Eine größere Rückkehrwelle syrischer Menschen aus Deutschland in ihre Heimat sei unwahrscheinlich, sagte Oltmer der Augsburger Allgemeinen. Es werde sicher einige Rückkehrwillige geben, wenn sich die Lage in Syrien stabilisieren sollte. Aber diese Zahl sollte man nicht überschätzen, erklärte der Osnabrücker Professor.
Oltmer verwies auf Erfahrungen aus dem Jugoslawien-Krieg in den 1990er Jahren. Schon nach Ende des Kriegs in Bosnien und Herzegowina 1995 habe es kaum freiwillige Rückkehrer gegeben. Bis 1999 seien von den rund 350.000 Schutzsuchenden lediglich 17.000 an ihre ursprünglichen Wohnorte zurückgekehrt, sagte der Historiker, der unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wissenschaftlich berät.
Alle Erfahrungen zeigten, dass geflüchtete Menschen sehr viele Bindungen in der Ankunftsgesellschaft entwickelten, betonte Oltmer. "Wir sprechen über sehr viele Betroffene, die als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in die Bundesrepublik gekommen sind, hier zur Schule gegangen sind, ihre Ausbildung gemacht haben oder die Zukunft ihrer Kinder in Deutschland sehen."
Der Wissenschaftler kritisierte die in Deutschland unmittelbar nach dem Umbruch in Syrien begonnene Debatte um den künftigen Umgang mit Flüchtlingen aus dem Land. Rückkehrdebatten wie die aktuelle seien oft unnötig und verunsicherten diejenigen, die sich längst integriert hätten. Unternehmen, Schulen und Kommunen hätten viel in die Integration investiert. Diese Erfolge durch Rückkehrforderungen zu gefährden, sei kontraproduktiv, sagte Oltmer.
Am Montag hatte das Bamf entschieden, über Asylanträge von Menschen aus Syrien wegen der dynamischen Entwicklung der Lage in dem Land vorerst nicht zu entscheiden. Zahlreiche Politiker von CDU/CSU, AfD und BSW pochen auf die Rückführung von syrischen Kriegsflüchtlingen.
Diese Nachricht wurde am 11.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.