Gleichwohl könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, betonte Merkel. Russland nutze die Schwäche der Ukraine aus, das Recht des Stärkeren werde gegen das Recht des Schwächeren gestellt. Dieses Vorgehen sei völkerrechtswidrig, sagte Merkel im Bundestag.
Die Bundeskanzlerin forderte Moskau zum Einlenken auf. Ansonsten werde sich Russland durch sein Vorgehen politisch und wirtschaftlich massiv schaden. Am Sonntag stimmt die Bevölkerung der Halbinsel über eine Loslösung von der Ukraine ab.
Einen Vergleich zwischen der Krim und der abgefallenen früheren serbischen Provinz Kosovo, wie er in der aktuellen Diskussion auftauche, wies Merkel als "beschämend" zurück. Die Situation damals im Kosovo sei in keiner Weise mit der heutigen Lage in der Ukraine vergleichbar.
Drohung mit Sanktionen erneuert
Merkel bekräftigte die Drohung der EU mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland bei einer weiteren Eskalation des Ukraine-Konflikts. "Niemand von uns wünscht sich, dass es zu solchen Maßnahmen kommt", sagte Merkel. "Doch wir alle wären zu ihnen bereit und entschlossen, falls sie unumgänglich werden." Sollte Russland seinen Kurs fortsetzen, wäre dies nicht nur "eine Katastrophe für die Ukraine". Dies würde von den Nachbarstaaten Russlands als Bedrohung empfunden, veränderte das Verhältnis Moskaus zur EU als Ganzes und schadete nicht zuletzt "ganz massiv auch Russland. Und zwar ökonomisch wie politisch."
Merkel betonte, die EU suche weiter einen diplomatischen Weg aus der Krise. Wenn es "in den allernächsten Tagen" nicht zu Verhandlungen mit Russland komme, die zu Resultaten führten, würden die EU- Außenminister am nächsten Montag weitere Sanktionen beschließen. Dazu gehörten Einreise- und Kontensperrungen. Für die Ukraine solle rasch eine wirtschaftliche Unterstützung in Kooperation mit dem Internationalen Währungsfonds in die Wege geleitet werden.
"Dieses Angebot zur Modernisierung ist ein Ansatz der Nachbarschaftspolitik, nicht der Geopolitik", sagte Merkel. Es sei nicht gegen Russland gerichtet.
Obama droht Russland erneut
US-Präsident Barack Obama hatte derweil gestern der Übergangsregierung in Kiew im Machtkampf mit Russland seine Unterstützung zugesichert. In Washington kam er mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk zusammen.
"Wir werden an der Seite der Ukraine stehen", sagte er nach dem Treffen. Sollte Russland seinen Kurs in der Krise nicht ändern, werde der Westen gezwungen sein, etwas zu unternehmen. Obama sprach von "Kosten", mit denen Russland rechnen müsse, sollte es in der Ukraine weiter internationales Recht brechen. Details nannte er nicht.
"Wir weisen ein Referendum vollständig zurück, das innerhalb von ein paar Wochen zusammengeflickt wurde, während russisches Militär quasi die Krim übernommen hat", sagte Obama weiter. Die internationale Gemeinschaft strebe eine diplomatische Lösung an, stehe aber eindeutig hinter der ukrainischen Übergangsregierung. Er drückte zugleich die Hoffnung aus, dass die russische Regierung dazu bewegt werden könne, das geplante Referendum auf der Krim zu "überdenken".
Jazenjuk: Niemals ergeben
Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk sagte, die Ukraine werde sich beim Kampf um die Einheit ihres Staatsgebiets "niemals ergeben". Das Land werde entschlossen für seine Souveränität kämpfen. Russland müssen "den Dialog ohne Waffen, ohne Militär und ohne Panzer beginnen, aber mit Diplomatie und politischen Mitteln", betonte Jazenjuk.
Vor dem Treffen mit Obama hatte ihn bereits US-Außenminister John Kerry empfangen. Kerry kündigte an, am Freitag in London mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow erneut darüber zu reden, wie die Krim-Krise beigelegt werden könne. Die beiden Außenminister hatten sich in der vorigen Woche schon in Paris und Rom getroffen und dreimal telefoniert - allerdings ohne Annäherung.
Die USA hatten in der vergangenen Woche erste Sanktionen gegen Russen und Ukrainer verhängt, die sie für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich macht. Außerdem setzte die Regierung die Militärzusammenarbeit mit Russland aus, ebenso wie Gespräche über Handel und Investitionen.