Der gesetzliche Mindestlohn startete bei 8,50 Euro, beträgt nun 8,84 Euro und soll ab dem 01. Januar 2019 dann auf 9,19 Euro steigen. In einem weiteren Schritt soll er im darauffolgenden Jahr auf 9,35 Euro klettern.
Das sieht der neue Bericht der zuständigen Mindestlohn-Kommission aus jeweils drei Gewerkschaftern und Arbeitgebervertretern sowie zwei beratenden Wissenschaftlern vor. Das Gremium ist seit Einführung des Mindestlohns 2015 dafür zuständig, der Bundesregierung alle zwei Jahre darzulegen, welche Lohnuntergrenze angemessen ist.
Es orientiert sich dabei an der tariflichen Lohnentwicklung, dem Tarifindex des Statistischen Bundesamtes, ohne Sonderzahlungen mit einzubeziehen. Die Entscheidung für die neu vorgeschlagenen Beträge fiel einstimmig. Auch der jüngste Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ist für die zweite Erhöhung im Jahr 2020 miteinkalkuliert. Rund vier Millionen Beschäftigte sollen von der Erhöhung profitieren, insbesondere in Ostdeutschland. Kommissionschef Jan Zilius:
"Die Ergebnisse des Berichts lassen den Schluss zu, dass dieser sich an der Tarifentwicklung orientierende stufenweise Anpassung des gesetzlichen Mindestlohness geeignet ist zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen, sowie Beschäftigung nicht zu gefährden."
Kein Rückgang bei Beschäftigungszahlen wegen Mindestlohn
Zilius betonte, dass die Lohnuntergrenze bisher zu einer deutlichen Erhöhung des Stundenlohns geführt habe. Außerdem sei die Beschäftigung nicht zurückgegangen - wie noch vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns befürchtet worden war. Unklar sei allerdings, in welchem Maße die gesetzliche Lohnuntergrenze umgangen würde. Getrickst würde vor allem bei der Arbeitszeit oder unrealistisch hohen Leistungsvorgaben, die die Beschäftigten nur durch Mehrarbeit erfüllen könnten. Die Zahlen, wie viele Menschen vom Mindestlohn ausgeschlossen werden, variieren von 750.000 bis zu 1,8 Millionen Betroffenen. Die Kommission fordert für die kommende Anpassung daher solidere Daten von der Bundesregierung.
Wie schon seine Vorgängerin Andrea Nahles, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, ebenfalls SPD, heute bereits beim Entgegennehmen des Berichts versprochen, die Vorschläge umzusetzen:
"Was bleibt dem Arbeitsminister? Er freut sich und er hat jetzt was zu tun. Mit Vergnügen wird er dafür sorgen, dass wir diese Erhöhung um fast 5,8 Prozent bis 2020 die Beschäftigten per Rechtsverordnung der Bundesregierung auch umsetzen."
Zoll soll Mindestlohn künftig schärfer kontrollieren
Hubertus Heil kündigte darüber hinaus auch schärfere Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns an. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit FKS beim Zoll soll um 1400 Mitarbeiter verstärkt werden:
"Wir haben Graubereiche, die müssen ausgeleuchtet werden durch stichprobenartige, aber sehr gründliche Kontrolle der FKS. Das wird nicht gleich sofort gelingen, weil man die Kräfte nicht nur rekrutieren, sondern auch ausbilden muss, aber die deutliche Verstärkung, die Olaf Scholz in seinem Geschäftsbereich vornehmen muss, ist im Haushalt 2019 angelegt."
Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer - außer für Langzeitarbeitslosen, in den ersten sechs Monaten ihres neuen Jobs. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt die Lohnuntergrenze nicht. Daneben gibt es in mehreren Branchen Mindestlöhne, die über dem Niveau liegen.
Für die nächste Anpassung der Lohnuntergrenze wird die Mindestlohn-Kommission einen Betrag von 9,29 Euro voraussetzen. Das soll verhindern, dass die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst doppelt gerechnet wird.
Sozialverbände empfinden die geplante Erhöhung als zu niedrig. Susanne Ferschl, stellvertretende Linksfraktion-Vorsitzende sagte, der Mindestlohn bleibe trotz geplanter Erhöhung "ein Mangellohn". Auf diese Weise würde Europas größter Niedriglohnsektor nicht bekämpft. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, kritisierte in der Rheinischen Post, dass fast zwei Millionen anspruchsberechtigte Arbeitnehmer noch immer weniger als den Mindestlohn erhielten. Zum anderen nehme die Arbeitszeit vieler Menschen mit geringen Löhnen ab, so dass ein Anstieg des Mindestlohns kaum zu höheren Monatseinkommen führe.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion Peter Weiß findet, dass sich die Mindestlohnkommission als politisch unabhängiges Gremium bewährt habe. Die Politik solle sich in die Lohnfindung nicht einmischen.