Miersch sagte zu dem Putin-Telefonat, der Kanzler lote in enger Abstimmung mit den Verbündeten aus, was möglich sei. Dabei habe die Bundesregierung immer deutlich gemacht, dass es keinen Diktatfrieden geben könne. Miersch äußerte sich in diesem Zusammenhang skeptisch zu einer möglichen Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine. Man müsse aufpassen, dass man nicht weiter zur Eskalation beitrage und Kriegspartei werde.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hardt, kritisierte dagegen im Deutschlandfunk, Scholz habe nach allem, was man über das Gespräch wisse, keine neuen Positionen vermittelt und Putin kein Ultimatum gestellt. Deshalb werde dieser das Telefonat als Zeichen der Schwäche verstehen. Putin versuche derzeit, aus der internationalen Isolation herauszukommen, betonte der CDU-Politiker. Ein solches Telefonat könnte deshalb als Propagandaerfolg ausgenutzt werden.
Selenskyj: "Büchse der Pandora geöffnet"
Ähnlich hatte sich zuvor der ukrainische Präsident Selenskyj geäußert. Er erklärte, indem Scholz die internationale Isolation Putins untergraben habe, sei "die Büchse der Pandora geöffnet" worden. Nun würden vermutlich weitere Gespräche und Telefonate folgen. Dies sei aber genau, was Putin erreichen wolle, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft.
Es war das erste Gespräch zwischen Scholz und Putin seit knapp zwei Jahren. Wie Regierungssprecher Hebestreit anschließend mitteilte, rief der Bundeskanzler den russischen Präsidenten auf, seine Soldaten aus der Ukraine zurückzuziehen, die Luftangriffe gegen die dortige Bevölkerung einzustellen und sich zu Verhandlungen bereit zu erklären. Ziel müsse ein gerechter und dauerhafter Frieden sein.
Putin forderte laut Angaben des Kreml unter anderem, dass in einer Übereinkunft zur Beendigung des Konflikts die "neuen territorialen Realitäten" anerkannt werden müssten.
Sie können das Interview der Woche mit SPD-Generalsekretär Miersch in voller Länge am Sonntag ab 11.05 Uhr im Deutschlandfunk hören.
Diese Nachricht wurde am 16.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.