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Merkel bei der CSU
Kein Konsens in Sicht

In Wildbad Kreuth hat Angela Merkel weiter für eine europäische Lösung beim Thema Flüchtlinge plädiert - kein Kommentar dagegen zu möglichen Obergrenzen. Für CSU-Chef Horst Seehofer ist das "eine persönliche Enttäuschung". Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte lückenlose Grenzkontrollen.

Von Michael Watzke |
    Thomas Kreuzer und Angela Merkel
    Vor den Landtagsfraktionen In Kreuth spielte die Bundeskanzlerin auf Zeit und vertröstet auf Mitte März (dpa/picture-alliance/ Sven Hoppe)
    Wolfgang Schäuble grinste ins Publikum. Ob er für eine Flüchtlings-Obergrenze wie in Österreich sei, fragte eine Journalistin den Bundesfinanzminister in Wildbad Kreuth. Seine Antwort:
    "Ich habe zwei Möglichkeiten: Ich kann dasselbe sagen wie die Kanzlerin, das ist langweilig. Oder ich kann das Gegenteil sagen, das wäre dumm."
    Kurz darauf kam die Kanzlerin in den Bergen von Kreuth an. Es gab Blumen für Angela Merkel und Trachten-Kinder in Dirndl und Lederhosen. Merkel lächelte freundlich - doch ihr kurzes Presse-Statement klang fast aufs Wort genau wie vor zwei Wochen, als sie schon mal in Wildbad Kreuth war:
    "Das miteinander Reden ist gerade in so herausfordernden Zeiten von größter Bedeutung - auch wenn man nicht in allen Fragen gleicher Meinung ist."
    Kein Kommentar zu Obergrenze und Grenzkontrollen
    Das Wort Obergrenze nahm die Kanzlerin auch diesmal nicht in den Mund. Und zur Entscheidung Österreichs, eine ebensolche Obergrenze einzuführen, wie sie auch die CSU fordert? Kein Kommentar.
    "Worin wir uns einig sind, dass wir die Zahl der ankommenden Flüchtlinge spürbar und nachhaltig reduzieren wollen. Ich glaube, dass wir hier bei den Fluchtursachen ansetzen sollten und eine europäische Lösung finden sollten, aber wir werden sicherlich offene und gute Gespräche haben."
    Merkel spielt vor der CSU-Landtagsfraktion auf Zeit. Drei wichtige Termine stünden bis Mitte März an: die deutsch-türkischen Regierungskonsultationen, eine europäische Geber-Konferenz in London und der EU-Gipfel in vier Wochen.
    "Danach können wir eine Zwischenbilanz ziehen - eine weitere Zwischenbilanz ziehen - und dann sehen, wo wir stehen."
    Klingt aus diesen Worten ein vorsichtiges Auf-die-CSU-Zugehen heraus? Hat Merkel einen Plan B, wenn die Flüchtlingszahlen nicht substantiell zurückgehen? Horst Seehofer sieht nicht die leiseste Spur eines Entgegenkommens der Kanzlerin.
    Seehofer nimmt es persönlich
    "Nein. Die Landtagsabgeordneten haben sehr sachlich abernachdrücklich die Erfahrungen mit der Bevölkerung geschildert und insofern hätte man schon erwarten dürfen, dass sie noch stärker auf uns zugeht. Das hat sie aber nicht getan. Für mich war dieser Tag heute schon auch eine persönliche Enttäuschung."
    Der CSU-Parteivorsitzende, noch immer etwas gezeichnet von seinem Schwächeanfall am Dienstag, bringt erneut die Drohung mit einer Verfassungsklage gegen die Kanzlerin ins Spiel. Auch wenn er kein konkretes Datum oder gar Ultimatum nennt. Die CSU tue alles, um nicht in den Abwärtstrend gerissen zu werden, der die CDU erfasst habe.
    "Ich glaube, dass wir vor diesem Hintergrund jetzt politisch auf schwierige Wochen und Monate zugehen."
    Manche CSU-Politiker - wie Bayerns Finanzminister Markus Söder - wollen Angela Merkel nicht mal mehr eine Schonfrist bis zu den Landtagswahlen in BaWü und RP gewähren. Andere, wie Landtags-Fraktionschef Thomas Kreuzer, sehen spätestens Mitte März eine Deadline.
    "Wir glauben nicht an eine kurzfristige europäische Lösung. Wir haben 3000 Flüchtlinge am Tag - mitten im Winter, wie man hier deutlich sieht. Wenn nichts unternommen wird, wird das wieder deutlich steigen und das können wir nicht verkraften, das führt zu Schwierigkeiten. Deswegen schlagen wir vor, dass wir einfach die deutschen Außengrenzen lückenlos kontrollieren."
    Österreich mache das seit heute vor, sekundiert CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die Österreicher setzten sogar Soldaten zur Grenzsicherung ein. Die CSU hat diese Forderung in Wildbad Kreuth auch für Deutschland beschlossen. Nur durchsetzen kann sie es nicht.