Dokumentarisches Theater ist das, was der Schweizer Regisseur Milo Rau auf die Bühnen bringt. Zum Beispiel wenn er drei Prozesse gegen Künstler und Ausstellungsmacher aus Moskau neu aufrollt und die Beteiligten im nachgebauten Gerichtsstand noch einmal aufeinandertreffen lässt: Da muss zum Beispiel ein reales Mitglied der russischen Punk-Band Pussy Riot einem realen Aktivisten der russisch-orthodoxen Kirche die Motive für den Auftritt in der Erlöserkathedrale erklären. "Die Moskauer Prozesse" nennt Milo Rau diese Inszenierung, nach jenen, die im Rahmen der Großen Säuberung unter Stalin stattgefunden haben. Und er hat sie nachgestellt mit allem was dazu gehört: Richter, Beisitzer, Anklage, Verteidigung, Schöffen und mit offenem Ausgang. Vor genau einem Jahr im Sacharow-Zentrum Moskau uraufgeführt, kommt die filmische Dokumentation des Projekts nächste Woche ins Kino.
Archiv
Milo Rau
Nachstellung des Pussy-Riot-Prozesses
Er lässt die Verteidigungsrede des wegen 77-fachen Mordes verurteilten Norwegers Anders Breivik verlesen, er lässt noch einmal die Radiostation aus Ruanda senden, die mit ihrem Hetzprogramm den Völkermord an den Tutsi angefeuert hat. Mio Rau mischt mit seinem Theater bei zentralen Themen mit.