"Deutschland hat 3.000 Kilometer Landgrenze, dann müssten wir um diese 3.000 Kilometer einen Zaun bauen", betonte Merkel. In Ungarn habe man gesehen, dass sich die Menschen dann andere Wege suchten. Dennoch müsse wieder für geordnete und berechenbare Zustände gesorgt werden. Ähnlich hatte sich Merkel bereits im "Interview der Woche" im Deutschlandfunk geäußert.
Die Kanzlerin nutzte ihren ersten Auftritt in einer TV-Talkshow seit Langem, um für Verständnis bei den Bürgern zu werben. Die Herausforderung angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen sei die vielleicht schwierigste seit der Wiedervereinigung. Sie stelle sich dieser Aufgabe, wolle aber keine falschen Versprechungen machen. Die Deutschen hätten die besten Voraussetzungen, diese Krise zu bewältigen. "Deutschland ist ein Land, dass die Flüchtlinge freundlich empfängt."
Entscheidend sei es, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Merkel sagte, diese lägen weitgehend außerhalb des eigenen Landes. Um sie zu bekämpfen, müsse die Situation in den Flüchtlingslagern in der Region um die Herkunftsländer verbessert werden. Zudem müsse mit der Türkei über Grenzschutz geredet werden
Kritik aus Bayern und CDU-Funktionären
Bayern hatte zuletzt die Rückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze ins Spiel gebracht. CSU-Chef Horst Seehofer drohte mit "Notwehr", sollte die Bundesregierung keine Schritte zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen unternehmen.
Auch an der CDU-Basis stößt Merkels Kurs zunehmend auf Kritik. 34 CDU-Funktionäre aus acht Bundesländern forderten in einem Schreiben an die Kanzlerin und Parteivorsitzende klare Maßnahmen gegen den Flüchtlingsandrang. "Die gegenwärtig praktizierte 'Politik der offenen Grenzen' entspricht weder dem europäischen oder deutschen Recht noch steht sie im Einklang mit dem Programm der CDU", heißt es in dem Brief.
Appell gegen Abschottung im Europaparlament
Gestern hatte das Kabinett beschlossen, dass die deutsche Flüchtlingspolitik künftig von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) koordiniert wird. Merkel wies in der Talkshow den Eindruck zurück, dass das eine Entmachtung von Innenminister Thomas de Maizière bedeutet. Auf die Frage, ob sie ihn entlassen werde, sagte Merkel: "Natürlich nicht. Ich brauche ihn dringender denn je."
Merkel hatte gestern zudem zusammen mit Frankreichs Präsidenten François Hollande in einer Rede vor dem EU-Parlament vor nationaler Abschottung in der Flüchtlingspolitik gewarnt. "Wir dürfen in der Flüchtlingskrise nicht der Versuchung erliegen, in nationalstaatliches Handeln zurückzufallen", sagte sie in Straßburg.
(hba/cb)