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Mexiko
Kirche wegen Erdbeben gesperrt

Ende September bebte die Erde in Mexiko. Hunderte Menschen starben, und den beschädigten Gebäuden waren auch Kirchen und Kapellen. Nun fallen Gottesdienste aus in dem Land, in dem sie traditionell gut besucht sind. Und auch die Kollekte wird schmerzlich vermisst.

Von Ina Rottscheidt |
    Ein Blick ins innere der erdbebengeschädigten Kathedrale von San Cristóbal de las Casas. Ein Absperrband mit der Aufschrift Peligro (Gefahr) hängt im Vordergrund
    In der Kathedrale von San Cristóbal de las Casas sind die Schäden des Erdbebens deutlich zu erkennen (Deutschlandradio / Ina Rottscheidt)
    Mit einer Seilwinde lassen Bauarbeiter von einem Gerüst Eimer zu Boden, die bis zum Rand mit Betonbrocken gefüllt sind. Über ihnen im Dachstuhl klafft ein metergroßes Loch. Holzbalken ragen wie abgebrochene Streichhölzer heraus.
    Padre Gonzalo Ituarte führt durch die Kathedrale von San Cristóbal de las Casas, einer Stadt im Süden Mexikos. Immer wieder fallen krachend Teile der Innenfassade zu Boden, der Putz bröckelt. Der Padre deutet nach oben, dahin, wo einst die Orgelempore war:
    "Die ganze Innenfassade ist eingefallen: Da oben stand eine alte Holzorgel, sie wurde zwar nicht mehr benutzt, aber sie war sehr alt, aus dem 16. Jahrhundert. Sie wurde vollkommen zerstört. Und da, diese Säulen müssen jetzt gestützt werden, weil sie einsturzgefährdet sind. Das alles wieder aufzubauen, ist sehr aufwändig."
    "Es ist ein Drama für die Diözese"
    Das schwere Erdbeben vor zwei Monaten hat dem massiven Bau aus der Kolonialzeit erheblich zugesetzt. Überall sind nun rote Absperrbänder mit der Aufschrift: "Peligro" - "Gefahr" - gespannt. Auch der Glockenturm und das Archiv mit zahlreichen historischen Dokumenten mussten gesperrt werden.
    "Es ist wirklich ein Drama für die Diözese, aber Gott sei Dank kamen bei dem Erdbeben hier nicht so viele Menschen um. In anderen Bundesstaaten war das viel schlimmer. Aber für uns ist das ein Problem, dass so viele Kirchen jetzt zu sind."
    Gottesdienste finden nun im Freien statt oder wurden ausgelagert auf andere Kirchen, Kapellen und Gemeinderäume. Aber das sei noch das geringste Problem, sagt der Padre:
    "Hier sind die Kirchen immer voll, das müssen wir jetzt irgendwie umorganisieren. Aber auch viele Bildungs- oder Sozialprojekte können wir jetzt nicht durchführen, weil wir einfach keine Räume mehr haben. Und natürlich gehen unsere Einnahmen dramatisch zurück, denn jetzt bleibt die Kollekte aus und wir bekommen kein Geld mehr, beispielsweise für Taufen oder Hochzeiten. Wir leben von den Spenden und die sind bereits um 40 Prozent zurückgegangen."
    Auch Weltkulturerbestätten sind zerstört
    So wie der Gemeinde in San Cristóbal de las Casas ergeht es vielen im Land. Mehrfach bebte die Erde in diesem Herbst in Mexiko. Die verheerendsten Folgen hatte das am 19. September nahe der Hauptstadt. Über 360 Menschen kamen dabei um, zahlreiche Gebäude stürzten ein oder wurden schwer beschädigt. Darunter auch über 1600 Kathedralen, Klöster, Kapellen, Seminare, Gemeinderäume und Bildungseinrichtungen, das hat die mexikanische Bischofskonferenz jetzt bekannt gegeben. Ein unbezifferbarer Schaden, sagt Generalsekretär Monsignore Alfonso Gerardo Miranda Guardiola:
    "In Mexiko-Stadt und in Puebla wurden mehrere Klöster und Tempel zerstört, die auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes stehen. Historische Klöster aus dem 16. Jahrhundert zum Beispiel und jahrhundertealte Archive. Das ist wirklich ein schwerer Schlag für uns und wir werden noch lange mit dem Wiederaufbau beschäftigt sein."
    Die Mexikaner rücken zusammen
    Dafür zuständig ist das Nationale Institut für Anthropologie und Geschichte INAH, denn die Kirchengebäude in Mexiko sind Staatseigentum. Doch dass das schnell gehen wird, damit rechnet derzeit kaum jemand. Erste Kritik wird laut, dass die Hilfe für die Erdbebenopfer zu schwerfällig und zu ineffizient sei. Vor allem die südlichen Bundesstaaten drohten, vergessen zu werden, sagt Padre Rogelio Narváez Martínez, Direktor der Caritas Mexiko:
    "Die Menschen in Oaxaca und Chiapas haben ihre Existenzgrundlagen verloren. Mühlen wurden zerstört, Fischerboote, Öfen, Wasserspeicher, alles, was die Menschen zum täglichen Leben brauchen. Der Süden ist extrem arm. Darum waren die Auswirkungen des Bebens dort auch so verheerend. Wir als Caritas wollen diese Menschen nun wieder in Arbeit bringen."
    Nach dem Beben war die internationale Unterstützung groß: Die mexikanische Kirche erhielt Hilfe, beispielsweise von der spanischen und der polnischen Bischofskonferenz, aber auch von US-Diözesen, vom Papst und dem deutschen Hilfswerk Adveniat. Und die Mexikaner selbst - sie rückten zusammen. Das macht Alfonso Miranda von der Bischofskonferenz fast ein bisschen stolz:
    "Viele waren auf den Straßen und haben geholfen, Trümmer wegzuräumen, nach Überlebenden zu suchen; sie haben ihre Wohnungen als Notunterkünfte angeboten. Das war wirklich beeindruckend, der Zusammenhalt angesichts dieser Tragödie. Aber wir Mexikaner müssen weiterhin zusammenhalten und uns anstrengen. Noch eine lange Zeit."