Das vom Kabinett beschlossene Tarifpaket, zu dem auch Verbesserungen für die Branchenmindestlöhne gehören, bezeichnete Nahles als "Wendepunkt". "Wir geben der Arbeit ihren Wert zurück", sagte die Ministerin.
Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen:
- Langzeitarbeitslose haben erst nach sechs Monaten in ihrem neuen Job einen Anspruch auf den Mindestlohn.
- Menschen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung sollen den Mindestlohn nicht erhalten, damit diese nicht lieber eine Stelle mit Mindestlohn annehmen, statt eine schlechter bezahlte Ausbildungsstelle.
- Denn Auszubildende sind ebenfalls ausgenommen.
- Keinen Mindestlohn gibt es im Ehrenamt und bei Pflichtpraktika (beispielsweise vor einer Berufsausbildung) unter sechs Wochen.
- In einer Übergangsphase bis Ende 2016 sollen in einzelnen Branchen Tarifverträge unter 8,50 Euro existieren dürfen.
Jusos mit Regelung unzufrieden
Von den Ausnahmen sind Opposition und auch einige SPD-Politiker wenig begeistert. "Es gibt so viele Ausnahmen, dass man von einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn kaum noch reden kann", sagte der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch im Deutschlandfunk. Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer kritisierte, dass durch die sechsmonatige Ausnahme der Langzeitarbeitslosen "über eine Million Betroffene pauschal stigmatisiert" würden.
Weniger erwartbar und auch deutlicher war die Kritik der Jusos. Deren Bundesvorsitzende Johanna Uekermann teilte mit: "Dieser Beschluss ist Rückschlag für alle, die für einen flächendeckenden Mindestlohn gekämpft haben". Die Bundeskanzlerin und der Wirtschaftsflügel der hätten sich auf Kosten der jungen Generation und der Schwächsten der Gesellschaft durchgesetzt. Langzeitarbeitslosen drohe nach sechs Monaten so die erneute Kündigung. Die SPD-Fraktion solle diese "Ungerechtigkeit korrigieren".
Wir wollen einen flächendeckenden Mindestlohn. Ein Mindestlohn a la Angela Merkel ist Käse! http://t.co/LT6H6sZLF0 pic.twitter.com/tQTDWmvxS6— Jusos in der SPD (@jusos) 2. April 2014
Aus der Wirtschaft wiederum kam die erneute Forderung nach einer höheren Altersgrenze als 18 Jahre. 8,50 Euro seien für junge Menschen ein "falscher Köder", sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. "Wir brauchen die Jugendlichen in unseren Betrieben."
Erste Erhöhung des Mindestlohns 2018 möglich
Ab 2017 soll eine unabhängige Kommission über die Höhe des Mindestlohns entscheiden. Eine Erhöhung soll es demnach erstmals ab 2018 geben können.
Sonderregeln soll es künftig auch für einzelne Branchen geben. So sollen Stück- und Akkordlöhne auch nach Einführung des Mindestlohns zulässig bleiben, wie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) mitteilte. Es müsse aber gewährleistet sein, dass ein Lohn von 8,50 pro Stunde erreicht werden kann. "Wir haben einen Kompromiss im Gesetzentwurf gefunden, der im Interesse der Landwirtschaft und der Saisonarbeiter ist." Eine Stücklohn-Regelung könnte es auch in anderen Branchen geben, etwa bei den Zeitungsausträgern.
Der Bundestag soll das Gesetz am 4. Juli beschließen, sagte Bundesarbeitsministerin Nahles. Am 19. September soll es dann durch den Bundesrat.