"Wenn man mir unterstellt, ich hätte bewusst zum Nachteil des Landes Hessen gehandelt, ist das ersten ehrenrührig, zweitens falsch und drittens weise ich das mit aller Entschiedenheit zurück."
Zurück weist Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier den Vorwurf der Landtagsopposition, er habe mit einem Brief an den Energiekonzern RWE zum Atomkraftwerk Bilblis dem Land Hessen geschadet.
Hintergrund des Briefes ist das Moratorium für den Betrieb deutscher Atommeiler nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011. Bouffier hatte nach Fukushima dem damaligen RWE-Chef Jürgen Großmann schriftlich mitgeteilt, dass man den RWE-Atommeiler Biblis für immer runterfahren wolle. Das ARD-Magazin "Monitor" hatte in der vergangenen Woche darüber spekuliert, Bouffier habe den Brief an RWE auf Bestellung Großmanns geschrieben, damit das Energieunternehmen etwas für eine Schadensersatzklage gegen das Land Hessen in der Hand habe. Allein für die Abschaltung von Biblis verlangt RWE mehr als 200 Millionen Euro Schadensersatz vom Land Hessen. Bouffier verteidigt seinen Brief an den Essener Stromkonzern:
Bouffier: Mein Brief taugt nicht als Grundlage für die Klage
"Es war der einhellige Wille aller Fraktionen des hessischen Landtags, aber auch der Landesregierung, der Bundesregierung und weiter Kreise der Öffentlichkeit, dass auch nach dem Moratorium die alten Meiler nicht mehr als Netz gehen sollen. Dieser politische Wille ist von mir als Antwort – ich habe den Brief ja als Antwort auf das Schreiben von Herrn Großmann formuliert – zum Ausdruck gebracht worden."
RWE habe einen rechtsgültigen Bescheid für die dauerhafte Abschaltung von Biblis gewollt. Diesen habe der Konzern aber mit seinem Schreiben nicht bekommen, argumentiert Volker Bouffier. Deswegen tauge sein Brief auch nicht als Grundlage für die Schadensersatzklage des Konzerns gegen das Land Hessen. Diese Argumentation des Ministerpräsidenten stützen auch die Grünen, Koalitionspartner Bouffiers in der Landesregierung. Dennoch will Frank Kaufmann weitere Aufklärung. Kaufmann ist Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags, der sich zurzeit mit den Vorgängen bei der Abschaltung von Biblis im Jahr 2011 beschäftigt.
Spekulationen über Kumpanei zwischen CDU und RWE
"Nach unseren bisherigen Feststellungen, die natürlich noch erhärtet werden müssen oder auch falsifiziert werden müssen durch die Zeugenbefragung, die ja noch nicht stattfinden konnte, ist dieses Schreiben, was jetzt Schadensersatzforderungen angeht, völlig ohne Belang. Es ist eine Mitteilung an den Vorsitzenden des Vorstandes der RWE AG, der eine Nachfrage gestellt hat. Der genauere Zusammenhang, der in den Akten nur rudimentär vorhanden ist, kann dann erst geklärt werden durch die Zeugenvernehmung."
Doch auch den Grünen ist klar, dass der Briefwechsel zwischen Bouffier und dem damaligen RWE-Chef Großmann von den Energiekonzernen bei ihren laufenden Schadensersatzklagen herangezogen wird. Die Landtagsopposition in Wiesbaden spekuliert über eine mögliche Kumpanei der CDU mit der Atomindustrie. Willi van Ooyen ist Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im hessischen Landtag. Dass der Ministerpräsident die Kritik der Opposition als "ehrverletzend" bezeichnet, lässt ihn kalt:
"Also für uns war ja nicht wichtig, wie die Ehre von Herrn Bouffier aussieht, sondern wie konkret die Vorgänge zu betrachten sind, um die es jetzt in Biblis geht. Wie verhält sich das mit dem Brief, aber vor allen Dingen, wie ist die Aufklärung im Untersuchungsausschuss zu gestalten."
Volker Bouffier wird als Zeuge vor dem Biblis-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages gehört werden – ein Termin ist noch nicht klar.