Ein walnussgrosser Diamant funkelt wie ein Nachthimmel voller Sterne. Meterlange Zeltplanen aus Baumwolle zeigen fein gewobene Flora, Fauna und Menschen in satten Farben beim süssen Nichtstun. Eine Wasserpfeife mit Intarsien aus Gold und Silber ist zu schön, um je benutzt worden zu sein, und auch ein rubinbesetzter Dolch diente wohl eher als Schmuck denn als Waffe. Diese Schätze stammen aus dem Tafelland des Dekkan im Süden Indiens, wo in fünf Sultanaten während des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts ein einzigartige indo-islamische Hochkultur blühte.
"Der Dekkan hatte unter den muslimischen Herrschern des 16. und 17. Jahrhunderts enge Verbindungen zum Ausland - zu Iran, Zentralasien, Afrika und Europa. Diese Einflüsse manifestierten sich in allen Künsten. Dennoch bewahrte die starke höfische Kultur einen Charakter, der die spirituellen und kulturellen Traditionen des Dekkan widerspiegelte."
Für die Ausstellung im Metropolitan Museum hat Navina Haidar über 200 Objekte versammelt und damit eine der bisher umfassendsten Schauen über den Dekkan jener Epoche kuratiert.
Gegend für Luxusgüter berühmt
Die Region südlich der Indus-Ganges-Ebene war für ihre Luxusgüter berühmt und exportierte sie in die ganze Welt. Teppiche aus diesem Gebiet sind auf Intérieurs von Vermeer zu sehen und seine Diamanten am Hals mancher porträtierten Aristokratin. Doch als höchste aller islamischen Künste galt die Malerei. Dabei handelte es sich nicht wie im Westen um Gemälde, die an die Wand gehängt wurden, sondern um Illustrationen in Büchern und Alben, mit denen Potentaten ihre Bibliotheken bestückten.
Die Sultane des Dekkan liebten Texte aller Sprachen und Gattungen. Sie liessen Sufi-Romanzen ebenso üppig verzieren wie persische Märchen und dravidische Lyrik und natürlich das Buch aller Bücher, den Koran.
"Die Künstler des Dekkan pflegten einen fantastischen Stil, der sich vom Naturalismus der Mogul-Tradition im Norden unterschied. Sie arbeiteten intuitiver und verfügten über eine ganz bestimmte Farbpalette, die reich an Gold, Blaugrün und Violett war. Dazu kommt die bewegte Linienführung, die sehr typisch für die Malerei des Dekkan ist."
Feine Miniaturen
Es gibt Szenen von Schlachten und Lustbarkeiten, Ornamente und Formen mit Marmoreffekt. Der Kosmopolitismus des Dekkan ist besonders in den Figuren zu erkennen. Ein Blatt stellt ein Treffen dänischer Diplomaten mit örtlichen Machthabern dar, einschliesslich der Landesfahnen. Anderswo verpflegen Jungfrauen mit asiatischen Gesichtszügen schwarze Kaufleute. Diese Miniaturen sind so fein gepinselt und die Farben so sorgfältig aufgetragen, dass man sich Lupen statt Augen wünscht, um auch wirklich jedes Detail zu erfassen.
Die Ausstellung im Metropolitan Museum bietet einen Einblick in eine Kultur, die gerade durch ihre Offenheit eine ganz und gar eigene Pracht entwickelte. So erweitert man beim Bestaunen dieser Preziosen den eigenen Horizont durch den weiten Horizont anderer.