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Messerattacke in Polen
Danziger Bürgermeister Adamowicz bei Angriff verletzt

Der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz ist bei einer öffentlichen Veranstaltung niedergestochen worden. Ein junger Mann nutzte den Auftritt, um ihn mit einem Messer zu attackieren. Der Täter war vorbestraft und offenbar geistig verwirrt. Der Politiker wurde am Herzen operiert, er schwebt in Lebensgefahr.

Von Florian Kellermann |
    Der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz
    Der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz (ZUMA Wire)
    Der Angriff dauerte nur wenige Sekunden. Der Attentäter rannte auf die Bühne, auf der sich der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz befand. Er versetzte dem Politiker drei Messerstiche und griff sich ein Mikrophon. Die Musik spielte noch weiter, als er erklärte: Er habe unschuldig im Gefängnis gesessen, die rechtsliberale Partei "Bürgerplattform" habe ihn foltern lassen. Deshalb habe er den Bürgermeister angegriffen, so der Täter. Adamowicz musste noch auf der Bühne wiederbelebt werden.

    Die Sprecherin des Bürgermeisters Magdalena Skorupka-Kaczmarek sagte: "Die Stadt hat eine psychologische Nothilfe organisiert, die Telefonnummer befindet sich auf unserer Internetseite. Schon unmittelbar nach dem Angriff waren vier Psychologen vor Ort. Das ist für uns alle ein gewaltiger Schock."
    Bestürzung bei allen Parteien
    Das Opfer Pawel Adamowicz war bis vor vier Jahren Mitglied der Oppositionspartei "Bürgerplattform". Zur Kommunalwahl im vergangenen Jahr trat er mit seinem eigenen Wahlbündnis an und wurde zum sechsten Mal gewählt. Adamowicz gilt als Linksliberaler.
    Politiker aller im Parlament vertretenen Parteien äußerten gestern ihre Bestürzung. Innenminister Joachim Brudzinski sprach von einem unerklärlichen Akt unerklärlicher Barbarei. Staatpräsident Andrzej Duda sagte, er bete dafür, dass Adamowicz wieder gesund werde.
    Blick auf die Bühne, auf der der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz niedergestochen wurde.
    Blick auf die Bühne, auf der der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz niedergestochen wurde (NurPhoto)
    Attentäter hatte leichtes Spiel
    Der Angriff erfolgte während der Abschlussgala einer landesweiten, alljährlichen Spendenaktion. Sicherheitsexperten zeigten sich verwundert darüber, dass der Attentäter so leichtes Spiel hatte, so der Terrorexperte Krzysztof Liedel:
    "Die Sicherheitsleute scheinen spät reagiert zu haben. Eine der wichtigsten Fragen ist jedoch, wie der Täter überhaupt Zugang zur Bühne bekommen hat. Es heißt, er habe eine Pressemarke bei sich gehabt. Eventuell ist dabei der Akkreditierung ein Fehler unterlaufen."
    Über den 27-jährigen Täter ist bisher wenig bekannt. Er stamme aus Danzig, so polnische Medien, und habe unter anderem wegen Banküberfällen eine Haftstrafe verbüßt. Im Gefängnis sei er als psychisch labil aufgefallen.
    Aussagen deuten auf politisches Motiv hin
    Dennoch wurde die Tat auch in einen politischen Kontext gestellt. Eine oft zu extrem geführte politische Debatte sei mitverantwortlich für die Tat, so einige Kommentatoren. Der Soziologe Jacek Mazurczak:
    "In solchen Situationen kommt es zu dem, was wir als moralische Panik bezeichnen. Die Gesellschaft ist unter Druck, sie beginnt zu diskutieren, worin das Allgemeinwohl eigentlich besteht. Und das ist das, was uns in diesem Unglück weiterhelfen kann."
    Für heute Abend ist in Danzig eine Demonstration gegen Hass und Gewalt geplant.