Nach Berichten über israelische Luftangriffe auf Ziele in Syrien kommt im israelischen Radio immer die Frage nach den Konsequenzen. Man müsse sich keine Sorgen über eine syrische Reaktion machen, beruhigt der frühere Chef des militärischen Geheimdienstes Giora Eiland. Israels Sorge gilt einem anderen Akteur in Syrien: Dem russischen Militär.
"Israel hat einen sehr feinen Mechanismus zur Koordination mit Russland. Bis jetzt mit Erfolg. Russland versteht und akzeptiert Luftschläge, so lang sie zielgerichtet sind und es nicht zu viele werden. Wir wollen keine Konfrontation mit Russland. Schauen sie nur, was mit Erdogan passiert ist."
Eiland sprach nur wenige Stunden nach einem Angriff der Luftwaffe auf Ziele in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Ein Konvoi sei getroffen worden, der Waffen an die libanesische Hisbollah-Organisation liefern sollte, hieß es in Berichten aus Syrien. Auch von einem Angriff auf einen Posten oder ein Lager der syrischen Armee war die Rede.
Russland unterstützt auch die Hisbollah
Und an der Stelle wird es spannend: Denn anders als Israel unterstützt Russland mit seinem Militär die syrische Armee und deren Verbündete im Bürgerkrieg, also auch die Hisbollah. Es ist ein Konflikt unterschiedlicher politischer Interessen. Auch wenn der russische Regierungschef Medwedjew versuchte, bei seinem Besuch Anfang November die Differenzen zu überspielen:
"Ich erinnere mich, dass mir während meiner Treffen mit der israelischen Führung meine Mitarbeiter vorsichtig sagten, die Israelis seien nicht für Bashar Al Assad. Aber ich denke es ist besser, wenn es jemanden gibt, der die Situation und das Land beherrscht als wenn wir uns mit einer unkontrollierbaren Zerteilung des Landes und der Gründung terroristischer Enklaven auseinandersetzen müssen. Und soweit ich mich erinnere, entspricht das auch der israelischen Position, die ich für richtig halte."
Medwedjew unterstellt der israelischen Regierung eine Position. Dabei sehen die Überlegungen in Jerusalem ganz anders aus: Dort gilt Syriens Machthaber mit seinen Verbündeten Iran und der libanesischen Hisbollah-Organisation als größere, als strategische Bedrohung. Der IS sei dagegen eine taktische Gefahr, mit der man umgehen könne, sagt zum Beispiel der Politikwissenschaftler Modechai Kedar.
Israelisches Militär zeigt sich bedeckt
Die erste Auseinandersetzung mit dem sogenannten Islamischen Staat meldete Israel am letzten Novemberwochenende. Mitglieder der Gruppe Shuhada al-Yarmouk hatten nach Angaben des Militärs von syrischer Seite aus auf israelische Soldaten auf den von Israel annektierten Golanhöhen geschossen. Israel tötete die mutmaßlichen Angreifer und zerstörte am Tag drauf den früheren Stützpunkt 86 der UN-Schutztruppe UNDOF. Denn von dort seien die Schüsse gekommen, erklärte Israels Verteidigungsminister Liebermann:
"Jeder Angriff auf Soldaten der israelischen Armee und auf souveränes Staatsgebiet wird mit Stärke erwidert und muss mit niemandem abgestimmt werden. Ein Angriff auf unsere Kräfte ist nicht hinnehmbar. Auf so etwas wird sofort und mit Stärke reagiert und nicht vorher abgesprochen."
Die Frage, wann Israel militärische Angriffe mit Russland abstimmt, wann Russland über Kampfflugzeuge informiert, die israelisches Gebiet überfliegen, lässt sich im Moment nicht beantworten. Mitglieder der israelischen Armee verweisen auf Nachfrage immer an die nächsthöhere Stelle.
Angriffe auf einzelne Ziele konzentriert
Niemand in Israel bestätigt Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Aber es gebe feste Regeln für mögliche Einsätze, so Geheimdienstler Eiland.
"Wir greifen nur in zwei Fällen an. Entweder weil auf unser Gebiet geschossen wird, wie vor ein paar Tagen auf den Golanhöhen. Oder bei Waffenlieferungen an die Hisbollah, die das Gleichgewicht verändern."
Die Angriffe seien auf einzelne Ziele konzentriert und man spreche nicht darüber, damit der Gegner nicht unter Druck gerät, reagieren zu müssen. Für Israel sei das russische Militär in dieser Situation ein kalkulierbares Risiko, sagt Eiland. Aber es bleibe ein Risiko, räumt er im Radio-Interview ein:
"Und das zweite Risiko ist die Hisbollah. Heute versinkt die Organisation im Bürgerkrieg in Syrien. Aber wenn der Krieg einmal endet, könnte sie auf Angriffe, wie die Luftschläge auf Ziele bei Damaskus, reagieren."
In Israel hat offenbar das Nachdenken darüber eingesetzt, wie es weiter gehen soll, wenn Assad mit russischer Hilfe die Kontrolle über sein Gebiet wieder herstellt.