Merkel räumte ein, dass es auch für ein reiches Land wie Deutschland schwierig sei, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Sie sagte, der Bundesrepublik fehle "noch ein ganzes Stück", um die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen. Über den Weg dorthin gebe es auch in einem reichen Land erhebliche Konflikte, sagte sie mit Blick auf die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition.
Man müsse daher auch an einer Verringerung der Energiegewinnung aus Kohle arbeiten. Wie das genau gehen solle, müsse man in den nächsten Tagen diskutieren. Die Industriestatten müssten den Weg der Dekarbonisierung gehen. Vor allem Deutschland "als ein Land, das noch in hohem Maße Kohle verwendet", müsse einen wesentlichen Beitrag bei der Reduzierung leisten.
Bisherige Verpflichtungen reichen nicht
Die Kanzlerin betonte, bei der Erreichung der Klimaziele müssten auch die soziale Frage und Arbeitsplätze berücksichtigt werden. Es gehe auch um Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit.
Merkel nannte den Klimaschutz eine "Schicksalsfrage für die Menschheit" und betonte, das Abkommen von Paris sei nur ein Anfang. Mit den bisher beschlossenen Verpflichtungen werde das Zwei-Grad-Ziel nicht erreicht werden. Daher müssten nun den Worten Taten folgen.
Greenpeace kritisierte, Merkel habe sich in Bonn davor gedrückt, eine Antwort darauf zu geben, bis wann Deutschland aus der Kohle aussteige. Die Organisation Oxfam erklärte, es reiche nicht, darauf zu verweisen, wie schwierig die Umsetzung von Klimaschutzzielen sei.
Steinmeier: Klimaschutz ist Frage globaler Gerechtigkeit
Vor der Kanzlerin sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu den Delegierten. Er appellierte an die Staatengemeinschaft, bei der Umsetzung der Klimaziele nicht nachzulassen. Das historische Pariser Abkommen von 2015 müsse unumkehrbar bleiben. "Ein wirklicher Durchbruch war Paris nur dann, wenn wir der Vereinbarung jetzt auch Taten folgen lassen", betonte Steinmeier.
Er wies zudem auf die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit beim Klimaschutz hin. Diese sei vor allem wichtig für wirtschaftlich schwache Länder und für Inselstaaten, die die Folgen des Klimawandels besonders spürten. Die Staatengemeinschaft sei vor allem diesen Ländern den Erfolg der Klimadiplomatie schuldig. "Klimaschutz ist auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit", sagte der Bundespräsident.
Macron: Europa soll USA ersetzen
Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte Europa auf, die von den USA verursachte Lücke bei der Bereitstellung von Geldern für die Klimaforschung auszufüllen. Derzeit sei der Weltklimarat bedroht, weil die USA nicht mehr für die Finanzierung der Institution garantieren wollten. "Daher schlage ich vor, dass Europa Amerika ersetzt." Frankreich werde dieser Herausforderung begegnen.
Macron unterstrich, dass Frankreich beschlossen habe, bis Ende 2021 alle Kohlekraftwerke stillzulegen. Zudem wolle sein Land Erneuerbare Energien stärker fördern.
Guterres fordert mehr Ehrgeiz
Bei der Eröffnung der Plenarsitzung hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres die Teilnehmer der Konferenz zu einer ehrgeizigeren Klimapolitik aufgerufen. "Der Klimawandel ist die bestimmende Gefahr unserer Zeit", sagte er. "Wir müssen zusammen weiter und schneller voranschreiten."
Guterres kritisierte, dass im vergangenen Jahr schätzungsweise mehr als 700 Milliarden Euro in fossile Brennstoffe und Wirtschaftsbereiche mit hohen Emissionen investiert worden seien. Dies seien "Investitionen in eine nicht nachhaltige Zukunft", ein klimafreundlicher Umbau könne Volkswirtschaften hingegen einen deutlichen Schub geben.
Studie: Deutschland beim Klimaschutz im Mittelfeld
Laut einer neuen Studie liegt Deutschland bei einem internationalen Vergleich zum Klimaschutz im Mittelfeld, noch hinter Indien und der EU. Wie die Umweltschutzorganisation Germanwatch in Bonn mitteilte, ist die Bundesrepublik weltgrößter Braunkohlenutzer. Außerdem habe Deutschland einen relativ hohen Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen. Etwa die Hälfte davon komme vom Strom, 20 Prozent stamme aus dem Verkehr.
Die ersten drei Plätze belegen Schweden, Litauen und Marokko. Schweden habe einen für Industrieländer vergleichsweise niedrigen Treibhausgasausstoß. Litauen und Marokko hätten in den vergangenen Jahren stark in erneuerbare Energien investiert.
(gri/fwa)