Mindestlohn im Sport
Großer Unsicherheitsfaktor für Sportvereine

Seit Januar 2024 gilt ein neuer Mindestlohn in Höhe von 12,41 Euro die Stunde. Doch DFB und DOBS hatten ihren Mitgliedsverbänden klargemacht, dass dieser nicht für Vertragssportler gelte. Bei den Vereinen herrscht deswegen große Unsicherheit.

Von Thorsten Poppe |
Luftbildaufnahme von der Baustelle für neue Fußballplätze und Sportanlage von einem Sportverein.
Auch in Sportvereinen gilt der Mindestlohn. Doch rechtlich stehen viele Vereine auf unsicheren (imago images / Hans Blossey)
Wer bei einem Fußball- oder Sportverein einen Vertrag unterschreibt, gilt als so genannter Vertragssportler und nicht mehr als reiner Amateur. Egal in welcher Liga, theoretisch können solche Verträge auch in der Kreisliga geschlossen werden. 
Für Vertragssportler ist bisher eine Mindestvergütung von 250 Euro vorgesehen gewesen, ab Februar 2024 sind es unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sogar 350 Euro. Ob aber für dieses Vertragsverhältnis nicht auch der gesetzliche Mindestlohn zugrunde gelegt werden müsste, das ist schon seit seiner Einführung 2015 Gegenstand intensiver Diskussionen. Allein, was als Arbeit im Sportverein überhaupt bewertet wird, ist bis heute rechtlich nicht eindeutig geklärt:
„Fakt ist: Es gibt ja viele ungeklärte Fragen. Ist also Training beispielsweise Arbeitszeit? Was ist mit den Fahrten zu Auswärtsspielen, manchmal mehrere Stunden im Bus? Ist das Arbeitszeit oder sind es tatsächlich die 90 Minuten auf dem Platz, wenn es um das Fußballspiel geht“, so André Hahn. Er ist sportpolitischer Sprecher der Linken.

Für den DFB steht die sportliche Betätigung im Vordergrund

Die Partei hatte sich lange für die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland eingesetzt. "Insofern glaube ich, und das sagen mir auch Vereine, dieses Signal bekomme ich, dass dann das nicht nur an die Substanz gehen würde. Da würden einige Vereine pleitegehen, wenn sie tatsächlich den Mindestlohn zahlen müssten."
Für DFB und DOSB ist jedenfalls klar, dass Vertragssportler nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fallen. Die Sportverbände richten sich dabei nach einer Empfehlung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Denn die ehrenamtliche sportliche Betätigung und nicht die finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit stünde bei Sportlern im Vordergrund, so das BMAS.
Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk begründet der DFB auch noch einmal seine Linie: „Und das ist dann eben genau die Abgrenzung gewesen, zu sagen, dass hier nicht automatisch das Mindestlohngesetz greift, weil es eben in erster Linie um eine sportliche Betätigung geht und nicht darum, Geld zu verdienen“, so Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb in der DFB GmbH & Co. KG.
„Daran konnten die Vereine sich bisher auch orientieren. Und in der Praxis hat das nach unserem Kenntnisstand zumindest auch sehr gut funktioniert. Dass man diese Einschätzung dann auch über die zuständigen Behörden dann entsprechend auch erfolgt ist, das ist der Grundsatz!“

Rechtssicherheit gibt es nicht

Allerdings – und das betonen DFB und DOSB in einem Schreiben an ihre Mitgliedsorganisationen, das unserer Redaktion vorliegt: mit dieser Einschätzung gehe keine Rechtssicherheit einher. Seit neun Jahren ist für dieses Problem also keine wirkliche Lösung in Sicht:
"Die Diskussion um den Mindestlohn im Sport ist so alt wie das Mindestlohngesetz selbst", so Ulf Baranowsky von der Spielergewerkschaft VDV. Die VDV vertritt mehr als 1.400 Fußballprofis hierzulande:
"Das Mindestlohngesetz gilt für jeden Arbeitnehmer und sieht keine Ausnahmen für den Sport vor. Das heißt, Sportler haben grundsätzlich einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, und zwar für alle Zeiträume, in denen sie ihren Arbeitnehmerpflichten nachkommen müssen. Leider wird regelmäßig und mit durchaus fragwürdigen Argumenten versucht, die Arbeitnehmereigenschaft von Sportlern mit geringen Einkommen in Frage zu stellen."

Sportvereine stehen in der Pflicht - aber rechtlich unsicher da

Der DFB stellt jedenfalls klar, dass es aus seiner Sicht immer auf jeden Einzelfall ankomme. Für den Verband sei es wichtig, die rechtliche Einschätzung des BMAS in dieser Frage auch an die Vereine zu kommunizieren:
„Weil das tatsächlich komplexe Vorgänge sind und wir auch nicht erwarten können, dass alle unsere Vereine in der Lage sind, sich dort eben Rechtsbeistand, ob im Arbeitsrecht oder im Steuerrecht etc., zu holen. Umso wichtiger ist es, dort Regelungen zu finden, Abstimmungen zu treffen im Sinne unserer Vereine.“
Letztendlich sind und bleiben aber die Sportvereine, was die Anwendung des Mindestlohns angeht, selbst in der Pflicht. Ideal sei diese aber für die Vereine und Aktive im Sport leider nicht, so André Hahn von den Linken.
„Es ist und es bleibt ein Problem im Amateursportbereich, insbesondere im Amateurfußball. Das ist keine Lösung, mit der alle zufrieden sein werden. Und am besten wäre es, man würde generell sagen: Amateursport ist Amateursport.“
Eine Unterscheidung zwischen reinen Amateuren und Vertragsportlern als Arbeitnehmern fordert übrigens auch die Spielergewerkschaft VDV, damit auf allen Seiten Klarheit herrsche.