Georg Ehring: Die Hochwasserwelle wälzt sich elbe- und donauabwärts. Während in Dresden die Wasserstände bereits sinken, wurde in Magdeburg sogar der Stand von 2002 übertroffen. In Bitterfeld müssen viele Menschen ihre Häuser räumen, Grund ist ein Leck in einem Deich. Beim Deutschen Wetterdienst zieht man bereits Bilanz und traut sich auch schon an die Ursachenforschung. Thomas Deutschländer ist Klimaexperte dort und ihn begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Tag, Herr Deutschländer.
Thomas Deutschländer: Ja hallo! Guten Tag!
Ehring: Herr Deutschländer, warum ist dieses Hochwasser so extrem ausgefallen?
Deutschländer: Aus meteorologischer Sicht ist es besonders extrem ausgefallen, weil wir hatten eine Wetterlage, ein sogenanntes Tief Mitteleuropa, die ohnehin schon relativ selten auftritt, und das ganz besondere an dieser Situation jetzt war, dass wir eine recht stationäre Wetterlage hatten. Das heißt, das Tief war mehr oder weniger ortsfest über mehrere Tage, und somit konnten die Niederschläge immer wieder auf die gleichen Orte fallen. Das heißt, es wurde feuchte Mittelmeerluft auf der Ostseite des Tiefs um Deutschland herumgeführt, und eine nordöstliche Strömung hat dann diese feuchtwarme Meeresluft an die Alpen und auch an den Nordhang der Erzgebirge gedrückt und dadurch kam es zu diesen lang anhaltenden und starken Niederschlägen. Zusätzlich hatten wir auch noch einen sehr nassen Mai. Das heißt, die Böden waren auch im Vorfeld schon recht gesättigt.
Ehring: Es ist viel die Rede heute von Rekordpegelständen. Wie außergewöhnlich ist denn das zweite Jahrhunderthochwasser im 21. Jahrhundert?
Deutschländer: Von den Pegelständen selbst kann ich das nicht einschätzen. Ich kann es nur von der meteorologischen, also von der Niederschlagsseite einschätzen. Wir haben mittlerweile Auswertungen durchgeführt und stellen fest, dass doch weit verbreitet tatsächlich hundertjährige Wiederkehrzeiten, also Ereignisse, die statistisch im Mittel nur einmal alle hundert Jahre auftreten, tatsächlich eingetreten sind. Man muss aber immer dazu sagen: Das ist eine statistische Aussage und es ist auch durchaus vorstellbar, dass so was zweimal in zehn Jahren passiert und dann dafür 200 Jahre nicht wieder. Trotzdem ist es schon sehr ungewöhnlich viel Niederschlag gewesen.
Ehring: Der Klimawandel soll, so heißt es, für mehr und heftigere Unwetter sorgen. Erleben wir gerade die Ersten davon?
Deutschländer: Alleine an einem einzelnen Ereignis kann man das so nicht festmachen. Auch hierfür muss man wieder Statistik betreiben. Das heißt, man braucht langjährige Messreihen, die man dann auswerten muss. Und wir stellen noch nicht konkret, statistisch signifikant, soll das heißen, fest, dass es wirklich zu mehr und zu stärkeren Niederschlägen kommt. Aber die Tendenz geht schon dahin und insofern kann man schon feststellen, es ist schon ein ungewöhnliches Ereignis, was eventuell auch mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen ist.
Ehring: Das heißt, der Trend ist da, aber er ist noch nicht so ausgeprägt, dass man ihn in die Zukunft so einfach fortschreiben könnte?
Deutschländer: Richtig. Dafür brauchen wir dann Klimamodelle und diese Klimamodelle geben uns auch den Hinweis, dass konkret für Deutschland auch damit zu rechnen ist, dass diese Wetterlage, dieses Tief Mitteleuropa, das wir jetzt hatten, bis 2100 eventuell um circa 20 Prozent häufiger eintreten könnte, als es zurzeit der Fall ist. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass wir durch den Klimawandel, sprich durch die Erderwärmung, wahrscheinlich auch mehr Wasserdampf in der Atmosphäre haben werden, dann sind das gute Vorboten dafür, wenn man das als gut bezeichnen möchte, dass solche Ereignisse zukünftig wohl öfter passieren könnten.
Ehring: Sind denn auch noch extremere Ereignisse dann möglich?
Deutschländer: Gerade an der Stelle sind wir jetzt wirklich in dem Bereich, wo die Spitze der Forschung erreicht ist, und insofern kann ich hierzu nicht viel sagen. Aber die Tendenz geht schon auch dahin, dass man befürchten muss, dass es dann vielleicht auch zu noch extremeren Ereignissen kommen kann.
Ehring: Das heißt, wir brauchen aus Klimagründen auch einen stärkeren Hochwasserschutz?
Deutschländer: Ja! Wir sollten hier zumindest davon ausgehen und einplanen, dass so was zukünftig wieder und vielleicht wie gesagt auch schon öfter passieren kann, und ich denke, hier sollte man in den Hochwasserschutz investieren.
Ehring: Das Wochenende bringt unter Umständen neue Niederschläge. Ist vielleicht auch mit einer kürzeren Wiederholung solcher Ereignisse jetzt zu rechnen?
Deutschländer: Nein! Ich denke, dieses Mal wird es so schlimm nicht werden. Wir erwarten Schauer und Gewitter, auch gerade für Ostdeutschland wieder, aber eine dermaßen heftige Situation, wie sie vor knapp einer Woche war, werden wir wohl diesmal nicht erreichen.
Ehring: Muss sich Deutschland im Klimawandel auf mehr Hochwasser einstellen – das waren Einschätzungen von Thomas Deutschländer vom Deutschen Wetterdienst. Herzlichen Dank dafür.
Deutschländer: Danke auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thomas Deutschländer: Ja hallo! Guten Tag!
Ehring: Herr Deutschländer, warum ist dieses Hochwasser so extrem ausgefallen?
Deutschländer: Aus meteorologischer Sicht ist es besonders extrem ausgefallen, weil wir hatten eine Wetterlage, ein sogenanntes Tief Mitteleuropa, die ohnehin schon relativ selten auftritt, und das ganz besondere an dieser Situation jetzt war, dass wir eine recht stationäre Wetterlage hatten. Das heißt, das Tief war mehr oder weniger ortsfest über mehrere Tage, und somit konnten die Niederschläge immer wieder auf die gleichen Orte fallen. Das heißt, es wurde feuchte Mittelmeerluft auf der Ostseite des Tiefs um Deutschland herumgeführt, und eine nordöstliche Strömung hat dann diese feuchtwarme Meeresluft an die Alpen und auch an den Nordhang der Erzgebirge gedrückt und dadurch kam es zu diesen lang anhaltenden und starken Niederschlägen. Zusätzlich hatten wir auch noch einen sehr nassen Mai. Das heißt, die Böden waren auch im Vorfeld schon recht gesättigt.
Ehring: Es ist viel die Rede heute von Rekordpegelständen. Wie außergewöhnlich ist denn das zweite Jahrhunderthochwasser im 21. Jahrhundert?
Deutschländer: Von den Pegelständen selbst kann ich das nicht einschätzen. Ich kann es nur von der meteorologischen, also von der Niederschlagsseite einschätzen. Wir haben mittlerweile Auswertungen durchgeführt und stellen fest, dass doch weit verbreitet tatsächlich hundertjährige Wiederkehrzeiten, also Ereignisse, die statistisch im Mittel nur einmal alle hundert Jahre auftreten, tatsächlich eingetreten sind. Man muss aber immer dazu sagen: Das ist eine statistische Aussage und es ist auch durchaus vorstellbar, dass so was zweimal in zehn Jahren passiert und dann dafür 200 Jahre nicht wieder. Trotzdem ist es schon sehr ungewöhnlich viel Niederschlag gewesen.
Ehring: Der Klimawandel soll, so heißt es, für mehr und heftigere Unwetter sorgen. Erleben wir gerade die Ersten davon?
Deutschländer: Alleine an einem einzelnen Ereignis kann man das so nicht festmachen. Auch hierfür muss man wieder Statistik betreiben. Das heißt, man braucht langjährige Messreihen, die man dann auswerten muss. Und wir stellen noch nicht konkret, statistisch signifikant, soll das heißen, fest, dass es wirklich zu mehr und zu stärkeren Niederschlägen kommt. Aber die Tendenz geht schon dahin und insofern kann man schon feststellen, es ist schon ein ungewöhnliches Ereignis, was eventuell auch mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen ist.
Ehring: Das heißt, der Trend ist da, aber er ist noch nicht so ausgeprägt, dass man ihn in die Zukunft so einfach fortschreiben könnte?
Deutschländer: Richtig. Dafür brauchen wir dann Klimamodelle und diese Klimamodelle geben uns auch den Hinweis, dass konkret für Deutschland auch damit zu rechnen ist, dass diese Wetterlage, dieses Tief Mitteleuropa, das wir jetzt hatten, bis 2100 eventuell um circa 20 Prozent häufiger eintreten könnte, als es zurzeit der Fall ist. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass wir durch den Klimawandel, sprich durch die Erderwärmung, wahrscheinlich auch mehr Wasserdampf in der Atmosphäre haben werden, dann sind das gute Vorboten dafür, wenn man das als gut bezeichnen möchte, dass solche Ereignisse zukünftig wohl öfter passieren könnten.
Ehring: Sind denn auch noch extremere Ereignisse dann möglich?
Deutschländer: Gerade an der Stelle sind wir jetzt wirklich in dem Bereich, wo die Spitze der Forschung erreicht ist, und insofern kann ich hierzu nicht viel sagen. Aber die Tendenz geht schon auch dahin, dass man befürchten muss, dass es dann vielleicht auch zu noch extremeren Ereignissen kommen kann.
Ehring: Das heißt, wir brauchen aus Klimagründen auch einen stärkeren Hochwasserschutz?
Deutschländer: Ja! Wir sollten hier zumindest davon ausgehen und einplanen, dass so was zukünftig wieder und vielleicht wie gesagt auch schon öfter passieren kann, und ich denke, hier sollte man in den Hochwasserschutz investieren.
Ehring: Das Wochenende bringt unter Umständen neue Niederschläge. Ist vielleicht auch mit einer kürzeren Wiederholung solcher Ereignisse jetzt zu rechnen?
Deutschländer: Nein! Ich denke, dieses Mal wird es so schlimm nicht werden. Wir erwarten Schauer und Gewitter, auch gerade für Ostdeutschland wieder, aber eine dermaßen heftige Situation, wie sie vor knapp einer Woche war, werden wir wohl diesmal nicht erreichen.
Ehring: Muss sich Deutschland im Klimawandel auf mehr Hochwasser einstellen – das waren Einschätzungen von Thomas Deutschländer vom Deutschen Wetterdienst. Herzlichen Dank dafür.
Deutschländer: Danke auch!
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