"Wir haben in der Wohnung wirklich nur die Sachen, die man täglich wirklich braucht. Alles andere, Klamotten oder Hobbysachen, sind im Keller."
Die hochschwangere Maike Lautenschütz kämpft um jeden Zentimeter Platz in der Zweizimmerwohnung im Kölner Norden. Dass sie zu ihrem Freund gezogen ist, war eine Notlösung. Im Herbst erwarten sie ihr erstes Kind, dann wären sie zu dritt auf gut vierzig Quadratmetern. Seit einem halben Jahr sucht das Paar eine größere Wohnung. Vergeblich.
Die hochschwangere Maike Lautenschütz kämpft um jeden Zentimeter Platz in der Zweizimmerwohnung im Kölner Norden. Dass sie zu ihrem Freund gezogen ist, war eine Notlösung. Im Herbst erwarten sie ihr erstes Kind, dann wären sie zu dritt auf gut vierzig Quadratmetern. Seit einem halben Jahr sucht das Paar eine größere Wohnung. Vergeblich.
"Man findet nicht viel, zumindest in der Preisklasse, die möglich ist. Und wenn man eben vor Ort ist, dann sind da mindestens dreißig andere Paare, die auch fleißig die Formulare ausfüllen. Das heißt, die Konkurrenz ist wahnsinnig groß. Und natürlich wollen die Vermieter Schufa-Auskunft, Gehaltsnachweise und mitunter auch ein polizeiliches Führungszeugnis sehen. Irgendwann hört der Spaß auf."
Wenige Vermieter halten sich an Deckelung
Eigentlich sollte die Mietpreisbremse den Preis deckeln – so darf etwa bei Mieterwechsel die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der Vormiete liegen und sie darf die ortsübliche Miete nicht um mehr als zehn Prozent übersteigen. Doch die Praxis zeigt: Viele Vermieter halten sich nicht daran:
"Wir hatten eine Wohnung gesehen, die kostete ursprünglich 800 Euro, es gab keine Renovierungen, aber wir sollten 1100 Euro zahlen. Natürlich überlegt man direkt, soll man die Mietpreisbremse spielen. Aber es macht ja keinen guten Eindruck, wenn man einzieht und gleich den Vermieter verklagt. Das ist schwierig."
Dass die Mietpreisbremse nicht die gewünschte Wirkung gezeigt hat, ist mittlerweile unbestritten, auch bei den Interessensverbänden der Mieter. Susanne Gottschalk, Geschäftsführerin des Mieterbundes NRW, kann nicht beziffern, in wie vielen Fällen sie im Land überhaupt durchgesetzt wurde.
Mieterbund fordert Bußgelder gegen Vermieter
Trotzdem ist sie strikt gegen die Abschaffung, wie sie der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung vorsieht. Genauso wie der Städtetag NRW fordert auch der Deutsche Mieterbund, die Mietpreisbremse im Bund zu schärfen. Susanne Gottschalk:
"Es gibt zu viele Ausnahmeregelungen. Und dann muss es natürlich eine Konsequenz haben für Vermieter, wenn sie sich nicht dran halten. Bußgelder etwa. Und dann braucht es eine Verpflichtung zur Auskunft über die Vormiete, dass ich da als Mieter nicht erst nachfragen muss."
Doch die neue Landesregierung sieht genau hier das Problem. CDU-Bauministerin Ina Scharrenbach geißelte gestern – in der ersten Sitzung des neuen Landtags – die Regulierungswut der rot-grünen Vorgänger-Regierung:
"Kein Denkmalschutz für untaugliche Bürokratie. Es herrscht mehr Mieterfrust als Mieterschutz! Das ist das Ergebnis von Ihrer Politik aus den letzten sieben Jahren hier in Nordrhein-Westfalen."
CDU kündigt "zeitlich gestaffeltes Maßnahmenpaket" an
Die Abschaffung der Mietpreis-Bremse steht für Ina Scharrenbach nicht zur Debatte, sie nennt sie wahlweise "totes Pferd" oder "weiße Salbe":
"Die Mietpreis-Bremse wirkt nicht, im Gegenteil, sie ist in manchen Märkten eher zu einem Turbo geworden. Und wenn sie nicht wirkt, muss man sich entscheiden, sie wieder abzuschaffen. Um dahin zu kommen, dass wir mehr Wohnungen haben – nur dann werden Mietpreise stabil beziehungsweise sinken."
Und doch – ein wenig rudert die Ministerin zurück. Gestern kündigte sie ein zeitlich gestuftes Maßnahmenpaket für mehr Mieterschutz an. Was das genau beinhalten wird? Die Landesbauministerin von der CDU hält sich bedeckt:
DLF-Reporterin: "Können Sie uns ein bisschen mehr verraten?"
Ministerin: "Zeitlich gestaffeltes Maßnahmenpaket. Wir bereiten es vor, wenn es soweit ist, werden Sie es bekommen."
DLF-Reporterin: "Das heißt, die Abschaffung lässt auf sich warten?"
Ministerin: "Ja."
Schnellere Baugenehmigungen, weniger Grunderwerbssteuer
Die Priorität liegt für Schwarz-gelb auf der Bau- und Eigentumsförderung. So sollen etwa die Grunderwerbssteuer gesenkt – mit sechseinhalb Prozent eine der höchsten deutschlandweit – und Baugenehmigungen schneller erteilt werden:
"Wir wollen ein Klima für Neubau in Nordrhein-Westfalen schaffen, denn wir haben zurzeit diverse Entwicklungen, die kommunale Neubau-Vorhaben oder Investitionen in Mietwohnungs-Neubau eher hemmen. Das ist natürlich eine Frage von Bauland, wie wollen in den Landesentwicklungsplan rein und es ist auch eine Frage, wie örtliche Bevölkerung mit Wohnungsneubauvorhaben um."
Mehr Neubau, so weit so gut – doch für die frisch gebackene Opposition in Gestalt der SPD bleibt eine Kernfrage der Mieterschutz. Den sieht sie in Gefahr, warnt vor "marktradikaler Entfesselung".
Opposition kündigt Gegenwind an
Martin Börschel, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender im Kölner Stadtrat kündigt heftigen Gegenwind bei der Abschaffung der Mietpreis-Bremse an:
"Wir werden Sachverständigen-Anhörungen machen, wir werden Betroffene einladen in den Landtag. Menschen, die wissen, was passiert ohne dieses Instrument, und wie explosiv wird eigentlich der Mietermarkt vor allen in den wachsenden Großstädten Nordrhein-Westfalens werden, Das kann auch Schwarz-gelb, das kann auch Armin Laschet auf Dauer nicht ignorieren, sonst ist das der erste Sargnagel"
Fest steht: Der Wohnungsmarkt in Städten wie Köln wird sich so bald nicht entspannen, Berechnungen des Bundesverbands der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen zufolge, sind seit 2009 eine Million Wohnungen zu wenig gebaut worden.
Maike Lautenschütz wird einen langen Atem bei der Wohnungssuche brauchen.
"Das wird auch erst mal nicht besser, die Mieten werden sowieso höher. Wieso sollte ein Vermieter irgendwann weniger Geld nehmen als jetzt. Wir sind ja ein klassisches Mittelschichts-Pärchen, kein Ärztegehalt, aber auch keine Studenten – aber scheinbar reichts dann irgendwie doch nicht. Das geht eigentlich nicht. Das ist extrem demütigend. Was machen die Leute, die noch weniger verdienen? Die haben eigentlich keine Chance."