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Metamagnet statt Kompressor
Neue Technik für sparsamere Kühlschränke

Haushalts-Kühlschränke funktionieren mit einer Kälte-Kompressionsmaschine. Allerdings hat diese Nachteile: Die Geräte brummen und sind auch nicht so sparsam im Energieverbrauch. Physiker propagierten vor einigen Jahren eine Alternative: den Magnetkühlschrank. Inzwischen gibt es einen Prototypen.

Von Volker Mrasek |
    "Wir suchen jetzt den Wein. In der Weinkellerei. In der Region Pfalz."- "Der Wein schmeckt natürlich besonders gut, wenn er mit einer neuen Technologie gekühlt wurde." -"Die richtige Sorte ist ein Weißburgunder." - "Ja, das ist der Weißburgunder! Und eine Flasche war auf einer Messe in den Staaten." - "Der erste magnetokalorisch gekühlte Wein weltweit." - "Ich habe ihn noch nicht probiert. Ich werde ihn mir jetzt aber kaufen und dann genießen. Aber natürlich konventionell gekühlt, mit Kompressor-Kühlung."
    Holger Kapp ist Pressesprecher bei BASF in Ludwigshafen. Und ein wenig stolz, wie man beim Gang durch die Weinkellerei des Chemiekonzerns spürt. Stolz auf eine Weltpremiere, an der BASF beteiligt ist. Auf einer Verbrauchermesse in Las Vegas präsentierte der chinesische Hersteller Haier vor wenigen Wochen einen neuartigen Haushaltskühlschrank. Das Gerät brummt nicht mehr, wie man es von einem Kühlschrank kennt. Es läuft weitgehend lautlos. An die Stelle des gewohnten Kompressors ist etwas anderes getreten: eine magnetokalorische Wärmepumpe. Bei dem Prototypen handelt es sich um einen Wein-Kühlschrank. Und die erste Flasche, die drin lag, war der Weißwein aus der Pfalz.
    "Und alle Beteiligten haben dann je ein Glas von dem magnetokalorisch gekühlten Wein bekommen." Auch für Olaf Rogge gab es eines. Der Ingenieur ist verantwortlich für die Vermarktung der neuen Technologie bei BASF. Der Weinkühler steht für eine Wachablösung. Schon länger tüfteln Forscher daran, den althergebrachten Kompressor zu ersetzen. Durch eine sparsamere und umweltfreundlichere Kühlmethode. Hier bieten sich magnetokalorische Materialien an, wie Rogge sie nennt. Das sind Metallsalze, die sich erwärmen, wenn sie in ein Magnetfeld eintreten, und wieder abkühlen, wenn sie es verlassen. Dieser Effekt lässt sich ausnutzen: "Ganz genau so wie auch beim Kompressor. Es gibt eine warme Seite auf der Rückseite und die kalte Innenseite des Kühlschranks."
    Dauermagnet rotiert um Metallsalze
    Hinten am Gerät sitzt ein Dauermagnet. Er rotiert um die Metallsalze, die so abwechselnd in das Magnetfeld geraten und wieder heraus. Die Kälte, die im zweiten Schritt jedes Mal entsteht, fließt via Wärmetauscher in den Kühlschrank: "Der Experte würde es von hinten erkennen, weil der Wärmetauscher etwas anders aussieht. Aber der Laie vermutlich nicht."
    Es gibt magnetokalorische Materialien, die schon länger angewendet werden. Auf der Basis von Gadolinium, einem Seltenerde-Metall. Doch für Haushalts-Kühlschränke habe es sich nie geeignet, sagt Lesley Cohen, Festkörperphysikerin am Imperial College in London: "Gadolinium ist ausgesprochen teuer und kommt für den Alltagsgebrauch nicht infrage. Höchstens für Spezialanwendungen. Zum Beispiel in der Raumfahrt."
    Doch vor knapp 20 Jahren entdeckten Grundlagenforscher in den USA geeignete Metall-Legierungen, die weitaus billiger sind. Diverse Arbeitsgruppen entwickelten die Materialien im Anschluss weiter. Auch BASF klinkte sich ein. Und nun vermarktet Olaf Rogge erstmals solche Metall-Kombinationen mit Kühleffekt.
    "Es handelt sich hier um Mangan-Eisen-Phosphor-Silizium-Legierungen, die wir in Kooperation mit der TU Delft in den Niederlanden entwickelt haben. Man kann die Legierung für den Temperaturbereich einstellen, indem man die Zusammensetzung der einzelnen Elemente leicht verändert. Und das ist eben die Kunst dabei, diese Legierung genau so einzustellen, dass dieser magnetokalorische Effekt maximal wird."
    Eisfach bisher nicht möglich
    Der Wein-Kühlschrank ist dabei ein erster Türöffner für die neue Technologie. Mehr aber auch nicht. Wunschtraum bleibt der magnetokalorische Kühlschrank in der Küche mit obligatem Eisfach. So weit sind die Entwickler aber noch nicht.
    "Sie müssen eben mit den Temperaturen weiter herunterkommen. Bei einem üblichen Haushaltskühlschrank mit Tiefkühlfach spricht man da über 20 Grad minus. Die Temperaturspanne ist dadurch natürlich größer. Und das ist jetzt einfach eine Entwicklungsaufgabe für die nächsten Monate, um das auch technisch zu lösen."
    Kein brummender Kühlschrank mehr im Haus - nicht mehr lange, dann könnte diese Vision wahr werden. Und die Magnetkühlung für die Küche tatsächlich marktreif sein. Solche Geräte würden gut ein Viertel weniger Strom verbrauchen und auch ohne klimaschädliche Gase auskommen. "Es gibt einige Hersteller, die auf dem Arbeitsgebiet aktiv sind. Und wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren auch kommerziell solche Geräte sehen werden."