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Messungen
Luftverschmutzung über Öl-Plattformen

Die "Falcon" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt hat die Luft über Öl-Plattformen in der Nordsee und in West-Niger untersucht. Dabei überschreiten die Messwerte für Ruß, Kohlendioxid und Methan oft die Angaben der Mineralölkonzerne. Besonders schlimme Umweltauswirkungen hat das in der Arktis.

Von Volker Mrasek |
    Das Forschungsflugzeug vom Typ Dassault Falcon 20E wird auf dem Flugplatz des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen zur Startbahn gezogen
    Dassault Falcon 20E des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt auf dem Weg zu einem Messflug (picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand)
    Hubschrauber, ja. Die ist man auf Öl-Bohrinseln gewohnt. Mit ihnen werden ständig Leute an- und abtransportiert. Düsen-Jets aber, die im Tiefflug um die Plattformen im Meer herumkurven? Das erleben die Besatzungen nicht alle Tage.
    Im Januar gab es eine solche Begegnung der ungewöhnlichen Art. Das deutsche Forschungsflugzeug Falcon brauste durch ein Förderfeld des norwegischen Energie-Konzerns Statoil, knapp unterhalb des Polarkreises.
    "Wir sind im Tiefflug in die Abgasfahnen dieser Öl-Plattformen geflogen, haben dort mäandert, haben den Abstand erweitert, um auch die Entwicklung der Emissionen in dieser Abgasfahne zu untersuchen", sagt Hans Schlager. Er war an der Messkampagne in der Nordsee beteiligt. Der Physiker vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt forscht über atmosphärische Spurenstoffe.
    Nicht nur Kohlendioxid gelangt in die Luft
    Dem DLR gehört auch die Falcon. In 100 bis 200 Metern Höhe zog die Maschine ihre Schleifen um die norwegischen Plattformen, ausgerüstet mit Spektrometern und Partikelsammlern. Im Sommer 2012 war das schon einmal gemacht worden. Beide Male ging es um Luftschadstoffe.
    "Das ist ein Thema, das aktuell ist. Die Anzahl der Öl-Plattformen und der Gasförderung speziell in Polarregionen nimmt stark zu in Zukunft. Das Eis geht zurück. Es werden neue Öl-Plattformen gebaut nördlich von Skandinavien, im Seegebiet zwischen Skandinavien und Spitzbergen. Aber auch in anderen Bereichen in der Polarregion. Und deswegen ist es wichtig, die Emissionen zu quantifizieren und auch die Zusammensetzung zu untersuchen."
    So geben die Öl- und Gas-Bohrinseln nicht nur Kohlendioxid an die Luft ab. Sie sind auch noch eine Quelle von Methan, einem weiteren Treibhausgas, sagt Hans Schlager:
    "Zum einen brauchen die natürlich auch Energie, die Ölplattformen, und haben eben Generatoren dort. Das heißt, man hat typische Verbrennungsemissionen. Zum anderen gibt es aber auch Leckagen. Methan ist dann eher so ein Produkt von einem Leck, was bei der Gasförderung entsteht."
    Die nächste Messkampagne ist schon geplant
    Durch die direkten Messungen in den Abgasfahnen soll sich besser abschätzen lassen, wie hoch die Emissionen von Bohrinseln tatsächlich sind. Es gebe da gewisse Unstimmigkeiten, sagt Hans Schlager:
    "Die Abgase von den Ölplattformen kann man auch vom Satelliten aus detektieren. Da hat man Unterschiede gesehen zwischen den Angaben, die von den Betreibern kommen, und den Emissionen, wie sie auch von Satellitenbeobachtungen abgeleitet werden. Das wollen wir jetzt weiter untersuchen."
    Die nächste Messkampagne ist schon geplant. Diesmal vor der Küste Westafrikas. Im Sommer soll die Falcon durch Förderfelder im Niger-Delta fliegen. Das Hauptaugenmerk liegt dann auf schwarzen Ruß-Partikeln. Sie entstehen, wenn auf Öl-Bohrinseln Erdgas abgefackelt wird, das bei der Förderung grundsätzlich mit nach oben gelangt.
    Mit dem sogenannten Gas Flaring beschäftigt sich auch Rob MacKenzie, Professor für Atmosphärenwissenschaft an der Universität Birmingham in England:
    "Gas Flaring gibt es vor allem in zwei Weltregionen: vor Westafrika und in Sibirien. Es wird immer dann abgefackelt, wenn die erforderliche Technologie fehlt, um neben dem Öl auch das mitgeförderte Erdgas zu verarbeiten."
    Auswirkungen auf Klimaerwärmung
    Kritisch ist das Abfackeln vor allem in den sibirischen Ölfeldern. Der Ruß, der dabei entsteht, wird nämlich im Winter großräumig in der Arktis verteilt und schlägt sich auf Eis- und Schneeflächen nieder. Die werden dadurch dunkler und reflektieren nicht mehr so viel Sonnenlicht. Auf diese Weise verstärken die schwarzen Rußpartikel die Klimaerwärmung in der Arktis, sagt Rob MacKenzie:
    "Es gibt Hinweise, dass Gas Flaring die wichtigste Quelle für Ruß in der Arktis ist. Aber auch hier bestehen noch große Unsicherheiten. Nach unseren bisherigen Abschätzungen wird beim Abfackeln von Erdgas dreimal so viel Ruß emittiert als bisher gedacht."
    Im Sommer werden die Forscher vielleicht schon mehr Klarheit haben, wenn die Falcon des DLR wieder im Tiefflug durch die Abgasschwaden von Bohrinseln düst.