Es blubbert auf dem sonst stillen Stausee Olsberg bei Paderborn. Wenn Laura Bolsenkötter, Ingenieurin des Forschungsprojekts, mit einem Stock den Boden des Sees aufwühlt, steigen golfballgroße Blasen auf.
"Wenn man da auch zum Beispiel an den Anleger geht, dann fängt das richtig an zu blubbern. Wie im Whirlpool. Wir haben halt Proben genommen und haben das Gas auch analysiert, und bei den Gasblasen war hier jetzt 50 Prozent Methan drin."
Und das steigt von der Seeoberfläche in den Himmel und wird so zum Klimaproblem.
"Methan hat einen 28-mal höheren Treibhauseffekt als Kohlendioxid und damit ist es entsprechend auch klimaschädlicher als CO2. Und Stauseen haben jetzt bei diesen vom Menschen verursachten Methanemissionen einen geringen Stellenwert, aber wenn man was macht und auch dagegen was tun kann, dann ist das natürlich positiv."
Zwar setzen große Viehzuchtanlagen und Kohlebergbau und -kraftwerke viel mehr Methan frei. Doch auch der Stausee Olsberg schadet dem Klima.
Stauseen produzieren beträchliche Mengen Methan
Seine in einem Jahr über Methanblasen freigesetzten Treibhausgase entsprechen denen, die ein PKW auf einer Millionen Fahrkilometern ausstößt.
Zusätzlich steigen große Mengen des klimaschädlichen Gases direkt von der Seeoberfläche und an der Wehranlage in die Atmosphäre. Die meisten Stauseen sind zudem größer und produzieren daher noch mehr Methan.
Um das zu ändern, testen Forschende der Technischen Hochschule Köln in Kooperation mit der DB Sediments GmbH einen schwimmenden Prototypen, der Methan aus dem See saugt.
In einem kleinen Motorboot fahren Laura Bolsenkötter und ihre Kollegen zu der Saugplattform auf dem Stausee.
"Sobald wir Sediment bewegen, wird Gas freigesetzt, und das steigt dann in Form von Blasen auf. Und bei der Sedimentbewegung fangen wir das Gas auf, also das Methangas. Mit dem Prototypen hier am Beispiel des Olsberger Stausees wollen wir an verschiedenen Punkten auch wirklich nochmal Gasproben nehmen, schauen, wie viel kommt da raus, was ist da genau drin und wie viel kann man quasi ernten."
"Sobald wir Sediment bewegen, wird Gas freigesetzt, und das steigt dann in Form von Blasen auf. Und bei der Sedimentbewegung fangen wir das Gas auf, also das Methangas. Mit dem Prototypen hier am Beispiel des Olsberger Stausees wollen wir an verschiedenen Punkten auch wirklich nochmal Gasproben nehmen, schauen, wie viel kommt da raus, was ist da genau drin und wie viel kann man quasi ernten."
Berechnungen zufolge könnte der Prototyp bei einer Fahrt über den Stausee knapp 70 Kilogramm Methan ernten. Damit baut er an einem Tag so viel Treibhausgas ab, wie ein Auto auf 13.000 gefahren Kilometern ausstößt.
Schwimmender Hochdruckreiniger für Stauseen
Ein drei Meter hohes Stahlgerüst umzäunt die schwimmende Plattform. Links stehen Generatoren und Schaltkästen – rechts Laptops, Schläuche und Messgeräte.
An der Vorderseite der Plattform hängt ein grauer Kasten an einer Seilwinde.
Das ist die Saugpumpe erklärt Yannick Dürcks, der Ingenieur und Leiter des Experiments. Sie saugt Wasser, Pflanzenreste und das Methan vom Grund des Sees ein:
"Auf der unteren linken Seite siehst du drei Hochdrückdüsen, die kurz über dem Sediment angebracht sind. Die lösen das Sediment und Methan, und auf der gegenüberliegenden Seite ist dann eine Ansaugvorrichtung, die dann das Sedimentwassergemisch mit dem Methan aufsaugt und in den weiteren Förderstrang reintransportiert."
Dort treibt ein Hochdruckstrahl das Methan aus dem Wasser. Die Saugpumpe und alle anderen Gerätschaften auf dem Schiff hat das Team der Technischen Hochschule selbst entworfen und gebaut.
Jetzt sollen sie das Methan aus dem Stausee ernten.
Die Seilwinde lässt den Methansauger ins trübe Wasser gleiten. Die Forschenden können ihn über Unterwasserkameras beobachten.
"Hier sieht man unter Wasser die Ansaugvorrichtung, die das Sediment löst und aufnimmt, und hier auf dem rechten Bild sehen wir, ob Methanblasen aufsteigen und sich in einem Trichter oberhalb der Ansaugvorrichtung sammeln und dann aufgesaugt werden können. Damit man auch unter Wasser einen Eindruck davon hat, was da vor sich geht."
Am Grund des Sees wühlt sich der Saugkopf durch das Sediment - eine Mischung aus Schlamm und organischen Tier- und Pflanzenresten.
Während Bakterien sie zersetzen, entsteht das klimaschädliche Methan, erklärt Laura Bolsenkötter.
"Bei neuen Stauseen, wenn die eingestaut werden, wenn da noch viel Biomasse wirklich auf den überfluteten Fläche ist, dann trägt die halt zum großen Teil dazu bei, dass es Methanproduktionen gibt. Und umso älter der Stausee wird, umso mehr liegt es dann an der frisch eingetragen Biomasse die dann zu den Emissionen beiträgt."
Landwirtschaft und Tourismus erhöhen durch Düngung und Abfälle die Biomasse in die Stauseen.
Wie viel Methan die Bakterien dann letztendlich produzieren, hängt zudem von der Wassertemperatur und der Sonneneinstrahlung ab. Denn die fördert das Algenwachstum. Heiße Tage wie heute kurbeln die Methanproduktion also langfristig an.
Kölner Forschende mit Optimismus und Improvisationstalent
Um sich vor der Sonne zu schützen, haben die Forschenden eine blaue Gummiplane über das Seelabor gespannt. Doch die wird der Crew wenig später fast zum Verhängnis.
Ein Windstoß hat die Plane erfasst und sie wie ein Segel aufgeblasen. Das Schiff liegt bedrohlich schief im Wasser.
Yannick Dürcks und Laura Bolsenkötter hängen sich an der gegenüberliegenden Seite an die Außenreling, um zu verhindern, dass die Plattform kentert.
"Das kann auch passieren. Fast kentern und ins Wasser fallen. Bisher ist alles gut gegangen. Wird auch immer alles gut gehen."
Neben Optimismus ist jetzt Improvisationstalent gefragt. Das Team klettert an der Außenseite des Bootes umher, spannt die Plane ab und befüllt Kanister um ein Gegengewicht zu erzeugen.
Doch dann erzwingt ein Gewitter hinter dem Olsberg den Abbruch der Arbeit. Yannick Dürcks ist unzufrieden, auch weil nicht alles funktioniert hat, wie erhofft:
"Das Problem war, dass wir das Gas vom Wassersedimentgemisch nicht trennen konnten, darum mussten wir die Messung abbrechen. Hinzu kommt das schlechte Wetter, das uns einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Der Plan ist jetzt, uns vor dem aufkommenden Wind und Gewitter zu schützen. Das heißt wir werden die Arbeitsplattform ans Ufer bringen, dort verstauen, alle Messgeräte sicherstellen und hoffen, dass morgen das Wetter besser wird und wir eine erneute Messung durchführen können."
Weil das Gewitter schnell vorbeizieht, können die Forschenden aber bereits am späten Nachmittag weitermachen.
Doch auch diesmal arbeiten die Maschinen nicht wie gewünscht. Trotzdem verliert keiner der Forschenden so schnell den Mut.
In der untergehenden Sonne überlegen sie, wie sie das Problem mit der Pumpe in den Griff bekommen können.
Und dann heißt es wie so oft in der Forschung: Ausprobieren, um eine Lösung zu finden - zunächst für die Saugpumpe und künftig hoffentlich mal für das Methanproblem der Stauseen.