Die gleichberechtigte Stellung von Frauen in der westlichen Welt ist für männliche Migranten vor allem aus muslimischen Ländern ungewohnt und birgt Stoff für zahlreiche Konflikte, die alle Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, vor Herausforderungen stellen. Die New York Times beschreibt, wie Norwegen als Vorreiter in Europa sie bewältigt: Das skandinavische Land verlangt traditionell viel von Menschen, die in Norwegen Asyl suchen und dauerhaft im Land bleiben wollen. Für die permanente Aufenthaltserlaubnis ist für Migranten der vom Gesetz vorgeschriebene Norwegischunterricht (250 Stunden) verpflichtend. Am Ende gibt es einen umfangreichen Test, der mit mindestens 60 Prozent der möglichen Punkte bestanden werden muss.
Norwegen unterrichtet Migranten im Umgang mit Frauen
In einem Integrationskurs lernen Migranten dann in zusätzlich 50 Stunden die gesellschaftlichen Werte Norwegens kennen. Schon seit einigen Jahren gibt es dabei spezielle Inhalte für muslimische Asylbewerber. So wird Menschen dieses Kulturkreises besonders der respektvolle Umgang mit norwegischen Frauen beigebracht. Den männlichen Muslimen wird deutlich gemacht, dass Frauen die gleichen Rechte in der Gesellschaft haben wie Männer auch. Auslöser war vor fünf Jahren eine Vergewaltigungsserie in der südnorwegischen Stadt Stavanger, bei der vor allen muslimische Zuwanderer die Täter waren.
"Das macht etwas in ihren Köpfen"
Henry Ove Berg, Polizeichef von Stavanger während der Verbrechen 2010, beobachtet: "Manche junge Muslime haben vorher nie ein Mädchen im Minirock gesehen. Das macht etwas in ihren Köpfen." Hanne Kristin Rohde von der Osloer Polizei ist vom Sinn dieser besonderen Kursinhalte überzeugt: Viele Migranten kämen aus Gesellschaften nach Norwegen, in denen Frauen keinen Wert an sich haben. Die Migranten müssten vom Gegenteil überzeugt werden. Zumindest müssten sie den "eigenen Wert der Frau" zwingend anerkennen, wollten sie in Norwegen ein neues Leben beginnen.
Besondere Integrationskurse für muslimische Migranten in Deutschland?
Sind besondere Integrationskurse für muslimische Zuwanderer auch in Deutschland sinnvoll und möglich? Deutschlandfunk.de hat sich bei den familienpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Bundestagsfraktionen umgehört.
"Wir bieten in Deutschland bereits Integrationskurse an", sagt Franziska Brantner, Sprecherin der Grünen für Kinder- und Familienpolitik. "Hier muss das Thema Gleichberechtigung ein Schwerpunkt sein. Außerdem müssen die Angebote kostenlos sein und für Alle zur Verfügung stehen, unabhängig von ihrem asylrechtlichen Status. Wer glaubt, nur Männer müssten über Kultur, Traditionen, Rechte und Pflichten informiert werden, greift viel zu kurz. Auch Frauen müssen ihre Rechte kennen, und der Staat hat die Aufgabe, sie wirksam überall zu schützen, auch in Flüchtlingsunterkünften. Deswegen fordern wir von der Bundesregierung schon seit langem Schutzkonzepte, geschultes Personal und zum Beispiel eigene Bereiche für Kinder." Ihre Kollegen aus den anderen Parteien haben sich bis zum Redaktionsschluss nicht zu unserer Anfrage geäußert.
Flüchtlinge unter Generalverdacht
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner hatte sich bereits im September im Interview mit dem Deutschlandfunk eindeutig zur Forderungs- und Förderungskultur positioniert: "Nicht das liberale Deutschland muss sich ändern. Wenn Männer mit einem mittelalterlichen Frauenbild kommen, wenn Frauen keine Respektspersonen für sie sind, dann müssen sich Zuwanderer ändern." Und weiter: "Wir haben Menschen, die mit einem Bild zu uns kommen aus einer patriarchalischen Gesellschaft. Es gibt Flüchtlinge, die sich weigern, sich von Frauen das Essen anreichen zu lassen."
Klöckner verlangt von Flüchtlingen mehr Integrationswillen. Integrations- und Deutschkurse seien eine Verpflichtung und müssten auch angenommen werden, sagte sie im DLF. In diesem Zusammenhang brachte Klöckner auch eine "Gebrauchsanweisung für Deutschland" ins Gespräch.
Die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende musste für ihre Vorstöße in Sachen Integration von (männlichen) Flüchtlingen etliche Kritik einstecken. Gegner für kulturelle Leitlinien, die Zuwanderern an die Hand gegeben werden sollten, betonen, dass dadurch Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert würden.
Kein Anstieg der Kriminalität
Die Statistik gibt den Kritikern Recht: Die hohen Flüchtlingszahlen haben nicht zu einem überproportionalen Anstieg der Kriminalität geführt. Das geht aus einem neuen Lagebericht des Bundeskriminalamtes hervor. Bundesinnenminister de Thomas Maizière (CDU) sagte Mitte November, Flüchtlinge würden im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig wie Vergleichsgruppen der hiesigen Bevölkerung.