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Metallindustrie
Streit um Werkverträge

Werkverträge sind ein gängiges Instrument in der arbeitsteiligen Wirtschaft. Doch Gewerkschaften befürchten, dass sie mehr und mehr genutzt werden, um Tariflöhne zu umgehen. Die Arbeitgeberseite wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Von Michael Braun |
    In einer Woche wird er der Chef der IG Metall sein, und da schadet es Detlef Wetzel nicht, schon im Vorfeld das Profil zu schärfen. Instabile Arbeitsverhältnisse werden sein Thema sein. Leiharbeit vor allem bekämpft er, auch Werkverträge. Die hätten sich wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet, sagte er dem "Spiegel".
    In der Autoindustrie etwa gebe es neben 763.000 Stammbeschäftigten inzwischen 100.000 Leiharbeiter und 250.000 Beschäftigte mit Werkverträgen. Er habe etwas dagegen, wenn Werkverträge genutzt würden, um das Lohnniveau massiv zu drücken.
    Diskussion um Lohnniveau
    Das passiere ja auch gar nicht, sagt Michael Stahl, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall: "Werkverträge sind ebenso alltäglicher und selbstverständlicher Bestandteil einer Volkswirtschaft, genauso wie Kaufverträge. Und sie werden Tag zigtausendfach abgeschlossen. Und man muss sich klar sein: Die Rechtsform des Vertrages sagt ja nicht das Geringste über Arbeitsbedingungen oder Entlohnung aus. Den Hunderttausende von Arbeitnehmern, die bei Firmen beschäftigt sind, die ihr Geld mit Werkverträgen verdienen, sind gleichzeitig im System unserer Tarifverträge gebunden und werden nach den Tarifverträgen entlohnt."
    Belege für eine Zunahme der Werkverträge in jüngster Zeit, so Gesamtmetall, gebe es nicht. Die Daten der IG Metall stammen aus einer bislang offiziell nicht veröffentlichten Umfrage der IG Metall unter ihren Betriebsräten. Gesamtmetall sprach von einer "Scheinumfrage". Die IG Metall wies das entrüstet zurück. Der Begriff Scheinumfrage sei "eine Beleidigung für die Betriebsräte." Die hätten "mit größter Gründlichkeit Zahlen erhoben, die Arbeitgeber und Bundesregierung nicht liefern wollten."
    Werkverträge auch im Forschungsbereich
    In der Sache hatte auch die IG Metall das Thema Werkverträge in früheren Analysen differenziert gesehen. Der noch stellvertretende IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel: "So ist zum Beispiel die These völlig falsch, dass Werkverträge nur für einfache Tätigkeiten existieren. Die Automobilindustrie hat vielleicht 25 Prozent ihrer Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in industrielle Dienstleistungen ausgegliedert."
    Der IG Metall-Vorsitzende Huber hatte deshalb davor gewarnt, wer Forschung und Entwicklung an Externe auslagere, verliere letztendlich das Wissen: "Gerade der Einsatz von Werkverträgen birgt Gefahren, wenn wichtiges Entwicklungs-Know-how nicht mehr im eigenen Unternehmen vorhanden ist."
    Detlef Wetzel, sein designierter Nachfolger, sorgt sich beim Thema Werkverträge mehr um die Stabilität der Arbeitsplätze: "Das Thema Werkverträge ist ein grundsätzliches Problem von unsicherer Beschäftigung, ein grundsätzliches Problem unserer industriellen Wertschöpfung. Denn wo wollen wir hin? Wo will die deutsche Industrie hin?"
    Wetzels Antwort wird wohl sein Programm: Es sollen nicht ausgelagerte, keinesfalls lohndrückende und auf jeden Fall möglichst feste Arbeitsplätze sein.