Wenn es um knapper werdende Rohstoffe geht, denkt man bislang vor allem an Recycling und Wiederverwertung. Wir zeigen, dass auch der Ersatz durch andere Stoffe eine Strategie sein kann.
Indium, Gallium, Silber, Cobalt - diesen Metallen ist eines gemeinsam, sagt Rickard Arvidsson, Professor an der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg: Sie werden häufig gebraucht, sind aber relativ selten.
In Erzen konzentriert gibt es sie nur begrenzt. Sind diese Erzvorkommen erschöpft, müsste man sie aus dem Meerwasser extrahieren oder aus gewöhnlichem Gestein. Und das wäre ziemlich teuer.
Die Favoriten der Grundlagenforscher
Manche dieser Stoffe sind zwar gar nicht so knapp, aber ungleich über den Globus verteilt. Andere werden in Konfliktregionen gefördert, etwa dem Kongo, nicht selten unter menschenunwürdigen Bedingungen. Könnten sich diese Rohstoffe durch andere, weniger knappe ersetzen lassen? Um das zu beantworten, setzte Arvidsson gemeinsam mit seinem Kollegen Björn Sandén eine Studie auf.
Wir betrachteten 14 der seltensten Metalle und untersuchten, wofür diese Metalle hauptsächlich verwendet werden. Dann recherchierten wir, ob sich diese Anwendungen nicht auch Materialien realisieren lassen, die deutlich häufiger vorkommen.
Die Experten durchforsteten die Fachliteratur und Patent-Datenbanken. Dabei stießen sie auf ein an sich simples Material – auf Kohlenstoff. Allerdings nicht auf gewöhnlichen Kohlenstoff: Nanomaterialien aus Kohlenstoff. Nanotubes, winzige Röhrchen, Durchmesser wenige millionstel Millimeter. Oder Graphen, Kohlenstoff-Schichten, nur eine Atomlage dünn. Und Fullerene, Moleküle wie Fußbälle, nur extrem winzig. Seit Jahren sind all diese Winzlinge erklärte Favoriten der Grundlagenforscher. In deren Veröffentlichungen stieß Rickard Arvidsson auf ermunternde Ergebnisse:
"Für 13 der 14 Metalle fanden wir Möglichkeiten, sie durch Kohlenstoff-Nanomaterialien zu ersetzen."
Die meisten Methoden stecken noch im Forschungsstadium
Nanotubes etwa leiten hervorragend Strom, könnten also Silber oder Beryllium in elektrischen Kontakten auf Mikrochips ersetzen oder das Kupfer in Stromkabeln. Graphen kann als Halbleiter agieren und könnte Galliumarsenid ablösen, das heute in jedem Smartphone steckt. Und Graphen hat auch das Potenzial, Indium zu ersetzen, ein Schlüsselmaterial in Flachbildschirmen und Touchscreens. Klingt alles durchaus vielversprechend. Nur: Die schwedische Studie zeigt im Wesentlichen ein theoretisches Potenzial auf. Die meisten Methoden stecken noch im Forschungsstadium, sind noch nicht reif für den Einsatz.
"Wir haben zwar gezeigt, dass es eine ganze Reihe von möglichen Technologien gibt. Doch ob und wann sie auf den Markt kommen, ist noch schwer zu sagen. Auf jeden Fall wird es einige Anstrengungen und Investitionen brauchen – so wie es bei neuen Technologien ja immer ist."
Am weitesten, meint Arvidsson, sei der Ersatz von Indium durch Graphen, getrieben durch den stetig steigenden Indiumpreis. Und was ist mit dem einzigen der 14 Metalle, das sich nicht durch Graphen und Co ersetzen lässt?
"Das ist Gold für die Schmuckherstellung – also keine technologische Anwendung, sondern eher eine kulturelle. Doch immerhin sind wir bei unseren Recherchen auf Verlobungsringe aus Carbonfaser gestoßen."
Nur: Ob sich diese pechschwarzen Schmuckstücke gegen den magischen Glanz des Goldes durchsetzen können, ist doch einigermaßen fraglich.