Mario Dobovisek: Nach tagelangen Massenprotesten hat das Militär Ägyptens gewählten Präsidenten abgesetzt und festgesetzt. Mursi steht unter Hausarrest, andere führende Politiker der Muslimbruderschaft wurden verhaftet. Während Tausende Gegner Mursis in Kairo dessen Sturz feierten, kamen im Nordwesten des Landes mindestens zehn Unterstützer ums Leben.
Und am Telefon begrüße ich die junge Ägypterin Heba Ahmed. Sie ist Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin und studiert zurzeit an der Freien Universität in Berlin. Guten Morgen, Frau Ahmed!
Heba Ahmed: Guten Morgen!
Dobovisek: Das Militär hat Mursi aus dem Amt gedrängt. Freuen Sie sich darüber?
Ahmed: Also, ich freue mich, insofern es eine Forderung der Revolutionäre ist. Ich bin leider, ich verfolge das leider mit einer großen Skepsis, weil es eben sehr polarisierend ist, diese Absetzung, und es ist begleitet von der Vorstellung, dass die Muslimbrüder in Zukunft keinen Beitrag als politische Kraft im politischen Spektrum Ägyptens leisten werden. Das stimmt nicht, und das wird die Zukunft zeigen, dass sie weiterhin Partner und Teil dieses Landes sind. Deshalb halt die Angst vor dieser starken Polarisierung.
Dobovisek: Ist das Militär in Ägypten zu stark?
Ahmed: Insofern zu stark, indem es doch weiter im Hintergrund, hinter den Kulissen, die Fäden weiter zieht. Allerdings haben wir auch gesehen, wie viele Menschen auf die Straße gingen und wie das Militär auch versuchte, die Stimmen der Menschen auf seiner Seite zu gewinnen. Ich glaube, dass das Militär die Menschen auch nicht unterschätzt, also, sie wissen ganz genau, wie mächtig so eine Masse auf der Straße sein kann, und dass diese Masse auch gegen sie gerichtet werden kann, wenn sie die Forderungen der Revolutionären nicht achten.
Dobovisek: Sie haben sich viel mit den Fragen der Menschenrechte auseinandergesetzt. Ist das Militär eher Freund oder Feind der Demokratie?
Ahmed: Ich würde es nicht so darstellen. Ich glaube, das Militär versucht, bestimmte Schritte nachzuvollziehen. Ich glaube, die haben sehr viele Menschenrechtsverletzungen begangen, also 2011, als das Militär an der Macht war, sie haben sehr viele politisch Inhaftierte, sehr viele politische Aktivisten wurden von Militärtribunalen verurteilt, und sie haben weiterhin Folteropfer. Also der genaue ... Also, al-Sisi hat 2011 ironischerweise Jungfräulichkeitstests durch die Armee gerechtfertigt.
Das heißt, wir haben jemand, der jetzt ganz klar zeigt, ja, wir sind demokratisch, wir unterstützen den demokratischen Prozess, aber wir müssen als Zivilgesellschaft, als Beobachter und als Teil des Geschehens die Schritte, die jetzt in diesen Tagen und in den kommenden Monaten gemacht werden, sehr wachsam beobachten und kommentieren. Und auch wenn jetzt weitere Menschenrechtsverletzungen begangen werden, dass wir ganz klar unsere Position dagegen zeigen.
Dobovisek: Sie haben gestern und heute vermutlich viel telefoniert, gechattet und gemailt. Wie diskutieren junge Ägypter die Lage im Land?
Ahmed: Ich muss sagen, es gibt viele Menschen, die sehr euphorisch sind, die sich freuen, dass das Militär aufseiten des Volkes ist. Viele natürlich möchten gerne in diesen schönen Momenten, wo ein Ziel erreicht ist, vergessen, dass das Militär schon mehrere Skandale hinter sich hat, 2011 bis Mitte 2012. Viele möchten glauben, dass al-Sisi von diesen Fehlern auch gelernt hat, und möchten sich gegenseitig überzeugen, dass das doch gerade gut ist, dass wir die einzig fähige politische Kraft im Land, also das Militär, doch auf unserer Seite haben.
Allerdings glaube ich, dass doch immer wieder diese Skepsis halt auftaucht, wenn zum Beispiel gestern in der Rede von al-Sisi nicht klar definiert wurde, wann genau Wahlen stattfinden, inwiefern die Verfassung verändert wurde und wer die Inhalte dieser Verfassungsänderungen bestimmt. Gibt es ein Referendum über diese Veränderungen oder nicht und so weiter? Es gibt viele Fragen, die trotzdem offenbleiben, und ich glaube, da muss man das Gefühl oder das ambivalente Gefühl dieser Menschen dann und meiner Bekanntschaften verstehen.
Dobovisek: Und ernst nehmen, vermute ich …
Ahmed: Und ernst nehmen, genau.
Dobovisek: Die ägyptische Menschenrechtsaktivistin Heba Ahmed im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, ich danke Ihnen ganz herzlich!
Ahmed: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Und am Telefon begrüße ich die junge Ägypterin Heba Ahmed. Sie ist Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin und studiert zurzeit an der Freien Universität in Berlin. Guten Morgen, Frau Ahmed!
Heba Ahmed: Guten Morgen!
Dobovisek: Das Militär hat Mursi aus dem Amt gedrängt. Freuen Sie sich darüber?
Ahmed: Also, ich freue mich, insofern es eine Forderung der Revolutionäre ist. Ich bin leider, ich verfolge das leider mit einer großen Skepsis, weil es eben sehr polarisierend ist, diese Absetzung, und es ist begleitet von der Vorstellung, dass die Muslimbrüder in Zukunft keinen Beitrag als politische Kraft im politischen Spektrum Ägyptens leisten werden. Das stimmt nicht, und das wird die Zukunft zeigen, dass sie weiterhin Partner und Teil dieses Landes sind. Deshalb halt die Angst vor dieser starken Polarisierung.
Dobovisek: Ist das Militär in Ägypten zu stark?
Ahmed: Insofern zu stark, indem es doch weiter im Hintergrund, hinter den Kulissen, die Fäden weiter zieht. Allerdings haben wir auch gesehen, wie viele Menschen auf die Straße gingen und wie das Militär auch versuchte, die Stimmen der Menschen auf seiner Seite zu gewinnen. Ich glaube, dass das Militär die Menschen auch nicht unterschätzt, also, sie wissen ganz genau, wie mächtig so eine Masse auf der Straße sein kann, und dass diese Masse auch gegen sie gerichtet werden kann, wenn sie die Forderungen der Revolutionären nicht achten.
Dobovisek: Sie haben sich viel mit den Fragen der Menschenrechte auseinandergesetzt. Ist das Militär eher Freund oder Feind der Demokratie?
Ahmed: Ich würde es nicht so darstellen. Ich glaube, das Militär versucht, bestimmte Schritte nachzuvollziehen. Ich glaube, die haben sehr viele Menschenrechtsverletzungen begangen, also 2011, als das Militär an der Macht war, sie haben sehr viele politisch Inhaftierte, sehr viele politische Aktivisten wurden von Militärtribunalen verurteilt, und sie haben weiterhin Folteropfer. Also der genaue ... Also, al-Sisi hat 2011 ironischerweise Jungfräulichkeitstests durch die Armee gerechtfertigt.
Das heißt, wir haben jemand, der jetzt ganz klar zeigt, ja, wir sind demokratisch, wir unterstützen den demokratischen Prozess, aber wir müssen als Zivilgesellschaft, als Beobachter und als Teil des Geschehens die Schritte, die jetzt in diesen Tagen und in den kommenden Monaten gemacht werden, sehr wachsam beobachten und kommentieren. Und auch wenn jetzt weitere Menschenrechtsverletzungen begangen werden, dass wir ganz klar unsere Position dagegen zeigen.
Dobovisek: Sie haben gestern und heute vermutlich viel telefoniert, gechattet und gemailt. Wie diskutieren junge Ägypter die Lage im Land?
Ahmed: Ich muss sagen, es gibt viele Menschen, die sehr euphorisch sind, die sich freuen, dass das Militär aufseiten des Volkes ist. Viele natürlich möchten gerne in diesen schönen Momenten, wo ein Ziel erreicht ist, vergessen, dass das Militär schon mehrere Skandale hinter sich hat, 2011 bis Mitte 2012. Viele möchten glauben, dass al-Sisi von diesen Fehlern auch gelernt hat, und möchten sich gegenseitig überzeugen, dass das doch gerade gut ist, dass wir die einzig fähige politische Kraft im Land, also das Militär, doch auf unserer Seite haben.
Allerdings glaube ich, dass doch immer wieder diese Skepsis halt auftaucht, wenn zum Beispiel gestern in der Rede von al-Sisi nicht klar definiert wurde, wann genau Wahlen stattfinden, inwiefern die Verfassung verändert wurde und wer die Inhalte dieser Verfassungsänderungen bestimmt. Gibt es ein Referendum über diese Veränderungen oder nicht und so weiter? Es gibt viele Fragen, die trotzdem offenbleiben, und ich glaube, da muss man das Gefühl oder das ambivalente Gefühl dieser Menschen dann und meiner Bekanntschaften verstehen.
Dobovisek: Und ernst nehmen, vermute ich …
Ahmed: Und ernst nehmen, genau.
Dobovisek: Die ägyptische Menschenrechtsaktivistin Heba Ahmed im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, ich danke Ihnen ganz herzlich!
Ahmed: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.