Tasmanien - eine Insel vor der Südküste des australischen Kontinents. Im Altpleistozän wimmelt es hier bereits von pflanzlichem, tierischem und auch frühmenschlichem Leben. Im Westen der Insel schlägt vor 800.000 Jahren ein Meteorit von etwa fünfzig Metern Durchmesser ein.
Der Gesteinsbrocken aus dem All hinterließ einen Krater von mehr als einem Kilometer Durchmesser, berichtet der Geologe Kieren Torres Howard von der Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaften des Amerikanischen Museums für Naturgeschichte in New York:
"Wenn sich ein Krater formt, schmelzt die beim Aufprall freiwerdende Hitze zunächst den Fels im Einschlagzentrum. Das flüssige Gestein wird in hohem Bogen aus dem Krater herausgeschleudert. Während des Flugs kühlt es ab und wird wieder fest, und zwar zu einer Form von Glas. Es regnet in der Umgebung des Aufschlags also erstarrte Glastropfen vom Himmel."
Diese Glaskugeln fand Howard auf einer 400 Quadratkilometer großen Fläche rund um den Einschlagkrater auf Tasmanien. Er brachte sie zur Untersuchung zu Melanie Bailey von der Chemieabteilung der Universität von Surrey in Guildford in der Nähe von London:
"Kieren hatte gehofft, wir würden im Innern der Proben auf Platin stoßen, auf Überreste des Meteoriten also. Leider konnte ich kein Platin nachweisen und übergab Kieren eine Liste tatsächlich enthaltener Elemente. Ihm fiel auf, dass die Anteile zusammen nicht hundert Prozent ergaben, worauf ich meinte, das meiste sei nur Kohlenstoff und Sauerstoff. Ich hielt das für belanglos. Tatsächlich war es jedoch eine große Überraschung, dass Kohlenstoff und Sauerstoff in diesen Glaskugeln gefangen waren."
Temperaturen von fast 2000 Grad Celsius
Dieses sogenannte Impaktglas entsteht nur unter hohem Druck und nur bei Temperaturen von fast 2000 Grad Celsius. Doch dass sich unter solchen extremen Bedingungen organische Kohlenstoffverbindungen halten können, war nur die erste Überraschung. Die Kohlenstoff- und Sauerstoffmoleküle haben sich zu winzigen Blasen auf dem Boden der Glaskugeln zusammengefunden - so wie Seifenblasen, die unter Schwerkrafteinwirkung allmählich zu Boden sinken. Diese Waben waren weniger als 200 Mikrometer groß. Und sie waren nicht leer:
"Wir haben die chemischen Signaturen lebendiger Materie gefunden. Statt zu versteinern und zu Fossilien zu werden, ist dieses organische Material makellos erhalten geblieben. Wir konnten in diesen Kohlenstoffblasen all jene Bestandteile von Pflanzen nachweisen, die man in einer Sumpflandschaft erwarten würde."
Eine Saat aus dem All?
Die Geologen fanden Lignin, das die Verholzung von Zellen bewirkt. Sie stießen auf Cellulose, einen Bestandteil pflanzlicher Zellwände. Und sie entdeckten auch Aminosäuren, aus denen die Erbsubstanz DNA aufgebaut ist.
"Wir waren total überrascht. Diese organischen Biomarker wurden noch nie bei solchen Einschlägen gefunden, schon gar nicht in Impaktglas. Normalerweise sollte man erwarten, dass organisches Material bei diesen hohen Temperaturen einfach verglüht und vollständig zerstört wird. Das ist aber nicht passiert."
Diese Erkenntnisse liefern den Verfechtern der Panspermietheorie neue Argumente. Sie besagt, dass der Samen des Lebens von Meteoriten aus den Tiefen des Alls auf die Erde gebracht worden sein könnte. Jack Mustard von der geologischen Fakultät der Brown Universität in Providence im US-Bundesstaat Rhode Island hält das prinzipiell für denkbar:
"Der Rover Curiosity hat auf dem Mars Objekte fotografiert, die solchen Kugeln aus Impaktglas ähneln. Sollte es auf dem Mars organisches Material gegeben haben oder noch geben, könnte es ebenfalls in solchen Glaskugeln gefangen und dort konserviert sein. Und warum soll es dann nicht bisweilen vom Planeten fortgetragen werden, zum Beispiel zur Erde? Denkbar wäre das."