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Mindestlohn als Spielball politischer Interessen

Ein zu niedriger Mindestlohn sei unwirksam. Es bestehe aber generell die Gefahr, dass er zu hoch ist, weil Parteien hier entscheiden, bemängelt der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Und lehnt deshalb den Mindestlohn in jeder Form ab.

Von Claudia van Laak |
    Philipp Rösler kann sich freuen. Der wissenschaftliche Beirat des von ihm geleiteten Bundeswirtschaftsministeriums unterstützt den FDP-Politiker in einem wichtigen Punkt. Die Ökonomen haben sich heute in einem Bericht gegen die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns ausgesprochen. Ein solcher Mindestlohn werde zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen und zum Spielball politischer Interessen, sagte Eckhard Janeba, Volkswirt und stellvertretender Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats:

    "Der Grund, warum wir da ein Problem darin sehen, ist das eben es dann vielleicht gerade attraktiv ist, sich politisch zu überbieten und höhere Löhne zu fordern, dies aber langfristig dazu führen kann, dass eben die ökonomischen Rahmenbedingungen in den einzelnen Branchen nicht hinreichend berücksichtigt werden."

    Der Beirat hat die von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studien zu branchenspezifischen Mindestlöhnen eingehend untersucht. Das Ergebnis: Es gebe keine statistisch gesicherten Befunde dafür, dass Arbeitgeber Stellen strichen, wenn sie Mindestlöhne zahlen müssten. Dieses Ergebnis für einzelne Branchen lasse sich aber nicht auf einen deutschlandweiten gesetzlichen Mindestlohn übertragen, meinen die Ökonomen. Albrecht Ritschl, Professor an der London School of Economics:

    "Ein Mindestlohn ist, wenn er gering ist, unwirksam. Wenn er hoch ist - und das ist die Gefahr, weil hier Parteien über Dritte entscheiden-, ist er gefährlich. Und er ist weiterhin eben ein Gesetz zur Förderung der Schwarzarbeit."

    Die CDU-CSU-Fraktion im Bundestag präferiert – gemeinsam mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen – ein sogenanntes Kommissionsmodell. Für Branchen, in denen kein tarifvertraglich vereinbarter Lohn gilt, solle eine Kommission der Tarifpartner eine Lohnuntergrenze festlegen. Diesen Vorschlag – in der schwarz-gelben Koalition nicht mehrheitsfähig – lehnen die Wissenschaftler ebenfalls ab. Für den Wirtschaftshistoriker Ritschl ist die Wahl pro oder contra Mindestlohn eine Richtungsentscheidung. Er warnt:

    "Was wir davon haben, wenn wir das wirklich machen, ist im Prinzip, dass wir ein Einfallstor für alte staatssozialistische Experimente schaffen, die wir in der Weimarer Republik alle schon einmal hatten. Und da muss jemand ganz laut Alarm schreien. Wir wollen nicht und sollten nicht den Weg in die Weimarer Republik gehen."

    Während der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums also warnt, hat der Sozialverband Deutschland heute noch einmal ausdrücklich die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gefordert. Der Verband hält einen Stundenlohn von 8,50 Euro für angemessen – genau wie die SPD.