Ein Flugzeug startet vom Flughafen in Palma de Mallorca nach Frankfurt am Main. Der Urlaubsflieger ist gut besetzt, denn Mallorca ist ein Ziel, das die Deutschen wieder gern ansteuern.
Die Lufthansa will von Mitte Juli an sogar Jumbos einsetzen, um die Menge der Urlaubsreisenden zu befördern. Und Jens Bischof, Chef der Konzerntochter Eurowings zeigte sich vor wenigen Tagen ebenfalls optimistisch:
"Der positive Trend verstärkt sich sogar. Wir haben wirklich Flüge, die sich mittlerweile innerhalb von Tagen füllen. Und wir laden nach, das heißt, wir stellen neue Flüge ins System, sobald wir merken, dass die Nachfrage entsprechend ist."
"Die wirtschaftliche Lage ist eigentlich katastrophal"
Die Corona-Pandemie hat die Luftfahrtbranche in ihre bisher schwerste Krise gestürzt. Jetzt stehen die Zeichen auf Erholung, doch es ist noch lange nicht alles wieder gut, sagt Michael Gierse, Fondsmanager von Union Investment.
"Die wirtschaftliche Lage ist eigentlich katastrophal. Denn viele Fluggesellschaften hängen am Tropf der jeweiligen Regierungen. Wir sehen das in Deutschland mit der Lufthansa, wo der Staat interveniert hat. Er musste auch intervenieren, um das Unternehmen zu retten."
Lufthansa war nicht die einzige Fluggesellschaft, bei der Hilfe nötig wurde. Viele Airlines weltweit brauchten die stützende Hand des Staates - bis auf einige angelsächsische Airlines wie etwa Ryanair - und der Chef des irischen Billigfliegers, Michael O’Leary, lässt keine Gelegenheit aus, dies den anderen Fluggesellschaften deutlich zu machen. Zwar hatte auch Ryanair 2020 rote Zahlen geschrieben, der erste Verlust in der 35jährigen Firmengeschichte lag nach Steuern bei 815 Millionen Euro. Im Vergleich zur Lufthansa war das jedoch wenig, die meldete einen Verlust von 6,7 Milliarden Euro.
Kann Ryanair die Kosten der Pandemie also quasi aus der Portokasse bezahlen, wie das der oft etwas großsprecherische Manager andeutet? Ganz so wörtlich sollte man das wohl nicht nehmen, glaubt Yvonne Ziegler, Professorin für Luftfahrtrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences:
"Das ist wahrscheinlich wie immer bei O‘Leary etwas übertrieben. Aber es ist natürlich Fakt, dass Ryanair eine Airline ist, die langjährig eben sehr profitabel war und mit Sicherheit auch in der Lage war, Geld für so eine Krise zurückzulegen. Außerdem sind die natürlich auch sehr flexibel, was ihre Verträge mit den Mitarbeitern angeht und vermutlich ganz gut aufgestellt, um relativ flexibel auf diese Krise zu reagieren und auch die Kosten runterzudrücken."
Resiliente und anfällige Geschäftsmodelle
Hinzu kommt das Geschäftsmodell der Billigairlines, sagt Michael Gierse von Union Investment:
"Das sind Fluggesellschaften mit einer sehr, sehr niedrigen Komplexität. Die haben eine einzige Marke, Sie haben ein einziges Konzept, Sie haben auch nur einen einzigen Flugzeugtyp. Das reduziert extrem die Komplexität. Das Geschäftsmodell der Lufthansa ist in so einer Krise natürlich auch viel anfälliger."
Ryanair hatte in den vergangenen Monaten gegen einzelne Wettbewerber geklagt, die staatliche Hilfen erhalten hatten und zum Teil, etwa im Fall Condor oder Air France /KLM, Recht bekommen. Innerhalb der Europäischen Union hätten die einzelnen Staaten unterschiedlich gehandelt, sagt Eric Heymann, Luftfahrtexperte der Deutsche Bank Research:
"Mir ist es wichtig, dass man in dieser tiefen Krise, in der auch der Staat dazu beigetragen hat, dass Flugreisen erschwert worden und teilweise auch verboten worden, dass da dann auch der Staat mit Hilfsprogrammen eingesprungen ist und die Branche gestützt hat."
Der Steuerzahler musste also einspringen. Neun Milliarden Euro standen der Lufthansa an Staatshilfen zur Verfügung. 1,2 der 2,2 Milliarden Euro, die Belgien, Österreich und die Schweiz bereitgestellt hatten, wo die jeweiligen Tochtergesellschaften ihren Sitz haben, hat die Lufthansa in Anspruch genommen.
Lufthansa will Staatshilfen zeitnah zurückzahlen
"Von den 6,8 Milliarden Euro, die uns von der Deutschen Bundesregierung zur Stabilisierung der Lufthansa zugesagt worden sind, mussten wir bislang nur 2,3 Milliarden Euro abrufen. Davon haben wir durch die Rückzahlung des KfW-Kredits 1 Milliarde Euro sogar bereits wieder getilgt", sagte Carsten Spohr, der Lufthansa-Chef bei der Nationalen Luftfahrtkonferenz auf der Hauptversammlung Anfang Mai und bat die Aktionäre um ihre Zustimmung zu einem so genannten genehmigten Kapital.
Noch fließen keine Staatshilfen für Deutschlands größte Airline. Doch das könnte sich schon bald ändern. Welche Modelle kommen für den Einstieg des Staates in Frage? Ein Überblick.
Damit kann der Vorstand flexibel das Kapital erhöhen. Das soll der Kranichlinie offenbar drei Milliarden in die Kasse spülen. Damit könnte sie die restlichen Staatshilfen zurückzahlen – wenn auch zu Lasten der Aktionäre, deren Anteil am Gewinn verwässert wird, wenn der auf mehr Aktien aufgeteilt werden muss. Und das soll möglichst bald geschehen, kündigte Spohr vor wenigen Tagen an:
"Wir waren eines der ersten Unternehmen, was von der Bundesregierung gerettet wurde. Wir wollen auch eines der ersten Unternehmen sein, das die Rettungsmittel zurückzahlt - hoffentlich noch vor der Bundestagswahl."
Warum die Eile? Den Grund dafür erklärt Stefan Schöppner, Luftfahrtanalyst der Commerzbank:
"Er möchte den staatlichen Einfluss und die staatliche Mitsprache entsprechend vermindern. Er möchte wieder ein 'freier Unternehmer' sein, der die wesentlichen Entscheidungen alleine treffen kann, ohne die wesentlichen Entscheidungen mit dem Staat abstimmen zu müssen."
Lufthansa will "frei" ohne Auflagen agieren
Solange der Staat mit im Boot ist, muss die Fluggesellschaft bestimmte Auflagen der EU erfüllen: So ist ihr verboten, Dividenden an ihre Aktionäre auszuschütten oder Zinsen an Anleihebesitzer oder Boni an Führungskräfte zu zahlen. Das wird genau überprüft und bindet Kapazitäten im Alltagsgeschäft. Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU kann den Wunsch nach Staatsausstieg verstehen:
"Eine erfolgreiche Airline vor Corona muss mit den Hilfen durch Corona schnellstens wieder auf die Erfolgsspur kommen, und der Staat muss da raus."
Doch müsse man abwarten, ob die Erholung des Passagierluftverkehrs nachhaltig sei. Im vergangenen Jahr war der weltweit um 75 Prozent eingebrochen, seit Mitte März sogar um 95 Prozent. Inzwischen liegt man in Deutschland bei etwa 80 Prozent des Niveaus von 2019, denn erst seit Mai ist Reisen ja wieder stärker möglich. Im August, so hofft man, wird die Branche wieder 55 Prozent des Niveaus vom August 2019 erreichen. Das Vor-Corona-Niveau zu erreichen wird nach Schätzungen des Branchenverbands BDL wahrscheinlich bis 2024 dauern. Auch andere Airlines etwa in den USA sind nur mit staatlicher Hilfe durch die Krise gekommen – sie aber müssen diese nur zu einem Teil zurückzahlen. Das sei ein Wettbewerbsnachteil beim Neustart, meinen die europäischen Konkurrenten.
Verhalten gegenüber Kunden "nicht optimal"
Um wieder auf die Beine zu kommen, hatten die Fluggesellschaften ihr Geld zusammengehalten, allerdings auch das ihrer Kundschaft. Denn im Passagierverkehr gilt das Prinzip der Vorkasse: Mit der Buchung eines Flugs wird der gesamte Flugpreis fällig. Geld, das die Airlines in der Krise gut brauchen konnten – obwohl die meisten Flüge zu Beginn der Pandemie ausfielen. Doch anstatt das Geld direkt zurück zu überweisen - das muss eigentlich in einem solchen Fall innerhalb von sieben Tagen geschehen – freuten sich die Unternehmen über diese Liquidität in der Krise. Yvonne Ziegler:
"Da haben sicherlich die Airlines, also auch konkret die Lufthansa, sich nicht so ganz optimal verhalten. Das hat ja doch relativ lange gedauert, bis diese Tickets zurückerstattet wurden."
Das sei ein Ärgernis, meint jedoch Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband:
"Schon allein durch die Vorkassenpraxis ist ein eigentlich ungesundes Wirtschaftsmodell entstanden, wo mit den aktuellen Einnahmen dann aktuelle Ausgaben getätigt werden, und nicht sozusagen das Geld dann komplett für die Planung der Reise, die ich eigentlich bezahlt habe, genutzt wird. Und das hat natürlich in der Pandemie dazu geführt, dass bei ausbleibenden Einnahmen und gleichzeitig verlangten Rückerstattungen das System ins Straucheln gekommen ist."
Kaufpreis erst bei Check-in zahlen?
Seit Beginn der Pandemie belief sich diese Summe bei der Lufthansa etwa auf gut 3,9 Milliarden Euro. Statt der Rückzahlung hatte sie den Kunden Gutscheine angeboten. Die kann man annehmen, muss es aber nicht, sagt Verbraucherschützerin Jungbluth:
"Aber in jedem Fall steht mir das Geld zu. Ich kann darauf bestehen, dass der Ticketpreis erstattet wird."
Oft sei das nur unter Druck geschehen, dann also, wenn sich Kundinnen und Kunden an die Verbraucherzentralen, die Schlichtungsstelle Öffentlicher Personenverkehr oder Inkassobüros gewandt hätten. Eine Lehre aus dieser Krise ist deshalb für Verbraucherschützerin Jungbluth:
"Unsere Forderung wäre, nach der Erfahrung jetzt mit diesen pandemiebedingten schlechten Zurückzahlungsquoten, dass man die Vorkasseregelung ändert, entweder dahingehend, dass der Reisepreis erst bei Check-in fällig wird, oder zumindest so, dass die Verbraucherrinnen und Verbraucher die Wahl haben, ob sie das gesamte Geld bei Buchung zahlen wollen oder halt dann erst später."
Wurden die Mitarbeiter in der Krise ausgenutzt?
Neben den Verbrauchern aber haben die Beschäftigten in der Luftfahrt deutliche Zugeständnisse in der Krise gemacht. Das beschreibt Stefan Schwerthelm so, er ist im Vorstand der Flugbegleitergewerkschaft Ufo für die Tarifpolitik zuständig:
"Die wird insofern auf dem Rücken der Mitarbeiter bewältigt, dass man jetzt über dieses zusammen Durchhalten die Leute schon motivieren kann, in der Krise finanzielle Zugeständnisse zu machen und unter härteren Bedingungen zu arbeiten."
Schon im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter große Lasten tragen müssen: Zu Jahresbeginn seien gut zwei Drittel der mehr als 250.000 Beschäftigten der deutschen Luftverkehrswirtschaft in Kurzarbeit gewesen, sagte der Branchenverband BDL damals. Es drohten mittelfristig 60.000 Arbeitsplätze wegzufallen, prognostizierte er. Fast 30.000 der 2019 noch 138.000 Arbeitsplätze sind schon bei der Lufthansa gestrichen worden, das Argument: Man müsse kleiner und effizienter werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. 100.000 Arbeitsplätze wolle man auf Dauer sichern, sagte Spohr:
"Die Chancen der Lufthansa liegen zunächst einmal darin, dass wir diese Krise nicht nur überlebt haben mithilfe der Bundesregierung wie auch alle anderen Airlines weltweit jeweils von ihren Staaten gestützt werden mussten, sondern dass wir danach weiter eine Spitzenstellung in der Welt haben. Es geht darum, wie spielt man zukünftig weltweit noch eine Rolle. Und Wettbewerbsfähigkeit ist das, was Arbeitsplätze sichert."
Die Lufthansa auf den Spuren der Billigflieger?
Weil die Stammkundschaft, die Geschäftsreisenden, nach der Krise wahrscheinlich nur zögerlich zurückkommen werden, setzt der Lufthansa-Konzern inzwischen auch auf eine Billigairline: Deshalb wurde Eurowings gegründet. Und da werden natürlich Kosten gedrückt, auch bei den Mitarbeitern. Eurowings-Chef Jens Bischof grenzt sich zwar ab von den Methoden etwa der irischen Ryanair:
"Wir sind auf die Einhaltung aller lokalen, regionalen und überregionalen, sozialen Standards in der Lufthansa Gruppe und damit auch bei der Eurowings Gruppe entsprechend verpflichtet."
Doch mit Neugründungen außerhalb Deutschlands wirbt das Unternehmen neue Mitarbeiter an – zu entsprechend niedrigeren Tarifen, erklärt Stefan Schwerthelm von Ufo:
"Deswegen befürchte ich, dass das erst der Anfang ist davon, dass sich dann auch ein Konzern wie die Lufthansa halt mal umschaut, wie komme ich denn aus diesen tradierten deutschen Tarifverträgen raus und kann also woanders im europäischen Ausland günstiger operieren?"
Kritik an ausbleibenden Klimaschutzkonzepten
Der Neustart der Luftfahrt geht also zum Teil zu Lasten der Passagiere und der Beschäftigten. Möglicherweise auch zu Lasten des Klimas, das befürchten zumindest Klimaschützer:
"Die Luftfahrtkonzerne haben es verpasst, sich zukunftsfähig aufzustellen. Dafür hätten sie eigentlich diese Zäsur, die die Coronapandemie gebracht hat, nutzen müssen", sagt Benjamin Stephan, Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Branchenvertreter redeten viel, aber täten zu wenig, lautet seine harsche Kritik. So bekennen sich zwar auch die Chefs der Billigfluglinien wie Ryanair-Chef Michael O’Leary zum Klimaschutz, so sollen bis 2030 in Europa 43 Prozent der Treibhausgase gegenüber 2005 eingespart werden, die IATA, der internationale Dachverband der Fluggesellschaften, möchte bis 2050 die CO2-Emissionen um 50 Prozent gegenüber 2005 senken. Ein Weg dahin: die Fluggesellschaften investieren in neue, effizientere Flugzeuge. O’Leary verbindet das jedoch mit einer Forderung:
"Wir investieren alle sehr stark in neue Technologie. Die Regierungen können und müssen aber mehr tun vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung von nachhaltigen Treibstoffen, damit diese schneller verfügbar sind."
Forderung nach starker Reduktion des Flugverkehrs
An solchen Kraftstoffen wird derzeit geforscht, doch zum einen ist das Angebot noch sehr überschaubar, zum anderen müssen die Flugzeuge auch dafür ausgelegt sein. Zumindest beim neuen Bereitschaftsflugzeug der Bundesregierung, einem Airbus A 350, sei das schon möglich.
Das erklärte Airbus-Vorstand Michael Schöllhorn auf der Nationalen Luftfahrtkonferenz Bundeskanzlerin Angela Merkel:
"Der Flieger ist auch bereits schon zertifiziert für eine Beimischung von 50 Prozent nachhaltigen Flugbenzins, sustainable aviation fuels. Wir können 50 Prozent ab heute fliegen, wenn der Treibstoff zur Verfügung steht."
(Autorin:) "Was hindert uns daran?"
"Eigentlich nur die Produktionsmenge. Die Verfügbarkeit von sustainable aviation fuels, die bezahlbar sind in der ausreichenden Menge, die Distribution, all das muss jetzt aufgebaut werden, all das müssen wir gemeinsam in einer Kraftanstrengung zwischen der Industrie, aber auch der öffentlichen Hand mindestens in ganz Europa schaffen. Denn dann sind Voraussetzungen gelegt, dass wir dann auch fliegen können."
Doch bisher verlangt die Bundesregierung von der Branche nur zwei Prozent Beimischung bis 2030. Das reiche aus Sicht von Wissenschaftlern, die Greenpeace zu Rate gezogen habe, nicht aus:
"Die haben ganz klar gesagt, auch wenn wir das zu 100 Prozent auf diese strombasierten Kraftstoffe umstellen, müssen wir in Europa trotzdem den Flugverkehr um etwa 30 Prozent reduzieren, um da in ein tragfähiges System reinzukommen, dass dauerhaft auch klimaverträglich ist", so Greenpeace-Verkehrsexperte Stephan. Mit "nachhaltigen Kraftstoffen" meint die Branche sowohl strombasierte als auch Bio-Kraftstoffe.
Debatte über Verbot von Kurzstreckenflügen
Die aber könne man gar nicht in ausreichender Menge produzieren, ohne wieder andere Probleme zu erzeugen, sagen Klimaschützer. Deshalb ist für sie aktuell die schnellste Möglichkeit, Emissionen zu vermeiden: weniger fliegen. Vor allem sollte man Kurzstreckenflüge möglichst vermeiden. Man solle auf die Bahn umsteigen. Daran aber scheitert es noch – denn das Bahnnetz muss deutlich ausgebaut werden.
In Deutschland etwa habe man da in der Vergangenheit eine Chance vertan, sagt Yvonne Ziegler von der Frankfurt University of Applied Sciences:
"Es gab ja früher auch mal den Lufthansa Express, diesen Zug, der zwischen Köln und Frankfurt gefahren ist. Es gab da schon eine engere Kooperation. Das war aber eben durchaus komplex, und deshalb hat man das wieder aufgegeben. Von daher ist es mit Sicherheit richtig, dass man auf dieses Thema noch mal den Fokus wirft, um einfach auch einen reibungslosen Transport zwischen unterschiedlichen Transportmitteln zu gewährleisten. Aber einfach nur ein Verbot auszusprechen, ist sicherlich suboptimal."
Gegen ein generelles Verbot wehrt sich auch die Branche. Denn dann würden die Zubringerflüge für Langstrecken an Deutschland vorbeigehen und der deutschen Luftverkehrswirtschaft schaden, heißt es. So argumentiert auch Verkehrsminister Scheuer:
"Diese Airlines, egal in welchem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, sind ja keine Wohlfahrtsunternehmen. Die müssen drauf schauen, dass sie irgendwann nach der Krise hoffentlich gestärkt da hervorgehen, um im internationalen Wettbewerb eine Rolle zu spielen, weil sonst wird nämlich die europäische Luftverkehrswirtschaft geschluckt mit den Airlines. Und das will ich nicht."
Kerosinbesteuerung mit "symbolischen Beträgen"
Die Lobbyarbeit der Branche sei sehr gut, hat Greenpeace-Verkehrsexperte Stephan beobachtet, man erkläre sich auf europäischer Ebene gesprächsbereit, aber bremse auf der nationalen Ebene, etwa beim Thema Steuern:
"Fakt ist, wir haben eine europäische Gesetzgebung, die eigentlich eine einheitliche Energiebesteuerung vorsieht. Für Kerosin wird die eigentlich fast durchgehend nicht erhoben oder in Teilen nur mit ganz winzigen symbolischen Beträgen. Und da muss man einfach reingehen und muss den ersten Schritt auch machen."
Auch gegen eine stärkere Einbeziehung in den Emissionshandel wehrt sich die Branche. Dabei wäre das auch aus Sicht von Ökonomen das wirkungsvollste Instrument. Eric Heymann von der Deutsche Bank Research:
"Dadurch, dass der Sektor Teil des Emissionshandels ist, kann er sich praktisch bei anderen Sektoren, wo es günstiger ist, CO2 zu vermeiden, herauskaufen. Er kann also Zertifikate aus anderen Sektoren erwerben, um dann selbst im Rahmen des vorgegebenen Emissionsbudgets wachsen zu können. Das ist im Sinne des Erfinders, das ist effizienter Klimaschutz und auch effektiver Klimaschutz, weil die absolute Menge an Emissionsrechten nicht überschritten werden kann. Es wird durch dort vermindert, wo es kostengünstig ist."
Das aber würde auch bedeuten: Die Kosten fürs Fliegen müssen steigen. Damit müssten auch die Tickets für Verbraucher teurer werden, so würde der Luftverkehr maßvoller wachsen. Daran dürfte über kurz oder lang kein Weg vorbeigehen.