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Milliardenrückstellungen und Verluste
Rote Zahlen bei BMW

Zum ersten Mal seit zehn Jahren schreibt der bayerische Autobauer BMW Verluste. Es droht eine Kartellstrafe der EU, und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen. Der Vorschlag des Juso-Chefs Kevin Kühnert, den Konzern zu kollektivieren, macht die Situation nicht besser.

Von Michael Watzke |
Autobahn A8, bei Stuttgart, Autotransport
BMW hat mit jedem verkauften Auto weniger verdient, musste teilweise sogar hohe Rabatte gewähren, weil das Preisumfeld angespannt ist (imago / Arnulf Hettrich)
Wäre BMW ein kollektiviertes Unternehmen, dann müsste das Kollektiv gerade tief in die Tasche greifen: 310 Millionen Euro Verlust hat der Münchner Autobauer vor Zinsen und Steuern gemacht, nach knapp 1,9 Milliarden Euro Gewinn im Vorjahreszeitraum. Das Jahr 2019 sei anspruchsvoll, sagt BMW-Chef Harald Krüger.
"Unser Umfeld ist weiterhin volatil und von Ungewissheit geprägt. Gleichzeitig bereiten wir uns konsequent auf die technologischen Herausforderungen der Zukunft vor. Mit der Strategie "Number One Next" stellen wir dafür die Weichen."
BMW Group als "Vorzeigebeispiel der sozialen Marktwirtschaft"
Diese Weichen will Krüger in Richtung schnellere Prozesse und weniger Modelle, aber eher nicht in Richtung Zwangskollektivierung stellen. Zu den steilen Thesen von Juso-Chef Kevin Kühnert äußert sich Krüger nur knapp:
"Die Bundesrepublik Deutschland verdankt ihren Erfolg der sozialen Marktwirtschaft. Ich würde mal die BMW Group als ein Vorzeigebeispiel der sozialen Marktwirtschaft bezeichnen."
Im ersten Quartal 2019 hat die BMW Group 22,4 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Damit liegt sie fast auf Vorjahresniveau. Die Münchner haben sogar Marktanteile im Premium-Automobilsegment hinzugewonnen. Nur beim Gewinn sieht es düster aus: Minus 78 Prozent. Und in der Automobilsparte sogar tiefrote Zahlen.
Milliardenrückstellungen aus Angst vor EU-Kartellstrafen
Die Gründe sind vielfältig: BMW hat mit jedem verkauften Auto weniger verdient, musste teilweise sogar hohe Rabatte gewähren, weil das Preisumfeld in mehreren Märkten angespannt ist. Hauptgrund aber sind die Milliardenrückstellungen aus Angst vor Kartellstrafen durch die EU-Wettbewerbskommission. Das schmälert die Rendite, sagt BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter.
"Allein die Rückstellung im Zusammenhang mit den Kartellvorwürfen hat die EBIT-Marge im Bereich Automobile im Berichtszeitraum um fast sieben Prozentpunkte auf minus 1,6 Prozent gedrückt."
Dabei ist sich BMW in Sachen Kartellabsprachen mit Daimler und Volkswagen keiner Schuld bewusst, behauptet Peter und kündigt heftige juristische Gegenwehr an.
"Wir sehen in diesem Verfahren den Versuch, die zulässige Abstimmung von industriepolitischen Positionen zu regulatorischen Rahmenbedingungen mit unerlaubten Kartellabsprachen gleichzusetzen."
Sorgen angesichts möglicher US-Strafzölle
Die größte Gefahr droht BMW aber nicht aus Europa, sondern aus Amerika. Sollte US-Präsident Donald Trump mit seinen Strafzoll-Drohungen gegen China und die EU ernst machen, muss das exportabhängige Unternehmen BMW weitere Einbußen fürchten. Zwar betreiben die Münchner im US-amerikanischen Spartanburg ihr weltgrößtes Automobilwerk. Aber wegen der globalen Lieferketten sind Strafzölle Gift fürs Geschäft.
"Natürlich wird es einen Effekt geben, wenn China und die USA wieder in schwierige Handelssituationen reinfahren. Das hat dann auch Effekte aufs Geschäft. Aber ich glaube, beide Seiten haben den Willen, sich zu einer Einigung zu bewegen. Und das ist auch im Sinne der Weltpolitik wichtig."
Da spricht eher die Hoffnung als der Glaube aus Harald Krüger. Der BMW-Chef erwartet für den Rest des Jahres Rückenwind. Auch, weil BMW 2019 viele neue Modelle präsentiert.
"Daher rechnen wir bei den Verkaufszahlen mit einer stärkeren zweiten Jahreshälfte." Nur: Höhere Verkaufszahlen sind noch keine höheren Gewinne. Und da liegt BMWs Problem.