Das Forschungszentrum DESY in Hamburg, eine Halle fast so groß wie ein Fußballfeld. Hier werden derzeit die Module eines Großbeschleunigers getestet, des Europäischen Röntgenlasers. 2017 soll er loslegen und mit ultrastarken Röntgenblitzen verschiedenste Materialien durchleuchten. Erzeugt werden die Blitze mithilfe schneller Elektronen. Und die kommen aus den Beschleunigermodulen – wuchtige, gelb lackierte Metallröhren.
"Ein zwölf Meter langer Behälter, in dem acht Resonatoren eingebaut werden, die dann die eigentlichen Beschleuniger-Strukturen sind."
Sagt DESY-Beschleunigerchef Reinhard Brinkmann. In die Resonatoren werden starke Radiowellen eingespeist. Die bringen die durchfliegenden Elektronen gehörig in Fahrt.
"Das funktioniert so, dass in diesen Resonatoren eine elektromagnetische Welle angeregt wird. Auf dieser Welle reiten gewissermaßen die Elektronen und werden dann peu à peu beim Durchfliegen dieser Beschleunigungsstrecken beschleunigt."
Im Modul spüren die Elektronen eine Spannung von 200 Millionen Volt - und haben beim Verlassen der Röhre dementsprechend mehr Energie. Nur: Für den Röntgenlaser müssen die Forscher 100 Module hintereinander schalten - wodurch die Anlage kilometerlang wird und damit auch ziemlich teuer. Ginge das nicht kleiner und billiger? Ja, meint Franz Kärtner vom Center for Free Electron Laser Science.
"Die Hoffnung ist, dass man größere Beschleuniger-Spannungen anlegen kann. Das heißt, ein Teilchen erhält eine höhere Energie, man kann den in der Länge schrumpfen."
Ein Beschleuniger, der viel kürzer ist, aber Elektronen genauso viel Dampf macht wie die heutigen Anlagen. Das ist Kärtners Ziel.
"Unsere Idee ist, zu kürzeren Wellenlängen zu gehen. Statt zehn Zentimeter gehen wir zu einem Millimeter - also hundertmal kürzer."
Bisher arbeiten Beschleuniger mit Radiowellen. Die besitzen relativ große Wellenlängen, so um die zehn Zentimeter. Könnte man Wellenlängen von weniger als einem Millimeter nutzen, so genannte Terahertz-Strahlung, ließen sich Teilchen effizienter beschleunigen. Man könnte ihnen auf derselben Strecke deutlich mehr Energie mit auf den Weg geben. Nur: Dazu braucht man stärke Terahertz-Strahlung, als man sie bislang erzeugen kann. Und genau das hat Kärtners Team nun geschafft.
Im Labor zeigt Kärtner, wie es funktioniert:
"Das ist jetzt eine typische Zelle, wo ein hoch energetischer Laserpuls eingeschossen wird, um Terahertz-Strahlen zu erzeugen."
Ein Laser schießt starke Lichtblitze auf einen kleinen Kristall. Dessen Gitter gerät in Bewegung und sendet dabei ein Terahertz-Signal aus.
"Das wird dann mit diesem Parabolspiegel aufgefangen und mit dem nächsten Spiegel herunterfokussiert und hier eingestrahlt".
Franz Kärtner hält ein Kupferröhrchen hoch. Es hat den Durchmesser einer Kugelschreibermine, ist aber deutlich kürzer. Innen drin steckt ein weiteres Röhrchen, es ist aus Quarz. In dieses verschachtelte Röhrchen werden die Terahertz-Wellen eingespeist. Und hier können sie Elektronen, die durch das Röhrchen fliegen, einen gehörigen Schubs geben. Bislang sind die Beschleunigungswerte zwar nicht besser als bei der herkömmlichen Technik. Aber das sollte sich ändern lassen, sobald man noch stärkere Terahertz-Quellen entwickeln kann, sagt Kärtner.
"Faktor zehn wäre schon möglich. Was natürlich eine große Anlage schrumpfen würde in der Zukunft."
Ein zwei Kilometer langer Riese wie der Europäische Röntgenlaser könnte dann auf 200 Meter schrumpfen. Das aber ist noch Zukunftsmusik. Zunächst denkt Franz Kärtner an Terahertz-Beschleuniger, die vielleicht Kühlschrankgröße haben und in Arztpraxen und Krankenhäusern stehen. Dort könnten sie die heutigen Röntgenröhren ersetzen und für Aufnahmen mit bis dato unerreichtem Kontrast sorgen.
"Dort sehe ich unmittelbar den größten Impact von der Technologie. In fünf Jahren, würde ich sagen, könnte man das schon machen."