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Studie zu Olympischen Spielen und Paralympics
Ein Drittel der deutschen Athleten "mental nicht voll da"

Spitzensportlerinnen und -Sportler in Deutschland brauchen bessere Rahmenbedingungen. Zu diesem Ergebnis kommt – einmal mehr – eine wissenschaftliche Studie. Mir dieser wollte die Deutsche Sporthilfe das schlechte Abschneiden des deutschen Olympia- und Paralympics-Kader in Tokio ergründen.

Von Andrea Schültke | 16.11.2021
PRUD-TOKIO KOTO-KU, JAPAN - AUGUST 27: PILLE-STEPPAT, Sylvia GER vom Wilhelmsburger Ruderclub Hamburg, geboren am 12.10.1967 in Stuttgart, paralympische Klassifikation PR1 in der Vorrunde am Tag 3 der Paralympics Paralympische Spiele Tokio 2020 waehrend der Para-Rudern Wettbewerbe in PRUD-Sea Forest Waterway von PRUD-Tokio Koto-ku am 27.8.2021 in PRUD-Tokyo-to/Japan. Mika Volkmann / *** PRUD TOKIO KOTO KU , JAPAN AUGUST 27 PILLE STEPPAT, Sylvia GER from Wilhelmsburger Rowing Club Hamburg , born 12 10 1967 in Stuttgart, Paralympic classification PR1 in the preliminary round on day 3 of the Paralympic Games Tokyo 2020 during the Para rowing competitions in PRUD Sea Forest Waterway from PRUD Tokyo Koto ku on 27 8 2021 in PRUD Tokyo to Japan Mika Volkmann
Selbst im Kampf um die Medaillen seien 24 Prozent der Befragten nicht voll konzentriert, so ein Ergebnis der Studie der Sporthochschule Köln (imago images/Mika Volkmann)
1.122 Athletinnen und Athleten haben an der Studie teilgenommen. Das Ganze in Form einer Onlinebefragung des Instituts für Sportökonomie der Sporthochschule Köln. Institutsleiter Christoph Breuer, forscht seit Jahren auch auf dem Gebiet der Athletenförderung und hat zahlreiche Studien dazu veröffentlicht.
Für ihn bei dieser Forschungsarbeit überraschend: “Dass jeder dritte Athlet des Olympia- und Paralympics-Kaders, also Athleten und Athletinnen, die in Tokio am Start waren, sagen, dass sie beim Saisonhöhepunkt mental nicht voll da waren“. Selbst im Kampf um die Medaillen waren 24 Prozent der Befragten nicht voll konzentriert.

Viele Aspekte für sportlichen Erfolg relevant

Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit Befragungen nach vorhergehenden Olympischen Spielen ist nicht möglich. Laut Sporthilfe wurde der Aspekt der mentalen Präsenz bisher nicht abgefragt. Dabei ist dieser Aspekt laut Breuer für den sportlichen Erfolg relevant.
Viele Faktoren tragen dazu bei, dass sich Athletinnen und Athleten nicht hinreichend auf den Sport konzentrieren können. Etwa der finanzielle Aspekt. Hier hatten rund 35 Prozent der Befragten angegeben, aufgrund ihrer finanziellen Lage den Fokus nicht genügend auf den Sport richten zu können.

Mangelnde Wertschätzung durch die Gesellschaft

Auch im Training und dem Trainings-Umfeld gab es aus Sicht der Befragten Punkte, mit denen sie weniger zufrieden waren. Nur etwa die Hälfte der Athletinnen und Athleten erhielt individuelle Trainingspläne auf Basis von Leistungsdiagnostik. Mit der Expertise der Trainerinnen und Trainer waren nur 72 Prozent der Athletinnen und Athleten zufrieden, mit deren Führungsstil nur 67 Prozent. All das Faktoren, die Folgen für die mentale Präsenz haben, so die Studie.
In Bezug auf die gesellschaftlichen Aspekte sahen sich die Athletinnen und Athletin in ihrer Leistungsfähigkeit durch mangelnde Wertschätzung in Gesellschaft, Politik und Medien beeinflusst.

Ergebnisse zur richtigen Zeit

Für Thomas Berlemann, den Vorstandsvorsitzenden der Sporthilfe, kommen die Ergebnisse der Studie zur richtigen Zeit, im Hinblick auf die aktuelle Umbruchsituation, also eine neue Bundesregierung und eine neue Führung im Deutschen Olympischen Sportbund:
„Wir wollten genau in diesem Zeitpunkt einen Beitrag leisten mit der Stimme der Athleten, für die wir uns verantwortlich fühlen. Und ich glaube, dass es extrem wichtig ist, genau die zu hören, wenn Weichenstellungen erfolgen, eine gewisse Aufbruchstimmung zu erzeugen, um auch und das ist mir besonders wichtig das Thema Leistung in Deutschland ein stückweit prominenter zu platzieren.“