Britta Fecke: Das Bundeskartellamt hat ein Wettbewerbsverfahren gegen die fünf großen Mineralölunternehmen BP, Esso, Jet, Shell und Total eingeleitet. Die fünf beliefern nämlich neben ihren Tankstellen auch die freien Tankstellen und die großen Konzerne stehen nun im Verdacht, für die Belieferung von freien Tankstellen höhere Preise verlangt zu haben als von den Endkunden an den eigenen Tankstellen.
Ich bin jetzt verbunden mit Steffen Bock vom Verbraucherportal Clever-tanken.de. Herr Bock, wenn die großen fünf auch die freien Tankstellen beliefern, lohnt sich dann die Anfahrt dieser Tankstellen überhaupt noch für den Verbraucher?
Steffen Bock: Ja, die Anfahrt lohnt sich auf jeden Fall. Allerdings muss man sagen, das hat sich ein kleines bisschen verschoben. Früher gab es ja immer so diese Preisdifferenz zwei Cent von den freien Tankstellen zu den großen Tankstellen, die eigentlich das Marktgeschehen bestimmt haben. Heute ist es mehr relevant, zum richtigen Zeitpunkt zur richtigen Tankstelle zu fahren. Da kann es sowohl bei der Markentankstelle wie auch bei der freien Tankstelle durchaus Preissprünge von über zehn Cent geben. Also daran hat sich nichts geändert und da kann durchaus die freie Wahl sehr stark im Vorteil sein.
Fecke: Die Rohölpreise sind in den letzten Wochen gar nicht weiter gestiegen, dennoch haben die Mineralölunternehmen so fünf Cent pro Liter draufgeschlagen. Könnte durch dieses Wettbewerbsverfahren, egal wie es ausgeht, auch ein Signal an die großen fünf gegeben werden, in Zukunft etwas weniger, ich sage mal, selbstbewusst bei der Gestaltung der Benzinpreise vorzugehen?
Bock: Das halte ich für komplett illusorisch, da wird nichts passieren. Diese ganzen Verfahren, die vom Kartellamt angestrengt worden sind, die haben ja eigentlich immer nur zu Tage gefördert, dass es so eine Art blindes Verstehen gibt zwischen den Gesellschaften. Man kann ihnen ja eigentlich nichts nachweisen und wahrscheinlich tun sie auch nichts Verbotenes. Das ist einfach die Marktstruktur und die nehmen sich, was sie können. Von daher glaube ich nicht, dass die so eine Art freiwillige Selbstbeschränkung in Zukunft einführen werden.
Es wird eher an uns Verbrauchern liegen, dass wir uns tatsächlich mal so verhalten, wie das eigentlich immer gefordert wird, nämlich nicht nach Preiserhöhungen zu tanken, und zwar konsequent, und wenn man sich umguckt, das machen leider immer noch sehr viele, und solange die Leute darauf reinfallen, werden auch die Preiserhöhungen in der Form nicht aufhören.
Fecke: Was meinen Sie mit nicht danach zu tanken, so lange zu warten, bis die Preise wieder runtergehen?
Bock: Richtig. Es gehen ja auch immer wieder mal Boykottaufrufe durchs Netz, von denen ich persönlich gar nichts halte. Es ist eigentlich eher so eine Art Miniboykott, dieser Verwirrung mit System mal entgegenzutreten und einfach zu sagen, ich fahre vorausschauend mit meinem Auto, ich fahre mein Auto auch gar nicht mehr ganz leer, sodass ich nicht mehr unbedingt dann tanken muss, wenn der Tank gerade leer ist, sondern dass ich dann tanken kann, wenn der Preis gerade mal günstig ist. Und das ist schon ein signifikanter Unterschied im Verbraucherverhalten, der sich bei einigen schon durchgesetzt hat, aber eben noch nicht bei der Masse.
Fecke: Sie sprechen vom Verbraucherverhalten. Ich finde es ein großes Paradoxon, dass obwohl der Benzinpreis ja nun immer weiter steigt, wir "peak oil" schon erreicht haben, immer noch sehr viele sehr große Wagen gefahren werden. Müsste man nicht da ansetzen?
Bock: Ja. Aber das Problem ist eigentlich nicht bei den Leuten, die sich Gott sei Dank ein großes Auto leisten können, sondern das Problem ist bei den Leuten, die pendeln müssen und für die auf einmal jetzt zehn Prozent Preissteigerung bei den Energiekosten im letzten Jahr aufgetreten sind. Ich denke, da ist das der Hauptgrund und da bin ich jetzt eigentlich schon Verfechter, wer sich ein großes Auto leisten kann, der soll es fahren und soll auch dafür bezahlen, das ist ja in Ordnung. Das Problem sind halt die Leute, die eigentlich nicht wechseln können und die keine Option haben. Für die ist es halt momentan besonders bitter.
Fecke: Nun gut. Aber wer sich ein großes Auto leisten kann, der soll es fahren, das heißt er verbraucht sehr, sehr viel Sprit und er ist auch nicht gerade sehr klimabewusst. Sollte man nicht doch da ansetzen, dass man einfach auch ein bisschen weniger Benzin braucht?
Bock: Ja, aber ich finde, diese Regelungen kommen ja. Die Autoverbräuche haben sich auch in der letzten Zeit deutlich nach unten bewegt. Einen letzten großen Geländewagen mit einem Dieselmotor, den können Sie heute auch schon unter zehn Liter fahren. Das sind schon andere Verbräuche, als noch vor einigen Jahren üblich waren. Natürlich bin ich auch dafür, ein möglichst verbrauchsgünstiges Auto zu fahren. Ich fahre zum Beispiel auch einen Diesel, weil er einfach weniger verbraucht. Aber ich finde, man sollte es den Leuten nicht vorschreiben, sondern das sollte eigentlich schon aus dem Markt selber entstehen.
Fecke: Noch einmal zum Markt. Die freien Tankstellen, haben die eigentlich die Chance, von anderen beliefert zu werden außer von den großen fünf?
Bock: Das wird schwierig. Man sagt, dass die zwar sich selber theoretisch auch das Öl beziehungsweise den Sprit aus Rotterdam besorgen könnten, aber letztendlich hängen die wahrscheinlich schon einfach an ihrem Versorgungsgebiet regional. Die müssen ja auch bestimmte Zeiten haben, in denen der Nachschub dann wieder anrollt. Ich glaube, die haben einfach auch nicht so richtig viel Auswahl.
Fecke: Vielen Dank! – Das Bundeskartellamt hat ein Wettbewerbsverfahren gegen die großen fünf Mineralölunternehmen eingeleitet. Ich habe mit Steffen Bock vom Verbraucherportal Clever-tanken.de über die Auswirkungen gesprochen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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"Wir müssen den Leuten sagen, dass es die Energiewende nicht umsonst gibt" -Deutsche Energieagentur-Chef Stephan Kohler zur Diskussion über steigende Benzinpreise
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Steffen Bock: Ja, die Anfahrt lohnt sich auf jeden Fall. Allerdings muss man sagen, das hat sich ein kleines bisschen verschoben. Früher gab es ja immer so diese Preisdifferenz zwei Cent von den freien Tankstellen zu den großen Tankstellen, die eigentlich das Marktgeschehen bestimmt haben. Heute ist es mehr relevant, zum richtigen Zeitpunkt zur richtigen Tankstelle zu fahren. Da kann es sowohl bei der Markentankstelle wie auch bei der freien Tankstelle durchaus Preissprünge von über zehn Cent geben. Also daran hat sich nichts geändert und da kann durchaus die freie Wahl sehr stark im Vorteil sein.
Fecke: Die Rohölpreise sind in den letzten Wochen gar nicht weiter gestiegen, dennoch haben die Mineralölunternehmen so fünf Cent pro Liter draufgeschlagen. Könnte durch dieses Wettbewerbsverfahren, egal wie es ausgeht, auch ein Signal an die großen fünf gegeben werden, in Zukunft etwas weniger, ich sage mal, selbstbewusst bei der Gestaltung der Benzinpreise vorzugehen?
Bock: Das halte ich für komplett illusorisch, da wird nichts passieren. Diese ganzen Verfahren, die vom Kartellamt angestrengt worden sind, die haben ja eigentlich immer nur zu Tage gefördert, dass es so eine Art blindes Verstehen gibt zwischen den Gesellschaften. Man kann ihnen ja eigentlich nichts nachweisen und wahrscheinlich tun sie auch nichts Verbotenes. Das ist einfach die Marktstruktur und die nehmen sich, was sie können. Von daher glaube ich nicht, dass die so eine Art freiwillige Selbstbeschränkung in Zukunft einführen werden.
Es wird eher an uns Verbrauchern liegen, dass wir uns tatsächlich mal so verhalten, wie das eigentlich immer gefordert wird, nämlich nicht nach Preiserhöhungen zu tanken, und zwar konsequent, und wenn man sich umguckt, das machen leider immer noch sehr viele, und solange die Leute darauf reinfallen, werden auch die Preiserhöhungen in der Form nicht aufhören.
Fecke: Was meinen Sie mit nicht danach zu tanken, so lange zu warten, bis die Preise wieder runtergehen?
Bock: Richtig. Es gehen ja auch immer wieder mal Boykottaufrufe durchs Netz, von denen ich persönlich gar nichts halte. Es ist eigentlich eher so eine Art Miniboykott, dieser Verwirrung mit System mal entgegenzutreten und einfach zu sagen, ich fahre vorausschauend mit meinem Auto, ich fahre mein Auto auch gar nicht mehr ganz leer, sodass ich nicht mehr unbedingt dann tanken muss, wenn der Tank gerade leer ist, sondern dass ich dann tanken kann, wenn der Preis gerade mal günstig ist. Und das ist schon ein signifikanter Unterschied im Verbraucherverhalten, der sich bei einigen schon durchgesetzt hat, aber eben noch nicht bei der Masse.
Fecke: Sie sprechen vom Verbraucherverhalten. Ich finde es ein großes Paradoxon, dass obwohl der Benzinpreis ja nun immer weiter steigt, wir "peak oil" schon erreicht haben, immer noch sehr viele sehr große Wagen gefahren werden. Müsste man nicht da ansetzen?
Bock: Ja. Aber das Problem ist eigentlich nicht bei den Leuten, die sich Gott sei Dank ein großes Auto leisten können, sondern das Problem ist bei den Leuten, die pendeln müssen und für die auf einmal jetzt zehn Prozent Preissteigerung bei den Energiekosten im letzten Jahr aufgetreten sind. Ich denke, da ist das der Hauptgrund und da bin ich jetzt eigentlich schon Verfechter, wer sich ein großes Auto leisten kann, der soll es fahren und soll auch dafür bezahlen, das ist ja in Ordnung. Das Problem sind halt die Leute, die eigentlich nicht wechseln können und die keine Option haben. Für die ist es halt momentan besonders bitter.
Fecke: Nun gut. Aber wer sich ein großes Auto leisten kann, der soll es fahren, das heißt er verbraucht sehr, sehr viel Sprit und er ist auch nicht gerade sehr klimabewusst. Sollte man nicht doch da ansetzen, dass man einfach auch ein bisschen weniger Benzin braucht?
Bock: Ja, aber ich finde, diese Regelungen kommen ja. Die Autoverbräuche haben sich auch in der letzten Zeit deutlich nach unten bewegt. Einen letzten großen Geländewagen mit einem Dieselmotor, den können Sie heute auch schon unter zehn Liter fahren. Das sind schon andere Verbräuche, als noch vor einigen Jahren üblich waren. Natürlich bin ich auch dafür, ein möglichst verbrauchsgünstiges Auto zu fahren. Ich fahre zum Beispiel auch einen Diesel, weil er einfach weniger verbraucht. Aber ich finde, man sollte es den Leuten nicht vorschreiben, sondern das sollte eigentlich schon aus dem Markt selber entstehen.
Fecke: Noch einmal zum Markt. Die freien Tankstellen, haben die eigentlich die Chance, von anderen beliefert zu werden außer von den großen fünf?
Bock: Das wird schwierig. Man sagt, dass die zwar sich selber theoretisch auch das Öl beziehungsweise den Sprit aus Rotterdam besorgen könnten, aber letztendlich hängen die wahrscheinlich schon einfach an ihrem Versorgungsgebiet regional. Die müssen ja auch bestimmte Zeiten haben, in denen der Nachschub dann wieder anrollt. Ich glaube, die haben einfach auch nicht so richtig viel Auswahl.
Fecke: Vielen Dank! – Das Bundeskartellamt hat ein Wettbewerbsverfahren gegen die großen fünf Mineralölunternehmen eingeleitet. Ich habe mit Steffen Bock vom Verbraucherportal Clever-tanken.de über die Auswirkungen gesprochen.
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