimmte Bedingungen vorgeben, aber die Zellen müssen schon alleine wachsen.
Und so werden komplette Arme, Beine, Herzen und Lebern aus dem Labor wohl auch weiterhin Wunschträume bleiben - nicht aber die Herstellung der einzelnen Bauteile, aus denen sie bestehen.