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Michael Roth und Christina Kampmann
Ein SPD-Duo will an die Spitze

Wer übernimmt im Herbst den SPD-Vorsitz? Als Erstes aus der Deckung traut sich das Duo Roth und Kampmann - als mögliche Doppelspitze will es die SPD als neue linke Volkspartei positionieren, nicht nur als Reparaturbetrieb. Wer sind die Ex-Landesministerin und der Staatsminister?

Von Theo Geers |
Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, und Christina Kampmann (SPD), Landtagsabgeordnete in NRW, die gemeinsam für den SPD-Parteivorsitz kandidieren.
Christina Kampmann und Michael Roth bei der Bekanntgabe ihrer Bewerbung als Kandidaten für den SPD-Vorsitz in einem Berliner Straßencafé (Thomas Imo/photothek/picture alliance)
Christina Kampmann und Michel Roth trauen sich, und sie trauen sich etwas zu. Es beginnt schon mit der Lösung des Problems, wie Politiker, die nicht in der ersten Reihe stehen, ihre Kandidatur um die Doppelspitze bei der SPD in die Welt setzen. Und das auch noch im Windschatten anderer Personalentscheidungen wie der in Brüssel.
Der Ort – ein Straßencafé in Berlin. Dort geben die beiden, traulich Seit' an Seit', im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ihre Bewerbung bekannt.
"Wir wollen das mutig tun, wir freuen uns sehr auf diesen Prozess, wir wollen dass die SPD wieder zu ihrem Markenkern zurückfindet, zu mehr Gerechtigkeit", sagt Christina Kampmann.
Michael Roth ergänzt: "Ich hoffe doch, dass wir eine gewisse Fröhlichkeit und Optimismus ausstrahlen und deutlich machen, dass die SPD auch wieder selbstbewusst mit sich selber umgeht, und dass sie sich nicht nur als professioneller Reparaturbetrieb versteht."
Die Ex-Landesministerin und der Staatsminister
Nach vielen Absagen und dem anhaltenden Zaudern und Zögern anderer potenzieller Kandidaten sind Christina Kampmann und Michael Roth bewusst vorgeprescht. Sie wollten die Ersten sein, die als Team mutig ihren Hut in den Ring werfen.
Christina Kampmann (38) ist nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete, war von 2015 bis 2017 Familienministerin in ihrem Bundesland, davor saß sie zwei Jahre im Bundestag. Aus dieser Zeit kennen sich die beiden.
Michael Roth (48) kommt aus Hessen, ist seit 1998 Abgeordneter und seit sechs Jahren Staatsminister im Auswärtigen Amt; sein Schwerpunkt ist die Europapolitik.
Roth hat vor wenigen Wochen zum Telefon gegriffen und Kampmann gefragt, ob sie nicht gemeinsam antreten wollten, um die in einer tiefen Krise steckende SPD für Wähler wieder attraktiver zu machen.
Sicherheit als "Zukunftsversprechen"
Mindestlohn, Grundrente – mit solchen Themen werde die SPD nur als Reparaturbetrieb wahrgenommen, das soll sich ändern, so Christina Kampmann gegenüber dem Deutschlandfunk:
"Dabei haben wir zu oft die großen Fragen vergessen und zu viel an kleinen Stellen versucht zu reparieren. Wir glauben aber, dass es nicht reicht, nur einzelne Spiegelstrichmaßnahmen umzusetzen."
Deutlich wird: Kampmann und Roth wollen mehr als nur einen Koalitionsvertrag punkt- und kommagetrau abzuarbeiten.
"Digitalisierung, Klimawandel, Globalisierung – das wollen wir wieder groß diskutieren, und wir möchten den Menschen ein Zukunftsversprechen geben, dass sie Sicherheit in diesen Fragen erleben."
SPD neu positionieren als linke Volkspartei
Die Themen Umwelt und Soziales wieder zusammen bringen will auch Michael Roth. In seiner Analyse droht die SPD die junge Wählerschaft zu verlieren, das aber dürfe nicht passieren. Roth will zudem sein Herzensanliegen Europa nach vorn bringen, beide Kandidaten wollen zudem die SPD auch als linke Volkspartei neu positionieren.
Wenn die CDU sich etwa mit Schwarz-Grün anfreunde, müsse die SPD sich auch trauen, offener zu werden für Bündnisse wie in Bremen, das demnächst von einem rot-grün-roten Bündnis regiert wird.