Jürgen Liminski: Seit mehr als sieben Jahren sitzt Gustl Mollath gegen seinen Willen in der Psychiatrie. Jetzt hat das Oberlandesgericht Nürnberg seine sofortige Freilassung angeordnet. Der Fall erregt seit einem halben Jahr die Öffentlichkeit, und das noch mehr, seit das Landesgericht Regensburg eine Wiederaufnahme verweigerte, obwohl mittlerweile die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Prozesses und vor allem der Einweisung Mollaths in eine psychiatrische Anstalt in aller Munde waren. Gestern nun wurde Gustl Mollath aus der Psychiatrie entlassen, das Verfahren wird neu aufgerollt. Ich hatte gestern Abend Gelegenheit, mit der bayerischen Justizministerin Beate Merk zu sprechen, und die erste Frage war: Warum musste Mollath fast sieben Jahre ein Dasein als Patient in der Psychiatrie fristen, warum kommt die Wiederaufnahme erst jetzt?
Beate Merk: Es ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg, die nun zum Wiederaufnahmeverfahren führt. Dieses Wiederaufnahmeverfahren habe ich angewiesen beziehungsweise den Antrag habe ich angewiesen im November des vergangenen Jahres, als erstmalig massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die der Unterbringung zugrunde liegt, aufkamen. Wir haben jetzt diese Entscheidung quasi der sofortigen Beschwerde vor dem Oberlandesgericht bekommen und dieses sagt, dass das Landgericht Regensburg das Wiederaufnahmeverfahren aufnehmen muss und dass Herr Mollath auf freien Fuß gesetzt wird.
Liminski: Sind die Richter in Regensburg nicht ein bisschen befangen? Sie haben das ja zunächst erst mal abgelehnt.
Merk: Die Richter in Regensburg haben eine Entscheidung getroffen, diese Entscheidung habe ich weder zu bewerten, noch zu kommentieren.
Liminski: Der Fall wird aufgerollt, nachdem die Gerichte sich oder einige Gerichte sich dem erst widersetzt hatten. Wirft das nicht doch ein gewisses Zwielicht auf die bayerische Justiz?
Merk: Überhaupt nicht. Ich meine, es zeigt sehr viel mehr deutlich, dass hier die Gerichtsbarkeit mit einem Antrag entsprechend umgeht. Das Landgericht hat in seiner sehr umfangreichen Entscheidung seine Meinung begründet, seine Entscheidung begründet. Die Staatsanwaltschaft hat sofortige Beschwerde eingelegt, weil sie eine andere Meinung vertritt, und das Oberlandesgericht hat nun darüber entschieden. Das ist ein völlig normaler Vorgang und ich denke, dass es auch ein ganz wichtiges Verfahren ist, das deutlich macht, dass die Justiz mit solchen Zweifeln entsprechend umgehen kann.
Liminski: Sind sechs Jahre auch völlig normal?
Merk: Wir haben im Moment die Situation, dass das Strafverfahren gegen Herrn Mollath jetzt neu aufgerollt wird. Ob etwas an der Entscheidung aus dem Jahr 2006 nicht in Ordnung war, ob es Fehler gab, gravierende Fehler gab, das wird jetzt in diesem Verfahren dann auch mit zu entscheiden sein.
Liminski: Ein Leitartikel neulich stand unter dem Titel "Im Zweifel für die Richter". Gilt das Sprichwort, ein Richter hackt dem anderen kein Auge aus? Man hat ja doch so ein bisschen diesen Eindruck.
Merk: Ich habe diesen Eindruck überhaupt nicht. Ich habe sehr deutlich den Eindruck, dass die Justiz mit diesem Verfahren verantwortungsvoll umgegangen ist. Ich kann weiter zu diesem Verfahren auch nichts sagen. Ich bin die Dienstvorgesetzte der Richter, die hier entscheiden. Da bitte ich Sie auch um Verständnis. Ich wundere mich immer wieder, dass das Thema Rechtsstaat, die Unabhängigkeit der Gerichte und vor allen Dingen auch die Gewaltentrennung nicht in dem Maße unterstützt wird, wie ich meine, dass es nottut.
Liminski: Wird es denn personelle Konsequenzen innerhalb der Richterschaft geben, also nach dem Prinzip der Subsidiarität sozusagen, ohne dass Sie eingreifen?
Merk: Also ich muss noch einmal sagen: Richter entscheiden unabhängig und ich glaube, da verkennen Sie jetzt wirklich die Unabhängigkeit der Gerichte, wenn Sie so eine Frage stellen.
Liminski: Der Fall wird neu aufgerollt. Wird es dabei nur um die Schwarzgeldgeschäfte gehen, oder auch um Schadenersatz für Mollath?
Merk: Es geht in diesem Verfahren um etwas anderes. Es geht um ein Strafverfahren, in dem es um Körperverletzung, um gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung ging.
Liminski: Das heißt, der Anlass, weswegen Mollath sozusagen in die Psychiatrie ging – er glaubte sich ja verfolgt -, der wird nicht neu aufgerollt, also diese angeblichen Schwarzgeldgeschäfte?
Merk: Die Unterbringung erfolgte aufgrund einer Entscheidung, der eine Feststellung zugrunde lag. Das Gericht hat damals festgestellt, dass Herr Mollath eine gefährliche Körperverletzung begangen hatte und Sachbeschädigung begangen hatte.
Liminski: Und die anderen Dinge, die mit dem Fall zusammenhängen, die werden nicht aufgerollt?
Merk: Inwieweit das Gericht auf einzelne Punkte eingeht, da bitte ich Sie, das Gericht selbst zu befragen, weil ich zu diesem gerichtlichen Verfahren und wie das jetzt auch vom Landgericht Regensburg aufgenommen wird, nicht als Justizministerin mich einlasse. Da bitte ich um Verständnis.
Liminski: Frau Ministerin, entschuldigen Sie, wenn ich da noch mal nachhake. Sie haben sozusagen selber nachgehakt, damit der Fall neu aufgerollt wird. Hatten Sie nicht doch auch Zweifel an dem einen oder anderen Gericht?
Merk: Es war so, Herr Liminski, dass auch in den Medien bestimmte Vorwürfe erhoben worden sind, die, wenn sie wahr wären, eine deutliche Problematik für mich dargestellt hätten, eine ganz massive. Das waren Vorwürfe unter anderem der Befangenheit, wo ich gesagt habe, unter solchen Umständen dürfen Gerichte nicht entscheiden, und deswegen habe ich hier auch die Anweisung gegeben, den Antrag für ein Wiederaufnahmeverfahren zu stellen, weil ich ganz klar gesagt habe, solche Zweifel dürfen nicht im Raum stehen bleiben.
Liminski: Die bayerische Justizministerin Beate Merk zum Fall Mollath. Das Gespräch hatten wir gestern Abend aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Beate Merk: Es ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg, die nun zum Wiederaufnahmeverfahren führt. Dieses Wiederaufnahmeverfahren habe ich angewiesen beziehungsweise den Antrag habe ich angewiesen im November des vergangenen Jahres, als erstmalig massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die der Unterbringung zugrunde liegt, aufkamen. Wir haben jetzt diese Entscheidung quasi der sofortigen Beschwerde vor dem Oberlandesgericht bekommen und dieses sagt, dass das Landgericht Regensburg das Wiederaufnahmeverfahren aufnehmen muss und dass Herr Mollath auf freien Fuß gesetzt wird.
Liminski: Sind die Richter in Regensburg nicht ein bisschen befangen? Sie haben das ja zunächst erst mal abgelehnt.
Merk: Die Richter in Regensburg haben eine Entscheidung getroffen, diese Entscheidung habe ich weder zu bewerten, noch zu kommentieren.
Liminski: Der Fall wird aufgerollt, nachdem die Gerichte sich oder einige Gerichte sich dem erst widersetzt hatten. Wirft das nicht doch ein gewisses Zwielicht auf die bayerische Justiz?
Merk: Überhaupt nicht. Ich meine, es zeigt sehr viel mehr deutlich, dass hier die Gerichtsbarkeit mit einem Antrag entsprechend umgeht. Das Landgericht hat in seiner sehr umfangreichen Entscheidung seine Meinung begründet, seine Entscheidung begründet. Die Staatsanwaltschaft hat sofortige Beschwerde eingelegt, weil sie eine andere Meinung vertritt, und das Oberlandesgericht hat nun darüber entschieden. Das ist ein völlig normaler Vorgang und ich denke, dass es auch ein ganz wichtiges Verfahren ist, das deutlich macht, dass die Justiz mit solchen Zweifeln entsprechend umgehen kann.
Liminski: Sind sechs Jahre auch völlig normal?
Merk: Wir haben im Moment die Situation, dass das Strafverfahren gegen Herrn Mollath jetzt neu aufgerollt wird. Ob etwas an der Entscheidung aus dem Jahr 2006 nicht in Ordnung war, ob es Fehler gab, gravierende Fehler gab, das wird jetzt in diesem Verfahren dann auch mit zu entscheiden sein.
Liminski: Ein Leitartikel neulich stand unter dem Titel "Im Zweifel für die Richter". Gilt das Sprichwort, ein Richter hackt dem anderen kein Auge aus? Man hat ja doch so ein bisschen diesen Eindruck.
Merk: Ich habe diesen Eindruck überhaupt nicht. Ich habe sehr deutlich den Eindruck, dass die Justiz mit diesem Verfahren verantwortungsvoll umgegangen ist. Ich kann weiter zu diesem Verfahren auch nichts sagen. Ich bin die Dienstvorgesetzte der Richter, die hier entscheiden. Da bitte ich Sie auch um Verständnis. Ich wundere mich immer wieder, dass das Thema Rechtsstaat, die Unabhängigkeit der Gerichte und vor allen Dingen auch die Gewaltentrennung nicht in dem Maße unterstützt wird, wie ich meine, dass es nottut.
Liminski: Wird es denn personelle Konsequenzen innerhalb der Richterschaft geben, also nach dem Prinzip der Subsidiarität sozusagen, ohne dass Sie eingreifen?
Merk: Also ich muss noch einmal sagen: Richter entscheiden unabhängig und ich glaube, da verkennen Sie jetzt wirklich die Unabhängigkeit der Gerichte, wenn Sie so eine Frage stellen.
Liminski: Der Fall wird neu aufgerollt. Wird es dabei nur um die Schwarzgeldgeschäfte gehen, oder auch um Schadenersatz für Mollath?
Merk: Es geht in diesem Verfahren um etwas anderes. Es geht um ein Strafverfahren, in dem es um Körperverletzung, um gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung ging.
Liminski: Das heißt, der Anlass, weswegen Mollath sozusagen in die Psychiatrie ging – er glaubte sich ja verfolgt -, der wird nicht neu aufgerollt, also diese angeblichen Schwarzgeldgeschäfte?
Merk: Die Unterbringung erfolgte aufgrund einer Entscheidung, der eine Feststellung zugrunde lag. Das Gericht hat damals festgestellt, dass Herr Mollath eine gefährliche Körperverletzung begangen hatte und Sachbeschädigung begangen hatte.
Liminski: Und die anderen Dinge, die mit dem Fall zusammenhängen, die werden nicht aufgerollt?
Merk: Inwieweit das Gericht auf einzelne Punkte eingeht, da bitte ich Sie, das Gericht selbst zu befragen, weil ich zu diesem gerichtlichen Verfahren und wie das jetzt auch vom Landgericht Regensburg aufgenommen wird, nicht als Justizministerin mich einlasse. Da bitte ich um Verständnis.
Liminski: Frau Ministerin, entschuldigen Sie, wenn ich da noch mal nachhake. Sie haben sozusagen selber nachgehakt, damit der Fall neu aufgerollt wird. Hatten Sie nicht doch auch Zweifel an dem einen oder anderen Gericht?
Merk: Es war so, Herr Liminski, dass auch in den Medien bestimmte Vorwürfe erhoben worden sind, die, wenn sie wahr wären, eine deutliche Problematik für mich dargestellt hätten, eine ganz massive. Das waren Vorwürfe unter anderem der Befangenheit, wo ich gesagt habe, unter solchen Umständen dürfen Gerichte nicht entscheiden, und deswegen habe ich hier auch die Anweisung gegeben, den Antrag für ein Wiederaufnahmeverfahren zu stellen, weil ich ganz klar gesagt habe, solche Zweifel dürfen nicht im Raum stehen bleiben.
Liminski: Die bayerische Justizministerin Beate Merk zum Fall Mollath. Das Gespräch hatten wir gestern Abend aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.