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Microsoft kauft Nokias Handysparte

Die Zusammenarbeit mit Microsoft war zu wenig, um den finnischen Handyhersteller Nokia - einst der größte der Welt - zu retten. Nun übernimmt der Softwarekonzern die Finnen komplett. Damit beschreitet Microsoft einen ähnlichen Weg wie Apple oder Google - doch ob das noch rechtzeitig kommt, ist fraglich.

Von Brigitte Scholtes |
    "Lumia means light. It will be a new dawn for Nokia. Lumia is the first real Windows Phone."

    So kündigte Nokia-Chef Stephen Elop vor knapp zwei Jahren das Smartphone Lumia an – als Licht, als neuer Tag für Nokia – und als das erste echte Windows Smartphone.

    Ein neuer Tag für Nokia ist es also nicht geworden, der Marktwert des finnischen Handyherstellers lag beim Amtsantritt des Kanadiers 2010 noch bei 33 Milliarden Dollar, jetzt zahlt Microsoft nur noch gut sieben Milliarden Dollar, also gut 5,4 Milliarden Euro.

    Die Zusammenarbeit mit Microsoft hat den einst weltgrößten Handyhersteller damit nicht retten können, nun hilft nur noch die Übernahme. Microsoft beschreitet damit den gleichen Weg wie Apple oder Google: Software und Hardware sollen künftig aus einer Hand kommen. An der Software, am Betriebssystem Windows 8, soll es nicht scheitern, meint Ossi Urchs, IT-Berater und Medien-Unternehmer:

    "Das was ein bisschen das Problem ist, ist, dass die Wettbewerber die Integration von Hardware und Software schon längst hinter sich haben. D.h. ich kann bei einem iPhone immer davon ausgehen, dass Apple weiß, wie das funktioniert, und dass da auch die kleinsten Macken längst abgefeilt sind, und das war eben bei Microsoft noch nicht der Fall. Das muss man jetzt nachholen, ob das gelingen wird, ist eine andere Frage."

    Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll das Geschäft abgeschlossen werden. Dann wechseln 32.000 Mitarbeiter von Nokia zu Microsoft. Nokia selbst wird sich dann vor allem dem Netzwerkgeschäft und den Kartendiensten widmen. Das Netzwerkgeschäft hatte es erst kürzlich vom einstigen Joint-Venture-Partner Siemens vollständig übernommen.

    Nicht nur die Finnen hatten sich zu spät auf das Zeitalter von Smartphone und Tablets eingestellt. Auch das Geschäftsmodell von Microsoft geriet damit ins Wanken, weil auf diesen neuen Geräten andere Betriebssysteme gefragt sind als Windows und Office. Nun will Microsoft-Chef Steve Balmer den Konzern offenbar mit Macht auf die Zukunft ausrichten.

    Als Vermächtnis wohl, denn Balmer will ja innerhalb der nächsten zwölf Monate zurücktreten. Und als Nachfolger könnte Nokia-Chef Stephen Elop in Frage kommen – er war vor seinem Wechsel zu Nokia Manager bei Microsoft. Das würde also passen, meint IT-Berater Ossi Urchs:

    "Wenn man sich die Spielkonsole anschaut, wenn man sich die Tablets anschaut und wenn man sich dann jetzt den Handybereich anschaut, sieht man, dass auch Microsoft auf dem besten Wege ist, ein integrierter Technologiekonzern zu sein. Und da ist natürlich Stephen Elop mit seiner Vergangenheit bei Microsoft, als intimer Kenner des Unternehmens und jetzt mit seiner Erfahrung bei Nokia als Hardwarehersteller prädestiniert, um ein solches Unternehmen zu führen."

    Microsoft muss jedoch auch die Märkte in den Schwellenländern im Blick haben. Dort sind Handys als meist einziges Telefon weit verbreitet, billige Smartphones für 100 Euro zu haben. Windows-Smartphones kosten bisher noch das Doppelte.

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