Muslimische Militärseelsorger sind eine recht junge Angelegenheit der französischen Republik. Erzählt der oberste Armee-Imam, Abdelkader Arbi. Obwohl es immer schon Muslime gegeben habe, die Frankreich gedient haben: "im ersten und auch im zweiten Weltkrieg zum Beispiel hatten wir sogar komplett muslimische Heeresteile, die Afrika-Truppen", die Anrecht auf Seelsorge hatten – und bekamen: allerdings nur in Kriegszeiten – und post mortem: wenn es zu spät war.
"Während der Kriege hat die Armee ehrenamtliche Imame mobilisiert, die vor allem bei Beerdigungen eingesetzt wurden; als die Kriege vorbei waren, wurden die Imame frei gestellt, man hat sie nicht behalten."
Wie nun aber die muslimischen Kameraden in Friedens- und zu deren Lebzeiten betreuen? Ganz einfach. In Frankreichs Armeen waren schließlich katholische, protestantische und jüdische Seelsorger dauerhaft beschäftigt. Und so kam es zu folgender Kuriosität:
"Ich kann das sagen, schmunzelt Arbi, da es ja doch eine relative Nähe zwischen dem israelitischen Kultus und dem muslimischen Kultus gibt, kam es öfter vor, dass der Rabbiner sich um die spirituellen Belange der muslimischen Soldaten gekümmert hat."
Provisorien für die Muslime
Jüdische Geistliche betreuen muslimische Soldaten: auch bei Fragen der Ernährung wie halal-Essen: kein Problem sagt Arbi und zitiert bei dieser Gelegenheit den Koran:
"Es steht geschrieben: ihr dürft die Nahrung der Leute der Schrift, der Heiligen Schrift, zu euch nehmen."
2006 war Schluss mit den Provisorien für die Muslime in den französischen Streitkräften. Im Jahr zuvor hatte damalige Präsident Jacques Chirac als oberster Armee-Chef die Einsetzung eines eigenen Armee-Imams verfügt. Arbi ist seit dieser Zeit in Amt und Uniform.
"Ich arbeite mit einem Stab von 38 Mitarbeitern, darunter sind fünf Frauen, alle sind Soldaten, Soldatinnen, und dazu kommen noch einmal fünf Imame der Reserve"
"Französische Soldaten, keine muslimischen"
Muslime machen Schätzungen zufolge in Frankreich knapp 15 Prozent der Bevölkerung aus, in der Armee, einer Berufsarmee, sind es etwa 12 Prozent. Was sind die größten Herausforderungen für Arbi und seine Kollegen? Natürlich die Terror-Anschläge der letzten Jahre.
"Wir bleiben wachsam und lassen nicht zu, dass diese Terroristen uns spalten. Weil genau das wollen die ja: die Gesellschaft spalten, das Militär spalten. Damit wir Angst haben, blockiert sind, nicht mehr handeln können. Was schlimm für die Gesellschaft ist und noch schlimmer für das Militär. Wir versuchen, die Gesellschaft zusammenzuhalten"
Der Glaube bleibt in der Armee Privatsache. Als Imam stellt Arbi Gebetsräume zur Verfügung und ist Ansprechpartner bei Problemen. Gepredigt wird nicht. Außer bei Auslandseinsätzen. Dort werden freitags Gottesdienste organisiert.
Abdelkader Arbi, ein ehemaliger Chemiker, der unter anderem für mehrere deutsche Konzerne gearbeitet hat, ist ein besonnener Mann. Er raucht selbstgedrehte Zigaretten in seinem Büro, er lacht gerne. Bei einer Sache aber versteht er keinen Spaß: egal welchem Glauben sie angehören: seine Soldaten sind in erster Linie Franzosen.
"Das sind französische Soldaten. Keine muslimischen" und Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, sprich: der französischen Republik verpflichtet.