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Mexikos Wirtschaft
Schreckgespenst Trump

Nirgends könnte das Entsetzen über den Wahlsieg von Donald Trump größer sein als in Mexiko: Der südliche Nachbar der USA musste sich monatelang Beleidigungen und Drohungen anhören. Besonders schlimm wirkte sich die Ankündigung des künftigen US-Präsidenten aus, den Freihandel zu kündigen. Experten bezweifeln, dass es in Trumps Sinne sein kann, die mexikanische Wirtschaft abzuwürgen.

Von Anne-Katrin Mellmann |
    Blick über Mexiko-Stadt
    Blick über Mexiko-Stadt (imago stock&people)
    Der mexikanische Peso spiegelt die Stimmung am eindrucksvollsten: Seit der Wahlnacht im Nachbarland ist er auf Talfahrt. Noch nie mussten die Mexikaner für einen US-Dollar so viele Pesos auf den Tisch legen. Das macht das Leben teurer, klagen eine Angestellte und eine Hausfrau in Mexiko-Stadt:
    "Die Grundnahrungsmittel werden teurer, weil der Peso schwächer wird, aber mein Lohn bleibt der gleiche. Der Benzinpreis ist gestiegen, auch der Preis für den öffentlichen Transport und so wichtige Dinge wie Medikamente. Unser Leben ist bald nicht mehr zu bezahlen."
    "Wir Hausfrauen leiden am meisten, das Geld reicht einfach nicht aus. Wir können immer weniger Tomaten, Zwiebeln oder Chilis auf den Tisch bringen, Fleisch schon gar nicht. Alles ist teurer geworden."
    Die Unsicherheit schwächt den Peso und macht Investoren nervös
    Schon in den Monaten des Wahlkampfs reagierte die mexikanische Währung empfindlich auf jede neue Umfrage: je höher die Werte für Trump, umso schwächer der Peso. Grund sind die Drohungen des Republikaners, er wolle aus NAFTA aussteigen – das ist die nordamerikanische Freihandelszone, die zwischen den USA, Mexiko und Kanada seit Mitte der 1990er-Jahre besteht. Die Kündigung wäre wie ein Hurrikan der Stärke fünf, so der Chef der mexikanischen Zentralbank Agustin Carstens.
    "Das wäre das Extremste, was er tun könnte. Wir wissen aber überhaupt noch nicht, ob er wirklich ernst macht."
    Die Unsicherheit darüber schwächt den Peso und macht Investoren nervös. Deshalb versuchte der Finanzminister Mexikos Jose Antonio Meade, schon wenige Stunden nach Donald Trumps Wahlsieg zu beruhigen.
    "Das Wahlergebnis hat keine sofortigen negativen Auswirkung auf den Handel, Finanzströme oder Reisemöglichkeiten zwischen beiden Ländern. Unsere Wirtschaft, öffentliche Finanzen und Institutionen sind stabil. Das hilft uns zu reagieren. Mexiko ist stark genug, um der neuen Situation zu begegnen."
    Mexikos Abhängigkeit von den USA groß
    Das Schreckgespenst eines gekündigten Freihandels geht um. Wegen dieses Freihandels ist Mexikos Abhängigkeit von den USA groß: 80 Prozent der Exporte gehen nach Norden. Viele Industrien haben sich wegen NAFTA in Mexiko angesiedelt – ganz vorne: die großen Automobilhersteller der Welt, darunter auch Deutsche wie VW und BMW.
    Viele US-Unternehmen produzieren in Mexiko. Auch sie profitieren von den niedrigeren Löhnen in dem Schwellenland. Zuletzt kündigte Autohersteller Ford an, einen Teil seiner Produktion nach Mexiko zu verlegen. Für Donald Trump war das Wasser auf die Wahlkampf-Mühlen. NAFTA sei ein schlechter Deal, wetterte er immer wieder. Der mexikanische Ökonom Luis de la Calle sieht das anders. Er war bei den Vertragsverhandlungen dabei:
    "Für die USA wäre es völlig unvernünftig, aus NAFTA auszusteigen. Genauso sinnlos wäre eine Neuverhandlung. Das Freihandelsabkommen nützt den USA. Die 20 Kapitel des Vertrags spiegeln vor allem ihre Interessen wider. Mexiko ist der zweitgrößte Markt für US-Exporte und wird in einigen Jahren Kanada überholt haben und an erster Stelle stehen. Mexiko importiert fast genauso viel aus den USA wie die Europäische Union. Die Industrieproduktion der drei Partner Kanada, USA und Mexiko ist eng verkettet. Deshalb wäre Nordamerika nicht mehr konkurrenzfähig, wenn einer der drei aussteigt."
    15 Prozent der US-Exporte gehen heute schon nach Mexiko. Sechs Millionen Jobs in den USA hängen an diesem Handel. Kein Land investiert so viel in Mexiko wie die USA. Auch deshalb ist schwer vorstellbar, dass Donald Trump seine Drohungen wahr macht. Die Wirtschaft des südlichen Nachbarn abzuwürgen, kann kaum im US-amerikanischen Interesse sein: Denn je stabiler sie ist und je mehr Jobs sie schafft, umso weniger Menschen werden sich auf den Weg nach Norden machen, um dort ihr Glück zu suchen. Zwischen Wahlversprechen und Realpolitik besteht immer eine Kluft. Möge sie groß sein, hofft Mexiko.