Manfred Kloiber: Wer mit der aktuellen Bürosoftware vom Branchenführer arbeiten will, der kann noch eine Version kaufen, die so lange läuft, bis der Rechner schlapp macht. Die Betonung liegt auf noch. Denn der Hersteller würde viel lieber die Mietvariante der gleichen Software unter die Kunden bringen. Genauso steht es um Bildbearbeitung oder Layoutprogramme für Profis. Solche Software gibt es fast nur noch monatsweise oder gleich für ein ganzes Jahr - und zwar zur Miete beziehungsweise im Abonnement. Vor allem im Businessbereich ist Mietsoftware heute schon ganz normal. Nach und nach erobert der Trend auch den Markt für Endverbraucher. Grund genug für uns, zu fragen, was bringt dieses Geschäftsmodell eigentlich wem? Und welche Vor- und Nachteile hat es? Jan Rähm, ist Mieten statt Kaufen von Software jetzt auch für uns Normalverbraucher die Regel?
Jan Rähm: Auf jeden Fall. Im sogenannten B2B-Bereich, also Geschäft zu Geschäft, ist Mietsoftware unter der Bezeichnung Software-as-a-Service stark auf dem Vormarsch. Dabei mietet der Nutzer nicht nur die Software an sich, sondern oft auch Speicher oder Rechenleistung in der Cloud und gleich auch noch den passenden Support dazu. Auch private Endkunden treffen immer häufiger auf Mietsoftware und Abomodelle. Neben den von Ihnen angesprochenen Beispielen sind es vor allem die Appstores, die den Trend vorantreiben. Hier heißt das Stichwort In-App-Purchase, also Kauf im Programm. Dort schaltet man Funktionalitäten immer häufiger für einen gewissen Zeitraum frei.
Kloiber: Wie kommt der Trend bei den Kunden an und wie denkt die Wirtschaft? Führt das Modell Mietsoftware zu einer Verschiebung des Kräfteverhältnisses vom Kunden zu den Produzenten?
Rähm: Sehen wir uns die zunehmende Verbreitung an, scheint der Trend gut anzukommen. Auch die Zahlen zeigen, dass die Abo-Modelle zumindest bei den großen Anbietern florieren. In Sachen Verschiebung des Kräfteverhältnisses war ich davon ausgegangen, dass Kunden nun eine schwächere Position haben. Dem ist aber nicht so. Ich habe mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gesprochen und dem Bitkom - das ist der Branchenverband sowohl für Produzenten digitaler Produkte als auch der digitalen Wirtschaft an sich. Beide sagen fast unisono: Das Mietmodell hat fast nur Vorteile sowohl für Abnehmer wie auch Hersteller. Letzterer hat beispielsweise einen besser planbaren Finanzfluss, der Kunde kann auf regelmäßigere Updates und neue Funktionen hoffen. Der wohl größte Vorteil für die Unternehmen bei Abo-Modellen und Miet-Angeboten: Sie haben damit die Softwarepiraterie wohl gut eindämmen können. Kunden würden sich jetzt mal einen Monat für ein paar Euro buchen statt sich dem Aufwand zu stellen, die Software suchen und die Sperren überwinden zu müssen.
Kloiber: Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Beitrag von Jan Rähm. Herr Rähm, besonders interessant fand ich gerade den Aspekt Wertschätzung, den der Programmierer Michael Goebel da in die Diskussion einbrachte. Hier in Köln könnte man das auch so ausdrücken: Was nichts kostet, ist auch nichts. Nun bedeutet ja quelloffen nicht unbedingt kostenlos – aber trotzdem werden die Anhänger von Open-Source-Software mit dieser Aussage große Bauchschmerzen haben, oder?
Rähm: Open-Source-Software hat teilweise eine andere Quelle für die Wertschätzung. Hier entsteht der eigentliche Wert aus der Zusammenarbeit in der Gemeinschaft. Die eigene Mitwirkung macht die Software zu etwas Besonderem. Davon aber ganz abgesehen gibt es auch im Bereich der freien und Open-Source-Software die Modelle Software-Kauf und Software-Miete. Da gelten dann fast die gleichen Regeln wie bei Closed-Source-Lösungen.
Kloiber: Wie sieht die Prognose aus: Welches Modell wird sich auf Dauer durchsetzen? Kauf oder Miete und Abo?
Rähm: Die Experten gehen davon aus, dass das Miet-/Abo-Modell beziehungsweise Software-as-a-Service noch viel Steigerungspotenzial hat. Kaufsoftware wird aber nicht vollständig verdrängt werden. Überall da, wo Software kritisch für Unternehmen ist, es um Kernkompetenzen geht, wird es beim Kauf bleiben. Und noch ein Aspekt, der das Modell Kauf stützen wird: Unternehmen, die komplett auf Software als Dienstleistung samt Service setzen, verlieren mit der Zeit auch gewisses Know-how aus dem Unternehmen. Das will man natürlich in einigen Bereichen verhindern. Beim Privatkunden wage ich noch keine konkrete Prognose. Bin mir aber ziemlich sicher, es wird eher ein Mix aus beiden Modellen.
Kloiber: Software Mieten statt kaufen, darüber sprach ich mit Jan Rähm, danke.