Aus eins mach zwei. Waren Umwelt- und Energiethemen bisher in einem Ministerium gebündelt, wird zukünftig Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel – selbst ehemaliger Umweltminister – dafür zuständig sein, die Energiewende voranzutreiben. Für Barbara Hendricks, die neue Umweltministerin, ist das kein großes Problem, sagte sie im ZDF-Morgenmagazin.
"Sehen Sie, die ganze Energiewende machen wir ja wegen des Klimaschutzes. Und das bleibt natürlich das Ziel. Und die Art und Weise, wie man das hinkommt und wie man das am besten befördert, ist in der Tat neu zu justieren. Das hat in der letzten Legislaturperiode nicht gut geklappt."
Der grüne Jürgen Trittin sieht hingegen einen deutlichen Bedeutungsverlust für das Ministerium, das auch er einst geleitet hat:
"Wir haben es jetzt mit dem schwächsten und eher handlungsunfähigsten Ministerium zu tun."
Es gehe ganz zentral um die Frage, sagte Trittin im Deutschlandfunk,
"ob die Bundesrepublik, deren CO2-Emissoinen ja in den letzten Jahren massiv angestiegen sind, weil so viel Kohle verstromt wurde, und da endlich eine Trendwende eingeleitet wird. Und da sind die Kräfte, die sich für den Klimaschutz einsetzen, durch diese Ressortverteilung entscheidend geschwächt worden."
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz sieht die neue Ressortverteilung kritisch, erklärt Tina Löffelsend, Energieexpertin beim BUND. Denn bislang habe das Wirtschaftsministerium bei der Energiewende immer eher gebremst. Allerdings:
"Es wird sehr darauf ankommen, wie der Minister und seine Mannschaft das ausgestalten. Und es kommt auch sehr darauf an, wie sie den jetzigen Koalitionsvertrag interpretieren. Nämlich in dem Sinne, dass sie Fortschritte wollen bei der Energiewende, dass sie wollen, dass es schnell weitergeht, sodass sich auch Bürger weiterhin beteiligen können. Oder ob sie es nutzen, dass sie im Wirtschaftsministerium sitzen und die alte Politik des Bremsens weiter fortsetzen."
Immerhin: Rainer Baake, bisher Direktor von AGORA Energiewende geht als Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium. Unter Jürgen Trittin war er Staatssekretär im Umweltministerium und hatte dort die Verantwortung für umweltpolitische Großprojekte wie den Atomausstieg, den Emissionshandel und das Kyoto-Protokoll. Und Jochen Flasbarth, zuletzt Präsident des Bundesumweltamtes, geht als Staatssekretär ins Bundesumweltministerium. Er hatte die energiepolitischen Maßnahmen im Koalitionsvertrag kürzlich noch als unzureichend bezeichnet.
Ebenfalls einen Kompetenzzuwachs gibt es beim Justizministerium. Heiko Maas, der dieses Ressort übernimmt, wird zukünftig auch für den Verbraucherschutz zuständig sein. Ihm zur Seite steht als Staatssekretär Gerd Billen, der bisher Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes war.
In den Koalitionsverhandlungen hatte die Unionsseite stets darauf beharrt, den Verbraucherschutz beim Landwirtschaftsministerium zu belassen. Denn Produzenten und Verbraucher in einem Ministerium zu bündeln, das habe durchaus Sinn gemacht, sagt auch der Grünen-Vorsitzende Czem Özdemir:
"Das ist ja nicht aus Jux und Tollerei so entstanden, sondern aus Skandalen so entwickelt worden, damit man eben den Link hat, dass gesunde Lebensmittel und eine Landwirtschaftspolitik, die nah am Umweltschutz ist, die nah am Tierschutz ist, dass das zusammengehört."
Dass die Koalition diese beiden Bereiche jetzt trenne,
"lässt einiges vermuten, was die Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik angeht. Nämlich, dass von all dem, was in der Vergangenheit gesagt wurde, nämlich, dass man sich neu ausrichten möchte, dass man weg möchte von tierquälerischen Agrarfabriken hin zu einer stärkeren bäuerlichen Landwirtschaft, davon dürfte wohl nichts übrig sein."
Aber auch eine weitere CSU-Personalie ist für Jürgen Maier, vom Forum Umwelt und Entwicklung interessant. Gerd Müller, der neue Minister für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Er kommt aus dem Landwirtschaftsministerium.
"Er steht natürlich nicht für die Sorte Agrarpolitik, die wir gerne hätten."
Dennoch sei er sich sicher, sagt Maier, dass Müller vieles von dem auf den Prüfstand stellen werde, was sein Vorgänger Niebel auf den Weg gebracht hat.
"Kleinbauernförderung in Entwicklungsländern und eine an den Exportinteressen der deutschen Agrarindustrie orientierte Politik, das ist ein Widerspruch in sich. Ich kann nicht beides machen. Und Kleinbauern in Weltmarktstrukturen zu integrieren, das, was die German Food-Partnership da vorhat, das kann nicht funktionieren. Da bleiben die meisten beiden kleinen Bauern auf der Strecke."
Damit hätten auch viele Mitarbeiter im Ministerium ein Problem gehabt. Nun könne nachjustiert werden, hofft Maier.