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Neuer Eumetsat-Wettersatellit
Gewitter lassen sich künftig genauer vorhersagen

Das Wetterbild in der Tagesschau liefern Satelliten, deren Kameras ständig auf Europa gerichtet sind. Ihr Name: Meteosat. Jetzt wird ein neuer Meteosat in die Umlaufbahn geschossen. Er soll besonders die Vorhersage von Gewittern verbessern.

Von Karl Urban | 13.12.2022
Längerfristige Wettervorhersagen sollen durch die neuen Satelliten genauer werden. Im Bild: Eumetsat-Kontrollraum für den niedrigen Orbit. Die Eumentsat ist eine zwischenstaatliche Organisation und betreibt die Wettersatelliten.
Längerfristige Wettervorhersagen sollen durch die neuen Satelliten genauer werden. Im Bild: Eumetsat-Kontrollraum für den niedrigen Orbit. (picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow)
Es schwingt ein gewisser Stolz mit, wenn Alexander Schmid von Eumetsat über Europas neuen Wettersatelliten spricht: „Also technologisch werden wir mit dem Flexible Combined Imager, unserem bildgebenden Instrument, zu den Amerikanern und den Japanern aufschließen.“

Alle zehn Minuten ein Bild der gesamten Hemisphäre

Es geht um Meteosat der dritten Generation: der erste von sechs neuen Satelliten für die geostationäre Umlaufbahn. In den kommenden Jahren sollen sie die dort kreisenden waschtrommelförmigen Meteosats der zweiten Generation ersetzen. Auch die neuen Satelliten werden das Wetterbild der Tagesschau liefern. Aber sie können mehr: Da sie nicht mehr um ihre eigene Achse kreisen, sondern starr auf die Erde gerichtet sind, können sie nun alle zehn statt vorher aller 15 Minuten ein Bild der gesamten Hemisphäre übertragen. Die übertragene Datenmenge soll sogar 50 Mal höher liegen als bisher. Auf verschiedenen spektralen Kanälen können Kameras an Bord Waldbrände oder hochfliegende Zirruswolken erkennen. Ein eigens entwickeltes Instrument kümmert sich um die Erkennung von Blitzen.
„Das ist ein sehr interessantes Instrument, weil es zeigt den Meteorologen, wo sich aktuell eine sehr aktive Zelle in einem Gewitter befindet. Und über einen gewissen Zeitverlauf der Bilder mit den Blitzen kann er dann auch die Zugrichtung der Gewitter sehr genau erkennen.“
Den Meteorologen erleichtert diese neue Entwicklung ihre Arbeit. „Die Schwierigkeit liegt bei Gewittern, weil die sich sehr schnell entwickeln. So ein großes Modell, das muss erst mal eine Stunde rechnen und macht das auch nur alle sechs Stunden, weil die Berechnung so aufwendig ist.“

Vorhersage innerhalb von Minuten

Gerrit Holl arbeitet beim Deutschen Wetterdienst an der Entwicklung neuer Verfahren. Der Lightning Imager, also die Blitzkamera an Bord des neuen Meteosats, soll in einem Bereich der Wettervorhersage eingesetzt werden, den Meteorologen als Nowcasting bezeichnen: die Vorhersage von Ereignissen des Wettergeschehens, die sich extrem schnell entwickeln.
„Wenn Sie eine Gewitterwolke sehen, die sich schnell entwickelt, dann ahnen Sie bereits, in 20 Minuten geht es los. Und genau bei solchen Kurzfristvorhersagen helfen gesonderte Verfahren, die sehr schnell die Satellitendaten auswerten können und dann alle zehn Minuten oder künftig auch alle zweieinhalb Minuten, wenn der dritte Satellit fliegt, innerhalb von einer Minute eine Vorhersage zu haben für, sagen wir mal, eine bis zwei Stunden im Voraus.“
Auch längerfristige Wettervorhersagen sollen durch die neuen Satelliten genauer werden: Schon heute stammen laut Gerrit Holl 85 Prozent der Daten, die in Wettermodelle einfließen, von Satelliten. Mit Meteosat der dritten Generation sollen Fehler früherer Modellrechnungen noch besser erkannt und in zukünftigen Berechnungen berücksichtigt werden – jedenfalls wenn alles klappt.
„Auch wenn der Satellit demnächst gestartet wird, heißt das nicht, dass wir morgen Daten haben und übermorgen eine bessere Vorhersage. Es ist ein sehr komplexer Satellit mit neuen Messverfahren und einer neuen Art von Stabilisierung und es wird seitens des Betreibers erst mal viele Monate oder bis zu einem Jahr dauern, bevor der Satellit operationell ist, das heißt, immer verlässlich Daten liefert.“

Satelliten-Flotte soll weiter wachsen

Die neue Satelliten-Flotte soll weiter wachsen: Insgesamt vier baugleiche Satelliten sind geplant. Dazu sollen zwei neuartige Sounding-Satelliten starten, die auch Wasserdampf, Spurengase oder Vulkanasche vermessen können. All diese Geschwistersatelliten können aber nicht mehr mit der Ariane 5 starten, die ein Auslaufmodell ist. Die Satellitenbetreiber Eumetsat wartet auf die neue Ariane 6, deren Jungfernflug auf Ende 2023 verschoben wurde. Bis Europas neue Wettersatelliten allesamt im geostationären Erdorbit Stellung bezogen haben, wird es also noch etwas dauern.