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Mietpreisbremse
"Leider die Bremse vergessen"

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast, hat die vielen Ausnahmen bei der sogenannten Mietpreisbremse kritisiert. Die Grünen-Politikerin sagte im Deutschlandfunk, die bloße Ankündigung eines Gesetzes löse nicht die offenen Probleme im Wohnungsmarkt. "Vor Sommer 2015 tut sich gar nichts, bis dahin wird munter erhöht."

Renate Künast im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages
    Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, kritisiert im DLF die sogenannte Mietpreisbremse. (dpa / Karlheinz Schindler)
    Künast kritisierte, dass der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zu viele Lücken für exzessive Mietsteigerungen zulasse. Der Neubau sei bis zu Drittvermietung ausgenommen. Die Mietpreisbremse gelte zunächst nur fünf Jahre, sagte die Grünen-Politikerin. "Man muss definieren, in welchem engen Gebiet, und muss noch ein Konzept vorlegen zur Behebung des Wohnraummangels - da vergehen dann ja auch noch mal Monate." Künast sagte, "man hat leider die Bremse vergessen".
    "Im Augenblick verdienen sich die Leute mehr als eine goldene Nase", sagte Künast. "Weltweit investieren Leute, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, in Deutschland in Beton." Der Wohnungsbau solle sich zwar auch finanziell lohnen; eine Erhöhung der Mietpreise müsse aber grundsätzlich begrenzt werden. Künast vermisse außerdem eine Regel, wie in München, wonach eine Neubau-Erlaubnis nur der Investor bekomme, der "zumindest 30 Prozent bezahlbaren Wohnraum baut". Außerdem müsse die Modernisierungsumlage gekürzt werden - sonst bestehe die Gefahr, dass energetische Sanierungen nicht effizient seien und auf diesem Wege mehr Luxuswohnungen entstehen.

    Hier die Transkription des Interviews mit Renate Künast; oder hören es jetzt im Audio-on-Demand-Player.
    Dirk Müller: Die Bundesregierung hat die Mietpreisbremse auf den Weg gebracht. Bei einem Wechsel soll die Wohnungsmiete ab 2015 nur noch so viel steigen, dass sie höchstens zehn Prozent teurer ist als eine vergleichbare Wohnung derselben Größe und derselben Lage. Zudem soll für Makler gelten: Wer bestellt, der bezahlt ihn auch. Meine Kollegin Sandra Schulz hat darüber mit Renate Künast von den Grünen gesprochen. Sie ist die Vorsitzende des Verbraucherausschusses des Bundestages.
    Sandra Schulz: Wird die Mietpreisbremse die Mietpreise denn bremsen?
    Es ist nur ein Mietpreisbremschen
    Renate Künast: Nein! Diese sogenannte Mietpreisbremse von Herrn Maas und der Großen Koalition ist ein Bremschen, oder besser man sagt, man hat leider die Bremse vergessen. Es ist ja so, dass es so viele Ausnahmen gibt. Der Neubau wird komplett rausgenommen, nicht nur die Erstvermietung eines Neubaus, sondern von jetzt an auch jede weitere Vermietung. Dann ist es so, nachdem jetzt schon wir ein Jahr lang warten - eigentlich gab es schon 2013 eine Mehrheit im Bundestag -, dass jetzt auch noch es so sein soll, sie gilt nur fünf Jahre. Man muss definieren, in welchem engen Gebiet, und muss noch ein Konzept vorlegen zur Behebung des Wohnraummangels. Da vergehen ja dann auch noch mal Monate, bis dieses Gesetz, was ja jetzt erst mal nur ein Entwurf ist, dann Realität wird. Vor Sommer 2015 tut sich gar nichts, bis dahin wird munter erhöht.
    Schulz: Sie haben es gerade gesagt: Einer der wichtigsten Kritikpunkte ist, dass die Neubauten ausgenommen sind. Aber ist es nicht auch einfach wichtig, auch für die Mietpreisentwicklung, dass neu gebaut wird?
    Künast: Ja! Aber im Augenblick verdienen sich die Leute mehr als eine goldene Nase. Weltweit investieren Leute, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, in Deutschland in Beton. Man nennt das auch Betongeld. Da wird ohne Ende gebaut und das wollen wir ja auch. Das muss sich finanziell auch lohnen, sonst funktioniert es ja nicht. Aber man muss ja nicht gleich eine goldene Nase kriegen. Wer neu baut, da könnte man ja andere Regeln für machen. Bei der ersten Vermietung und dann, wie viel das prozentual in Zukunft noch weiter ansteigen darf. Zweitens: Wo ist denn die Regel, wie München sie hat, die sagt, eine Neubauerlaubnis bekommt sowieso nur, wer zumindest 30 Prozent bezahlbaren Wohnraum baut?
    Elf statt neun Prozent Modernisierungsumlage
    Schulz: Kann das der Bundesgesetzgeber entscheiden?
    Künast: Da können Sie Konzepte ohne Ende machen. Sie können es mindestens anregen, oder was der Bundesgesetzgeber machen kann ist, gleichzeitig die Modernisierungsumlage regeln, weil eine weitere Veränderung der Preise passiert ja darüber, dass es Luxusmodernisierung gibt oder nicht effiziente energetische Sanierung, wo der positive Effekt mit der Einsparung am Ende nichts zu tun hat.
    Wir haben gesagt, statt elf Prozent neun Prozent Modernisierungsumlage. Da bleibt ja nachher, wenn sich es amortisiert hat, die Miete weiter hoch. Und wir sagen als Grüne, es soll vom Mieter nur zu dulden sein eine energetische Modernisierung, die effizient ist, und ein behindertengerechter Umbau der Wohnung. Das brauchen wir nicht nur für Behinderte, sondern auch für ältere Menschen, die zum Beispiel mit dem Rollator oder dem Rollstuhl durch die Tür kommen müssen.
    Schulz: Aber das Problem, das Sie gerade angesprochen haben, diese Luxusneubauten oder Neubauten im gehobenen Segment, wären da nicht auch viel stärker die Länder oder die Kommunen in der Pflicht, das zu regeln? Lässt sich das von Berlin aus wirklich handhaben?
    Künast: Zum Teil schon. Einmal, indem man bei der Modernisierungsumlage Grenzen setzt und sagt, es gibt nur eine effiziente energetische Sanierung und eine altersgerechte Sanierung, die der Mieter wirklich dulden muss. Damit würde man das schon ein bisschen eindämmen. Der Bund kann und muss unseres Erachtens bei der Bundesimmobilienanstalt aufhören, Preistreiber zu sein. Er verkauft nämlich da, wo er noch Grundstücke und Häuser hat, die zu Höchstpreisen.
    München hat eine gute Regelung
    Schulz: Aber wir halten fest: Mit der Politik der Länder und der Kommunen sind sie mindestens genauso unzufrieden?
    Künast: Ich weiß, dass auch der Umgang mit Liegenschaften in den Ländern nicht immer gut war. Auch Berlin hat meistbietend immer verkauft und erst jetzt fangen sie an, ein bisschen anders zu agieren, so wie München eine Regelung zu haben, dass ein bestimmter Prozentsatz Single-Wohnungen oder Wohnungen, die allgemein bezahlbar sind, gebaut werden müssen, um überhaupt eine Erlaubnis zu bekommen. Das haben viele nicht gemacht. Das sehe ich schon und da sind jetzt besonders die betroffen, die jetzt einen hohen Druck haben. München hat angefangen vor einigen Jahren. Aber ich weiß: Köln, Hamburg und Berlin und ein paar andere Städte haben sich, wenn überhaupt, gerade erst auf den Weg gemacht. Aber was soll sein? Der Bund hat die größte Hebelwirkung im Augenblick.
    Schulz: Auf das Beispiel wollte ich Sie auch gerade ansprechen, Köln, denn Nordrhein-Westfalen ist ja rot-grün regiert, wie Köln übrigens auch. Woran merken Mieter in Köln denn, dass auch die Grünen hier regieren?
    Künast: Na an dem Versuch, was zu ändern. Jetzt kenne ich gerade nicht auswendig die konkreten Maßnahmen, die die Grünen in Köln schon ergriffen haben. Aber Sie haben ja auch zu Recht gesagt, Rot und Grün. Ich weiß nur, ...
    Es fehlt nicht an Neubau-Anreizen
    Schulz: Am Versuch, aber nicht am Erfolg. Richtig?
    Künast: Ja, da ist der Unterschied. Das brauchen wir im wahrsten Sinne des Wortes überall. Solange es Koalitionen gibt, braucht man auch zwei Koalitionspartner, die sich beide auf den Weg machen wollen. Ich erlebe gerade auf Bundesebene, dass bei der Mietpreisbindung die Neubauten rausgenommen werden, weil man sagt, es muss einen Anreiz zu Investitionen geben. Ich sage nur, es gibt weltweit so viel Geld und die Schere Arm-Reich wird immer größer. Da fehlt es im Augenblick gar nicht an Anreizen. Mindestens muss man aber doch regeln, dass Neubauten im Fall einer Wiedervermietung nicht noch mal 30 Prozent oben draufsetzen können.
    Müller: Meine Kollegin Sandra Schulz im Gespräch mit der Grünen-Politikerin Renate Künast.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.