Newsblog zur Bundestagswahl 2025
Merkel hat Merz per SMS zum Wahlsieg der Union gratuliert - Der CDU-Chef ist offen für Gespräche über höhere Verteidigungsausgaben noch im alten Bundestag - Scholz will bis zum Antritt der neuen Regierung Kanzler bleiben

In Deutschland ist ein neuer Bundestag gewählt worden. Die jüngsten Entwicklungen im Überblick:

    Merkel im blauen Jackett mit neutralem Blick vor einem dunklen Hintergrund.
    Angela Merkel, Bundeskanzlerin a.D. (IMAGO / / Thomas Imo)

    +++ Alt-Bundeskanzlerin Merkel hat CDU-Chef Merz zum Unions-Sieg bei der Bundestagswahl gratuliert.

    Eine Sprecherin Merkels sagte der Funke-Mediengruppe, die Ex-Kanzlerin habe Merz bereits am Abend nach der Wahl per SMS zum klaren Regierungsauftrag von CDU und CSU gratuliert und ihm eine glückliche Hand zur Bildung seines Kabinetts gewünscht. Merz hatte zuvor erklärt, noch keine Gratulation Merkels erhalten zu haben - oder sie in der Flut an SMS-Nachrichten übersehen zu haben.
    Das Verhältnis zwischen beiden gilt seit langem als getrübt. Zuletzt hatte Merkel öffentlicht kritisiert, dass Merz im Bundestag bei einem Antrag für eine Verschärfung der Migrationspolitik erstmalig eine Mehrheit mit Stimmen der AfD ermöglicht hatte.

    +++ In der Frage der Finanzierung künftiger Verteidigungsausgaben zeigt sich CDU-Chef Merz offen für Verhandlungen über eine notwendige Grundgesetzänderung noch in der alten Legislaturperiode.

    Der Unions-Kanzlerkandidat sagte, mit SPD, Grünen und FDP gäbe es im bestehenden Bundestag noch eine Zweidrittelmehrheit, die bis zum Zusammentritt des neuen Parlaments Ende März genutzt werden könnte. Merz könnte dabei auf ein neues Sondervermögen für die Truppe abzielen. Bundeskanzler Scholz von der SPD und Vizekanzler Habeck von den Grünen hatten zuvor bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert, um finanzielle Spielräume zu schaffen. Zumindest Habeck schwebt dafür aber eine Reform der Schuldenbremse vor - was Merz vor der Wahl noch äußerst skeptisch gesehen hatte.

    +++ Der israelische Ministerpräsident Netanjahu wird nach eigenen Angaben vom künftigen Bundeskanzler Merz zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland eingeladen.

    Netanjahus Büro erklärte in Jerusalem, der Premierminister habe gestern Abend ein herzliches Gespräch mit dem wahrscheinlich künftigen Kanzler geführt und ihm zu seinem Erfolg gratuliert. Dabei habe Merz eine Einladung Netanjahus angekündigt. Die CDU bestätigte das Telefonat, äußerte sich aber nicht zum Inhalt. Merz hatte zuvor bereits erklärt, er wolle im Falle seiner Kanzlerschaft Netanjahu eine sichere Reise nach Deutschland ermöglichen - trotz des internationalen Haftbefehls gegen ihn.

    +++ Die SPD-Covorsitzende Esken will trotz des schlechten Ergebnisses der Sozialdemokraten Parteivorsitzende bleiben.

    Sie habe mehr als fünf Jahre mit großer Freude an der Geschlossenheit der Partei gearbeitet, sagte Esken in der Berliner Parteizentrale. Dies gedenke sie auch weiterhin zu tun. Der Covorsitzende Lars Klingbeil will ebenfalls an der Parteispitze bleiben und greift zusätzlich nach dem Fraktionsvorsitz.

    +++ Die angekündigte Bewerbung von SPD-Parteichef Klingbeil für den Fraktionsvorsitz stößt bei den Jusos auf Ablehnung.

    Der Juso-Vorsitzende Türmer sagte, durch den schon am Wahlabend erfolgten Vorstoß sei der fatale Eindruck entstanden, dass als erste Reaktion einer der Architekten des Misserfolgs nach dem Fraktionsvorsitz greife. Ein solches Vorgehen am Tag einer historischen Wahlniederlage sei falsch. Türmer forderte stattdessen eine umfassende programmatische Neuaufstellung.

    +++ Die Linke will die AfD in Ostdeutschland mit Bürgernähe und einer Betonung auf die Sozialpolitik zurückdrängen.

    Das könne vier bis acht Jahre dauern, sagte Parteichefin Schwerdtner. Auf Social Media habe die Linke die Welle der AfD gebrochen und die Jugend für sich gewonnen. Langfristig hülfen aber nur eine Verankerung und soziale Arbeit vor Ort, betonte Schwerdtner. Die AfD wurde bei der Bundestagswahl in den ostdeutschen Ländern außer Berlin stärkste Kraft.

    +++ CDU-Chef Merz will im Falle seiner Regierungsverantwortung dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu eine sichere Reise nach Deutschland ermöglichen - trotz des internationalen Haftbefehls gegen ihn.

    Er halte es für eine abwegige Vorstellung, dass ein israelischer Ministerpräsident nicht nach Deutschland reisen könne, sagte Merz in Berlin. Man werde Mittel und Wege finden, dass Netanjahu die Bundesrepublik besuchen könne, ohne festgenommen zu werden.

    +++ Der kommissarische Generalsekretär der FDP, der frühere Bundesjustizminister Buschmann, will sein Amt niederlegen.

    Das Bundestagswahlergebnis sei weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, erklärte Buschmann. Es sei jetzt Zeit für frische Köpfe in der Partei. Gestern Abend bereits FDP-Chef Lindner seinen Rückzug angekündigt.

    +++ Bundeskanzler Scholz will nach der Wahlniederlage der SPD seine Arbeit als Regierungschef bis zum letzten Tag "ordentlich zu Ende" führen.

    Das sei ihm wichtig, sagte Scholz in Berlin nach Beratungen der Parteigremien. Es sei eine große Ehre, der neunte Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu sein, der vierte Sozialdemokrat, der in der Geschichte der Bundesrepublik dieses wichtige Amt ausfüllen dürfe. Das Amt des Bundeskanzlers und seiner Minister endet zwar mit dem Zusammentreten des neuen Bundestages. Bundespräsident Steinmeier wird den Kanzler dann aber bitten, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.

    +++ Unionskanzlerkandidat Merz will bereits in den nächsten Tagen mit der SPD über eine mögliche Koalition sprechen.

    Für ein solches Bündnis habe er die volle Unterstützung des Präsidiums und des Bundesvorstands, sagte der CDU-Vorsitzende nach einer Sitzung der Gremien in Berlin. Bereits heute wolle er mit SPD-Chef Klingbeil zusammenkommen. Als Themen nannte Merz die Außen- und Sicherheitspolitk, die Migration und die Sicherung der Industriearbeitsplätze. Klingbeil hatte zuvor erklärt, ob die SPD in eine Regierung eintrete, stehe nicht fest. Messlatte für Gespräche sollte sein, was richtig für das Land, aber auch für die Sozialdemokratie sei.

    +++ Die Union will bei möglichen Koalitionsgesprächen mit der SPD auch über eine erneute Reform des Wahlrechts sprechen.

    CDU-Chef Merz kritisierte, es gebe vier Städte, die durch das neue Wahlrecht gar nicht mehr mit Abgeordneten im Parlament vertreten seien. Insgesamt würden 23 gewählte Direktkandidaten nicht in den Bundestag einziehen. Die Union sei besonders betroffen. CSU-Chef Söder nannte das jetzige Wahlrecht unfair und undemokratisch. Der neue Bundestag ist deutlich kleiner als der alte. Ihm gehören nach der Wahlrechtsreform künftig 630 Abgeordnete an. In der vergangenen Legislaturperiode saßen aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten 735 Abgeordnete im Parlament.

    +++ Obwohl viele Auslandsdeutsche beklagen, ihre Wahlunterlagen zu spät erhalten zu haben, hält die Parteienrechtsexpertin Schönberger es für unwahrscheinlich, dass eine Wahlanfechtung in diesem Punkt Erfolg haben könnte.

    Sie sehe keinen Hebel für eine Verfassungsklage, sagte die Co-Direktorin des Düsseldorfer Universitätsinstituts für Parteienrecht der "Zeit". Das hauchdünn unter der Fünf-Prozent-Hürde gebliebene BSW erwägt eine Klage mit dieser Begründung. Schönberger sagte, die Erschwernisse für viele Auslandsdeutsche seien eine sehr ärgerliche Folge der kurzen Frist zwischen Vertrauensfrage und Neuwahlen. Sie verstehe, dass viele Menschen frustriert seien. Dennoch gebe es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Briefwahl. Es finde sich keine Vorschrift im Wahlrecht, die zum Beispiel eine bestimmte Frist für die Zustellung von Briefwahlunterlagen vorschreibe.

    +++ Nach der Bundestagswahl fordern Wirtschaftsverbände einen raschen Kurswechsel von der künftigen Bundesregierung.

    Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Leibinger, erklärte, nach zwei Rezessionsjahren in Folge müsse die Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche gestoppt werden. Die Unternehmen erwarteten schnelle Entlastungen von Bürokratie und deutlich mehr Investitionen statt kleinteiliger Rezepte zur Linderung von Symptomen. Die Industrie- und Handelskammer forderte Entlastungen bei Energiepreisen und einen Plan zur Fachkräftesicherung. Der Handwerksverband ZDH mahnte eine schnelle Regierungsbildung an. Ein monatelanges Vakuum im Herzen Europas könne man sich nicht leisten. Vom Handelsverband Deutschland hieß es mit Blick auf das starke Abschneiden der AfD, der Einzelhandel brauche mehr internationale Kooperationen und nicht weniger. Alles Andere würde die Branchen in ihren Grundfesten gefährden.

    +++ Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck will vorerst in seiner Partei keine Führungsposition wahrnehmen.

    Er werde keine führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr anstreben, sagte Habeck in Berlin. Mit dem Wahlergebnis seiner Partei vom Sonntag äußerte er sich unzufrieden. Es wäre mehr möglich gewesen, sagte er. Habeck hat derzeit abgesehen von seinen Regierungsämtern bei den Grünen keine Ämter inne. Er wurde aber erneut in den Bundestag gewählt. Der Grünen-Spitzenkandidat ließ offen, ob er sein Mandat wahrnehmen wird.

    +++ Der stellvertretende FDP-Chef Kubicki erwägt, im Mai für den Parteivorsitz zu kandidieren.

    Kubicki sagte der "Bild"-Zeitung, er sei von vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung zu übernehmen. Es gehe darum, die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren. Auch die FDP-Europaabgeordnete Strack-Zimmermann erklärte, sie werde dort Verantwortung übernehmen, wo es notwendig sei und wo es gewünscht werde. Die FDP war bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Parteichef Lindner kündigte daraufhin an, sich aus der Politik zurückzuziehen.

    +++ Etwas mehr als jede siebte Stimme ging bei der Wahl an eine Partei, die nicht im nächsten Bundestag vertreten sein wird.

    Nach dem Ergebnis der Auszählung aller Wahlkreise wählten etwa 13,9 Prozent eine an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiterte Partei. Das entspricht rund 6,9 Millionen Stimmen. Nicht nur die FDP (4,3 Prozent) und das BSW (4,972 Prozent) scheiterten trotz ihrer insgesamt mehr als 4,6 Millionen Wähler an der Sperrklausel. Die meisten der 21 Parteien, die an der Bundestagswahl teilgenommen hatten, darunter etwa Volt (0,7 Prozent) und die Tierschutzpartei (1,0 Prozent), erreichen nicht die notwendige Anzahl an Stimmen. Die wenigsten Stimmen von allen erhielt die Partei für Verjüngungsforschung mit nur 304 in ganz Deutschland.

    +++ Das Bündnis Sahra Wagenknecht kündigt eine juristische Prüfung des Ergebnisses der Bundestagswahl an.

    Parteigründerin Wagenknecht verwies bei einer Pressekonferenz auf Probleme bei der Briefwahl für im Ausland lebende Deutsche. Nur ein Bruchteil von ihnen habe an der Abstimmung teilnehmen können. Dem BSW fehlen laut Wagenknecht 13.400 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Co-Chefin Mohamed Ali führte mit Blick auf die Ergebnisse in einzelnen Wahllokalen außerdem mögliche Verwechslungen bei der Auszählung zu Ungunsten des BSW an. Wagenknecht äußerte sich nicht zu ihren persönlichen Plänen. Vor der Wahl hatte sie gesagt, diese sei auch eine Abstimmung über ihre politische Zukunft.

    +++ SPD-Generalsekretär Miersch erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über die Bildung einer neuen Bundesregierung.

    Er sagte im ARD-Fernsehen, es gebe keinen Automatismus. Aber die demokratische Mitte müsse versuchen, in diesen Zeiten zusammenzuarbeiten. Die SPD werde sehen, wie sich Unions-Kanzlerkandidat Merz in den Gesprächen verhalte. Ein Bündnis aus Union und SPD ist die realistischste Option, da Merz ein Zusammengehen mit der AfD ausschließt.

    +++ Die Linke hat sich zur Zusammenarbeit bei Gesetzen im neuen Bundestag bereiterklärt, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig ist.

    Parteichef van Aken nannte als Beispiel die Schuldenbremse. Diese müsse weg. Einen Blankoscheck wolle seine Partei der künftigen Regierung aber nicht ausstellen. Union und SPD haben im kommenden Bundestag zwar eine Mehrheit. Für einige Vorhaben, beispielsweise Verfassungsänderungen, sind allerdings zwei Drittel der Stimmen der Abgeordneten nötig. Darauf kämen Union und SPD aber selbst mit Unterstützung der Grünen nicht.

    +++ Die FDP-Politiker Vogel und Kuhle wollen nicht Vorsitzende der Partei werden.

    Er stehe nicht für die Spitze der FDP zur Verfügung, sagte Vize-Parteichef Vogel dem Sender Phoenix. Er habe kein Mandat und werde jetzt erst einmal wieder ehrenamtlich Politik machen. Im ARD-Fernsehen meinte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Kuhle, er werde jetzt in seinen erlernten Beruf als Rechtsanwalt zurückkehren. Inwiefern dann ehrenamtlich nebenbei noch politisches Engagement eine Rolle spiele, das würden die nächsten Wochen und Monate zeigen.

    +++ Die EU-Außenbeauftragte Kallas hat nach der Bundestagswahl ihre Hoffnung auf eine rasche Regierungsbildung zum Ausdruck gebracht.

    Sie hoffe, dass es so schnell wie möglich eine neue Regierung gebe, sagte sie vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Auf europäischer Ebene müssten Entscheidungen vorangetrieben werden, das erfordere eine Zusammenarbeit mit Deutschland.

    +++ Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat das Ergebnis der Bundestagswahl als Ausdruck der Vertrauenskrise der Menschen in die Politik bezeichnet.

    Trotz der Zugewinne der Union seien alle Parteien der demokratischen Mitte hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Die Wählerinnen und Wähler trauten ihnen offensichtlich die Lösung ihrer Probleme nicht mehr zu.

    +++ Nach dem Sieg der Union bei der Bundestagswahl hat die Gewerkschaft Verdi die kommende Bundesregierung aufgefordert, den Sozialstaat zu stärken.

    Ein solider Sozialstaat stehe für Vertrauen und Verlässlichkeit und sei das beste Bollwerk gegen Extremismus, erklärte der Verdi-Vorsitzende Werneke. Zu den lebenswichtigen Themen, die nach dem auf Migration zugespitzten Wahlkampf wieder auf die Tagesordnung müssten, gehörten auch die Sicherung der Handlungsfähigkeit der Kommunen und eine Reform der Schuldenbremse.

    +++ Der Linken-Politiker Gregor Gysi wird als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des neuen Bundestags eröffnen.

    Gysi ist mit 30,7 Dienstjahren knapp vor den CDU-Bundestagsabgeordneten Röttgen, Meister und Rachel am längsten im Parlament dabei. Diese kommen auf je 30,3 Dienstjahre. Gysi bekommt damit das Privileg, die erste Sitzung bis zur Wahl eines Bundestagspräsidenten oder einer -präsidentin zu leiten und auch die Eröffnungsrede der Legislaturperiode zu halten.

    +++ Nach Einschätzung des Politologen Uwe Jun sind die Gräben zwischen den politischen Lagern tiefer geworden.

    Der jetzige CDU-Vorsitzende Merz habe versucht, die CDU wieder traditionell konservativ und wirtschafts-marktliberaler aufzustellen, sagte Jun im Deutschlandfunk. Zugleich habe sich die SPD wieder traditionell sozialdemokratischer aufgestellt. Das Ganze erschwere eine gemeinsame Regierungszeit.

    +++ Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Haseloff, hat das Wahlergebnis als Wunsch der Menschen nach einem Politikwechsel bezeichnet.

    Der CDU-Politiker sagte im Deutschlandfunk, gerade im Osten habe sich durch alltägliche Gewalt auf der Straße ein Gefühl der Unsicherheit und des Staatsversagens entwickelt, dem nun die politische Mitte anstelle der AfD entgegenwirken müsse. CSU-Generalsekretär Huber sagte ebenfalls im Deutschlandfunk, entscheidend sei, dass das Land unter Führung der Union schnell wieder handlungsfähig werde. Niedersachsens Ministerpräsident Weil von der SPD betonte, seine Partei stehe für Koalitionsgespräche zur Verfügung. Allerdings dürften diese nicht leicht werden. Unions-Kanzlerkandidat Merz habe mit seinem Verhalten im Wahlkampf viele Fragezeichen aufkommen lassen. Die Europaabgeordnete der Freien Demokraten, Strack-Zimmermann, sprach von einer brutalen Niederlage. Nun gelte es, die FDP wieder neu aufzubauen, damit der Liberalismus Deutschland erhalten bleibe.

    +++ AfD-Chef Chrupalla sieht seine Partei nach der Bundestagswahl weiter auf Erfolgskurs.

    Die AfD werde sich programmatisch weiterentwickeln und professionalisieren und dann werden bei der nächsten Wahl nochmal fünf bis sechs Prozent mehr bekommen, sagte Chrupalla im RBB. Eine Regierungsbeteiligung der AfD erwarte er zuerst im Osten Deutschlands. Da müsse sich die CDU überlegen, ob eine Brandmauer noch den Erfolg bringe.

    +++ Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Schnitzer, ruft die Parteien zu schnellen Gesprächen über eine neue Regierung auf.

    Oberste Priorität sollte eine rasche Regierungsbildung haben, um eine Führungsrolle in Europa übernehmen zu können, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Die Äußerungen von US-Präsident Donald Trump und dessen Vize JD Vance hätten deutlich gemacht, dass sich Deutschland und Europa im militärischen Ernstfall nicht mehr auf eine Unterstützung durch die USA verlassen könnten. Man könne nur hoffen, dass man sich angesichts der sicherheits- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen rasch und konstruktiv auf einen Koalitionsvertrag einige, der das Land nach vorne bringe. Ähnlich äußerten sich auch andere Ökonomen und Wirtschaftsvertreter.

    +++ Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Spahn hat nach dem Wahlsieg der CDU/CSU bei der Bundestagswahl von der SPD einen Kurswechsel bei Themen wie Migration und Bürgergeld gefordert.

    Vor allem forderte Spahn in der ARD eine stärkere Bekämpfung der illegalen Migration. Weiter notwendig seien in Deutschland wieder Wachstum "nach zwei Jahren des Schrumpfens" und beim Bürgergeld das Gefühl, dass es wieder fair zugehen müsse. Darstellungen, das gemeinsame Abstimmen der CDU/CSU mit der AfD im Bundestag zum Thema Migration sei ein Fehler gewesen, wies Spahn zurück. Es sei wichtig gewesen, klar zu sagen, dass man die illegale Migration beenden wolle.

    +++ Die Grüne-Jugend-Vorsitzende Nietzard hat das Erstarken der Linken bei der Bundestagswahl als Folge grüner Versäumnisse im Bundestagswahlkampf bewertet.

    Das Ergebnis der Linken zeige, dass man mehr über soziale Gerechtigkeit und Mieten hätte sprechen müssen, sagte Nietzard dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Opposition ist kein Trostpreis", fuhr Nietzard fort. Von dort ließen sich Debatten prägen, das habe man 2019 mit der Klimabewegung bewiesen.

    +++ Die Bundeswahlleitung hat das Ergebnis der Bundestagswahl bekanntgegeben.

    Demnach sind die Unionsparteien stärkste Kraft. CDU und CSU kommen gemeinsam auf 28,6 Prozent, ein Plus von 4,4 Prozentpunkten. Die AfD verdoppelte ihren Stimmenanteil auf 20,8 Prozent. Die SPD erzielte mit 16,4 Prozent und einem Minus von 9,3 Punkten ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Die Grünen erreichten 11,6 Prozent, ein Rückgang von 3,1 Punkten. Die Linke legte um 3,9 Punkte auf 8,8 Prozent zu. Die FDP scheiterte mit 4,3 Prozent an der 5-Prozent-Hürde, ebenso wie das BSW mit 4,97 Prozent. Damit hätte eine schwarz-rote Koalition eine Mehrheit. Eine Koalition mit der AfD hat die Union ausgeschlossen. Der Südschleswigsche Wählerverband, die Partei der dänischen und friesischen Minderheit, ist erneut mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten. Der SSW ist von der 5-Prozent-Hürde befreit. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,5 Prozent.

    +++ Insgesamt 23 Gewinner eines Wahlkreises werden trotz ihres Erfolgs nicht in den Deutschen Bundestag einziehen.

    Grund dafür ist das neue Wahlrecht, das die Zahl der Abgeordnetensitze dauerhaft auf 630 begrenzt und nun zum ersten Mal greift. Demnach ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis-Kandidaten automatisch in den Bundestag ein. Sie erhalten nur noch dann einen Sitz im Parlament, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt. Andernfalls geht der Wahlkreis leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Wie aus den Angaben der Bundeswahlleitung hervorgeht, betrifft dies vor allem Politiker der CDU, aber auch einzelne von CSU, AfD und SPD. Im Bundestag saßen zuletzt 733 Abgeordnete. 2023 wurde mit Stimmen von SPD, Grünen und FDP eine Reform des Wahlrechts beschlossen.

    +++ Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist bei der Bundestagswahl nach Auszählung aller Wahlkreise an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

    Mit 4,972 Prozent verpasste die Partei den Einzug in den Bundestag, wie aus dem auf der Internetseite der Bundeswahlleiterin veröffentlichten Zwischenergebnis hervorgeht. Damit hätte eine mögliche Zweier-Koalition aus den Unionsparteien und der SPD eine Mehrheit im Bundestag.

    +++ Das Wahlergebnis weist auch einige regionale Besonderheiten auf.

    In der Hauptstadt Berlin erhielt Die Linke mit 19,9 Prozent der Zweitstimmen den größten Zuspruch, wie aus den Zahlen der Landeswahlleitung hervorgeht. In allen fünf ostdeutschen Flächenländern wurde die AfD deutlich stärkste Kraft. Darüber hinaus sicherte sie sich zum ersten Mal in ihrer Geschichte auch im Westen Zweitstimmen-Mehrheiten in zwei Wahlkreisen geholt. In Gelsenkirchen liegt die AfD mit 24,7 vor der SPD und in Kaiserslautern mit 25,9 Prozent vor der CDU. In Bayern kam die CSU auf 37,2 Prozent der Zweitstimmen. Das ist zwar ein Plus von 5,5 Punkten, zugleich jedoch das drittschwächste Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Bundesweit kommen die Christsozialen auf 6 Prozent. Die im Land mitregierenden Freien Wähler erhielten 4,3 Prozent.

    +++ Die SPD-Führung schlägt Parteichef Klingbeil als neuen Vorsitzenden der Bundestagsfraktion vor.

    Das teilte der derzeitige Fraktionschef Mützenich nach einer Sitzung des Parteipräsidiums den Abgeordneten in einem Schreiben mit. Klingbeil hatte als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl gefordert, dass sich die Partei personell und programmatisch neu aufstellt. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin sagte er, das Ergebnis werde Umbrüche erfordern. In der SPD müsse nun ein Generationenwechsel vollzogen werden. In der politischen Ausrichtung gelte es, die Sozialdemokraten wieder zu einer „Volkspartei der linken Mitte“ zu machen.

    +++ FDP-Chef Lindner hat nach dem schwachen Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl seinen Rückzug angekündigt.

    „Nun scheide ich aus der aktiven Politik aus“, schrieb Lindner im Online-Dienst X. Die FDP liegt in aktuellen Hochrechnungen von ARD und ZDF inzwischen deutlich unter fünf Prozent und ist damit im nächsten Bundestag aller Voraussicht nach nicht mehr vertreten. Auch FDP-Bundesvize Kubicki kündigte seinen Rückzug aus der Politik im Falle eines Scheiterns seiner Partei an der Fünf-Prozent-Hürde an.

    +++ Die AfD liegt nach Auszählung des Großteils der Stimmen zur Bundestagswahl in den ostdeutschen Flächenländern vorn.

    In Thüringen erhielt die Partei nach Auszählung aller Wahlbezirke 38,6 Prozent der Zweitstimmen, wie aus der Wahlstatistik der Landeswahlleitung hervorging. In Sachsen lag die AfD nach Auszählung von 416 der 420 Gemeinden bei 38,9 Prozent. Auch in Brandenburg lag die AfD der Wahlleitung zufolge nach Auszählung aller Stimmen bei 32,5 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt führte die Partei ebenfalls – fertig ausgezählt war dort aber noch nicht.

    +++ Aus Sicht des Soziologen und Extremismusforschers Matthias Quent belegen die Ergebnisse bei der Bundestagswahl erneut, dass sich die AfD weit über ein rechtsradikales Milieu hinaus etabliert hat.

    Der Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal sieht eine politisch-kulturelle Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland, wie er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt. Gerade in den ländlichen Regionen im Osten sei die AfD stärkste Partei. Das habe man bei den Kommunalwahlen und bei den Landtagswahlen im letzten Jahr schon gesehen. Auf der anderen Seite sehe man aber auch, dass die Mehrheit – auch der ostdeutschen Bevölkerung – nach wie vor die AfD ablehne. Die neue Bundesregierung muss Quent zufolge in jedem Fall Orientierung stiften, Geschlossenheit ausstrahlen und den Menschen wieder das Gefühl geben, über die nächsten Krisenmonate hinweg einen Plan zu haben, der sich dann auch in Wirtschaftsergebnissen niederschlage.

    +++ NATO-Generalsekretär Rutte hat Unions-Kanzlerkandidat Merz zu seinem Wahlsieg gratuliert.

    „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen in diesem entscheidenden Moment für unsere gemeinsame Sicherheit“, sagt er am Abend. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass Europa seine Verteidigungsausgaben erhöhe und Merz‘ Führung werde dabei eine Schlüsselrolle spielen. Auch Israels Ministerpräsident Netanjahu gratulierte Merz zu dessen Wahlsieg. Er freue sich auf eine enge Zusammenarbeit mit der künftigen Regierung, „um die Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern weiter zu stärken“, schrieb Netanjahu auf X. Glückwünsche kamen auch vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj.

    +++ Unions-Kanzlerkandidat Merz will bald mit Sondierungsgesprächen über die Bildung einer Koalition beginnen.

    „Spätestens nach der Hamburger Bürgerschaftswahl ist die Zeit gekommen, intensiv miteinander zu sprechen. Ich habe den Wunsch, dass wir spätestens Ostern mit einer Regierungsbildung fertig sind“, sagt er im Fernsehsender Phoenix. Sollte es zu einem Zweier-Regierungsbündnis kommen, könne es auch schneller gehen. Er werde mit allen infrage kommenden politischen Parteien der demokratischen Mitte sprechen. „Wir sind im dritten Jahr in einer Rezession, und da müssen wir raus“, erklärte Merz.

    +++ Bei der Bundestagswahl zeichnet sich in Berlin ein Sieg der Linkspartei ab.

    Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Wahlgebiete kommt die Linke auf 20,0 Prozent der Zweitstimmen. Sie wäre damit fast doppelt so stark wie bei der Wahl 2021 inklusive der Teilwiederholung 2024. Gewonnen hat sie bei Bundestagswahlen in Berlin noch nie, zuletzt lag sie auf Platz vier. Auch bei den Erststimmen führt die Linke in mindestens vier Wahlkreisen.

    +++ Die Freien Wähler haben den von ihrem Bundesvorsitzenden Aiwanger als Ziel ausgegebenen Einzug in den Bundestag über Direktmandate verpasst.

    Aiwanger selbst lag laut vorläufigem Ergebnis in seinem Wahlkreis Rottal-Inn mit 23 Prozent der Erststimmen nur auf Platz drei der Direktkandidaten. Auch die übrigen drei von den Freien Wählern in bayerischen Wahlkreisen ins Rennen geschickten Direktkandidierenden lagen am Sonntag uneinholbar hinter ihren Mitbewerbern zurück.

    +++ Nach dem schwachen Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl wird Bundeskanzler Scholz nicht an Koalitionsverhandlungen über die kommende Bundesregierung teilnehmen.

    Er habe immer gesagt, er bewerbe sich für das Amt des Bundeskanzlers, sagte Scholz Sonntagabend in der Spitzenkandidatenrunde von ARD und ZDF. Aber er werde nicht als Vertreter der SPD Teil der kommenden Bundesregierung sein „und auch nicht darüber verhandeln“.

    +++ Wissing: Abschneiden der FDP „bitter“

    Bundesverkehrsminister Wissing hat das Abschneiden seiner ehemaligen Partei als bitter bezeichnet. Das, was die FDP rund um das Ampel-Aus im Bund gemacht habe, habe sich nicht ausgezahlt, sagte der parteilose Politiker dem SWR. Wissing war nach dem Auseinanderbrechen der Dreierkoalition im Bund Teil der Regierung geblieben und aus der FDP ausgetreten.
    Diese Nachricht wurde am 24.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.