Woche für Woche tritt der stellvertretende Leiter der OSZE-Mission in der Ukraine vor die Presse. Zurzeit hat Alexander Hug wieder besonders betrübliche Nachrichten:
"Es hat länger gedauert als gedacht, aber das Unvermeidliche ist passiert: In der vergangenen Woche hat die OSZE-Beobachtermissionen einen Anstieg der Waffenstillstandsverletzungen um 63 Prozent festgestellt. Hinter solchen Zahlen stehen reale Menschen. Jeder Schusswechsel bringt Menschen in Gefahr. Seit Jahresbeginn sind 31 Zivilisten getötet worden, 137 wurden verletzt."
Zum ersten Juli hatten sich die beiden Seiten auf eine neue Waffenruhe geeinigt. Doch deren Wirkung - das geht aus dem jüngsten OSZE-Bericht hervor, lässt zusehends nach.
Alexander Hug zeigte auch Satellitenfotos: Auf ihnen zu sehen waren Mehrfachraketenwerfer auf der Seite der prorussischen Separatisten - und Haubitzen auf der Seite der ukrainischen Armee. Militärisches Gerät, das nach dem Minsker Abkommen längst aus der Konfliktzone abgezogen sein sollte.
Der Konflikt wird ein Thema sein beim heutigen Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei wird es auch um den Lösungsvorschlag gehen, eine UN-Blauhelmmission in der Ostukraine zu etablieren. Vadym Tschernysch, der ukrainische Minister für die besetzten Gebiete, erklärte vor kurzem:
"Wir wollen die ganze Welt davon überzeugen, dass dies der richtige erste Schritt wäre. Danach können wir es schaffen, die Bestimmungen des Minsker Abkommens umzusetzen. Wenn nur noch Russland gegen diesen Plan ist, wird der Druck auf Moskau wachsen."
Russland lehnt Friedensmission nicht völlig ab
Russland verschließt sich nicht völlig gegen eine Friedensmission. Moskau möchte deren Aufgabe aber darauf beschränken, die Arbeit der OSZE-Beobachtermission abzusichern. Eine internationale Kontrolle der ukrainisch-russischen Grenze kommt für den Kreml nicht in Frage. Nur dann sei die Mission aber auch wirkungsvoll, meint die Ukraine.
Der russische Präsident Wladimir Putin brachte dagegen ein mögliches Referendum in den Separatistengebieten ins Spiel. Die Menschen dort sollten entscheiden, ob ihre Region innerhalb der Ukraine Autonomierechte genießen solle oder nicht. Damit wolle Putin die Initiative übernehmen, meint der russische Publizist Leonid Radsichowskij:
"Putin will mit dieser Initiative einen Grund dafür schaffen, dass er sagen kann: Ihr solltet die Wirtschaftssanktionen gegen Russland abschwächen. Er will zeigen, dass er etwas zur Lösung des Konflikts beiträgt."
Ukraine beobachtet Merkel-Putin-Treffen mit großer Skepsis
In der Ukraine - wie im benachbarten Polen - wird das Treffen zwischen Merkel und Putin mit großer Skepsis beobachtet. Russland und Deutschland könnten Absprachen über ihre Köpfe hinweg treffen, so die Befürchtung der Politiker dort. Eine polnische Zeitung, die eigentlich nicht als deutschlandfeindlich gilt, bezeichnete die Einladung für Putin nach Meseberg sogar als "diplomatischen Verrat". Offiziell hielt sich die Politiker in Warschau und Kiew jedoch mit Stellungnahmen zurück.