Deutschland ist für die USA ein zentraler Verbündeter, das ist klar für das Weiße Haus. Man braucht die Kooperation mit der Bundesregierung auf allen Ebenen, ob es um die Euro-Stabilisierung oder die Krise in der Ukraine geht. Präsident Obamas Sprecher Jay Carney erklärte kurz vor Ankunft der Bundeskanzlerin, die Ukraine werde ohne Zweifel eines der Hauptthemen des Besuches werden:
"Der Präsident und Kanzlerin Merkel haben seit langer Zeit gut zusammengearbeitet bei der Bewältigung der Probleme des 21. Jahrhunderts. Eine dieser Herausforderungen ist der Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Wir haben sehr eng in dieser Frage mit Bundeskanzlerin Merkel und anderen in der EU zusammengearbeitet, um Russland einen Preis zahlen zu lassen für das, was es in der Ukraine tut, und wir werden das auch weiterhin tun."
Die Kooperation der Bundesregierung wäre unerlässlich, wenn es Wirtschaftssanktionen gegen Russland geben sollte, das weiß Barack Obama. Gleichzeitig haben die Deutschen und die Europäer mehr zu verlieren als die USA, die nur sehr schmale Handelsbeziehungen zu Russland unterhalten. Das würde die amerikanische Regierung auch in ihre Überlegungen einbeziehen, so der Präsidentensprecher:
"Jede Nation in Europa hat natürlich ein anderes Maß an wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland. Also würden Wirtschaftssanktionen auch eine unterschiedliche Rückwirkung haben. Und das werden die Vereinigten Staaten in Rechnung stellen, falls wir uns auf Wirtschaftssanktionen zubewegen sollten."
Wenig Bewegung in der NSA-Affäre erwartet
Dass sich das Weiße Haus in der NSA-Spähaffäre auf Angela Merkel zubewegt, ist dagegen mehr als unwahrscheinlich. Der zögerliche Umgang der Obama-Administration mit dem gesamten Abhör- und Datensammlungskomplex einschließlich des Abhörens des Kanzlerinnen-Handys hat die Bundesregierung frustriert. Anfängliche Signale, es könne eine Art besonderer geheimdienstlicher Partnerschaft mit Deutschland geben, wurden schnell wieder kassiert. Man wolle keinen Präzedenzfall schaffen, den auch andere Nationen für sich einklagen könnten, hieß es.
Doch das Weiße Haus sieht die NSA-Affäre nicht als Hindernis für die Kooperation bei weiteren Sanktionen gegen Russland. Das hänge beides nicht miteinander zusammen, aber es sei natürlich in der Vergangenheit bereits ein Diskussionspunkt gewesen und könne auch beim heutigen Gespräch im Oval Office wieder zur Sprache kommen.
Merkel will Freihandelsabkommen vorantreiben
Die Bundeskanzlerin setzt auf ihrer Reise ein eigenes Signal. Sie wird beim Chamber of Commerce, der amerikanischen Industrievereinigung, eine Rede zum geplanten Transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen, kurz TTIP, halten. Das werten viele Beobachter als Wink mit dem Zaunpfahl an Obama, meint Stephen Szabo, Leiter der Transatlantic Academy beim German Marshall Fund:
"Sie wird Obama drängen, das TTIP-Abkommen voranzutreiben. Er zeigt dabei im Moment wenig Enthusiasmus weil seine Partei skeptisch ist. TTIP könnte nicht nur für das deutsch-amerikanische, sondern für das europäisch-amerikanische Verhältnis bahnbrechend sein. Es wird uns auf einer Kernebene der internationalen Beziehungen, der Wirtschaft enger zusammenbringen. Und es wird die marktwirtschaftlichen und liberalen Werte, die wir teilen, befördern."
Angela Merkel hat sich gestern Abend mit einigen Senatoren getroffen, unter anderem, um im Kongress für TTIP zu werben. Heute ist nach der Pressekonferenz mit Obama und der Rede der Kanzlerin dann noch ein Treffen mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, geplant. Es ist ein nüchterner Arbeitsbesuch der Bundeskanzlerin in Washington. Schon am frühen Abend fliegt Angela Merkel wieder zurück nach Deutschland.