Auf der Ginza ist immer viel los - an einer Ecke der belebten Einkaufsstraße haben die Polizeibeamten alle Hände voll zu tun. In blauer Uniform stehen sie vor der lokalen Wache, in Japan Koban genannt.
Ein Mann hat seinen Führerschein verloren. Der Beamte bittet ihn hinein, viel Platz gibt es nicht. Zwei kleine Schreibtische, drei Hocker. Nach zehn Minuten kann er wieder gehen:
"Netterweise haben sie mir alles erklärt, wie ich auch direkt einen neuen Führerschein beantragen kann, denn ich kann ja jetzt nicht so lange warten. Sie haben natürlich auch meine Personalien aufgenommen, und ich konnte gleich Anzeige erstatten."
Er freut sich, dass er trotz des Verlusts nun eine Sorge weniger hat:
"Für mich sind diese Kobanhäuschen das Symbol für Sicherheit. Ich wohne noch nicht lange in Tokio, fühle mich oft unsicher und bin froh, dass ich hier immer eines in der Nähe habe."
Auf dem Land wohnen die Polizisten auch im Wachhäuschen
Rund eine Viertelmillion Polizisten gibt es in Japan, jeder fünfte arbeitet in einem Koban. Frauen sind allerdings selten darunter, nicht einmal jeder zehnte Koban-Polizist ist weiblich.
Das System der lokalen Wachhäuschen mit einem stehenden Beamten ist 1870 in Tokio entstanden, erzählt Fumitsugu Takemura, stellvertretender Leiter für Alltagssicherheit in Japan:
"Von 1988 an wurde das Kobansystem auf ganz Japan ausgeweitet, und zwar so, dass die Polizisten auf dem Land auch in den Wachen wohnen."
Denn die Wachen sollen rund um die Uhr besetzt sein. In Städten arbeiten die Beamten im Dreischichtsystem.
"Die Kobanpolizei hat mehrere Aufgaben: erstens die Anliegen der Bewohner aufgreifen und sich darum kümmern, zweitens Patrouille laufen, drittens Verlustanzeigen aufnehmen."
Anlaufstelle für alle möglichen Anliegen
Und an einer beliebten Kreuzung wie der Ginza in Tokio vor allem den Menschen den Weg hier und dorthin zeigen. Dauernd werden die Polizisten vor ihrer Wache angesprochen.
Für die meisten Japanerinnen und Japaner ist das Wachhäuschenprinzip selbstverständlich und längst in den Alltag übergegangen, wie diese Mutter und Tochter sagen:
"Wenn wir mal irgendwo fremd sind, uns nicht auskennen, dann gehen wir immer zum Koban oder auch wenn ich irgendetwas gefunden habe, bringe ich es ins Koban ab. Und selbst ohne direkten Kontakt, geben einem diese kleinen Wachen ein sicheres Gefühl."
Im vergangenen Jahr gingen in ganz Japan fast eine Million Anzeigen ein, die meisten wegen Diebstahls, sagt Fumitsugu Takemura, von der Abteilung für Alltagssicherheit. Die Aufklärungsquote lag jedoch nur bei bei 30 Prozent. Das zeigt das Weißbuch der Polizei. Steht Koban also vielleicht eher für freundliche Belagerung als effektive Verbrechensbekämpfung?
"Die Polizisten vom Koban bemühen sich um einen ständigen Kontakt mit den Bewohnern ihres Viertels, erklären ihnen, wie sie sich vor Einbruch schützen können oder informieren über neue Radwege, sie setzen auf Kooperation nicht auf Kontrolle."
Mit Blick auf Olympische Spiele sollen alle Englisch lernen
Kooperativ und hilfsbereit wollen die Beamten in einer Stadt wie Tokio natürlich auch gegenüber Touristen sein. Mit Blick auf die Olympischen Spiele sollen jetzt langsam alle Englisch lernen. Wohlwissend, dass der Erfolg der Maßnahme eher bescheiden ausfallen könnte - selbst japanische Studierende sprechen kaum Englisch - arbeitet die Polizei bereits an Alternativen:
"Auf fünf Wachen haben wir angefangen, Beamte mit Chinesisch und Englischkenntnissen einzusetzen, und wir testen gerade Tablets mit entsprechender Übersetzungssoftware."
Zusätzlich liegen die in Japan beliebten mehrsprachigen Erklärfolien bereit. Touristen müssen dann nur noch auf das passende Bild zeigen, und dann wird ihnen geholfen.