Orlando Abel steht an seinem Tresen im Lissaboner Arbeiterviertel Benfica und rechnet auf einem kleinen Zettel vor, weshalb er kurz vor dem Bankrott steht.
Seit Januar zahlen Gastronomiebetriebe in Portugal den vollen Mehrwertsteuersatz von 23 Prozent. Ehemalige Steuererleichterungen und Abschreibungen wurden gestrichen. Ein portugiesischer Einzelhandelsverband schätzt, dass über 100.000 Arbeitsplätze in der Gastronomie in Gefahr sind. Immer wieder haben Verbände und die Oppositionsparteien im portugiesischen Parlament die Regierung gedrängt, die Maßnahme zurückzunehmen. Und ausgerechnet die politische Krise in der Mitte-Rechts-Koalition und eine anschließende Kabinettsumbildung machen den Gegnern der Steuererhöhung neue Hoffnung:
"Ich hoffe, dass die Regierung jetzt endlich einlenkt. Denn wenn ich weiter diesen Steuersatz bezahlen muss, dann werde ich mein Lokal schließen müssen."
Der Gastwirt Orlando Abel schaut dabei insbesondere auf die konservative Volkspartei CDS. Der kleinere Koalitionspartner hatte die politische Krise Anfang Juli provoziert – auch weil sie nicht immer mit dem harten Sparkurs von Premierminister Pedro Passos Coelho einverstanden gewesen war und neue Impulse für die kränkelnde portugiesische Wirtschaft gefordert hatte. Im neuen Kabinett, das in der vergangenen Woche vereidigt wurde, ist der CDS-Vorsitzende und ehemalige Außenminister Paulo Portas zum Vize-Premierminister aufgestiegen – ohne eigenes Ressort, aber mit zwei herausragenden Aufgabenfeldern: die Durchsetzung der Staatsreform und die Koordinierung der Verhandlungen mit der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank. Portas langjähriger Parteifreund António Pires da Lima ist neuer Wirtschaftsminister. Der Politologe André Freire sieht darin ein klares Zeichen für einen Neubeginn:
"Wir haben allen Grund dazu, jetzt an einen Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik glauben zu dürfen. Die Frage ist, ob das wirklich passiert. Der CDS sind nun im Kabinett zumindest alle Instrumente in die Hand gelegt worden, um ihre Wirtschaftspolitik umzusetzen. Und die Portugiesen sollten darauf pochen, dass die Partei sich daran auch hält."
Der Handlungsspielraum des neuen Kabinetts ist freilich sehr begrenzt. Die Regierung hat der Troika versprochen, ab dem kommenden Jahr langfristig die Staatsausgaben zu senken. Über vier Milliarden Euro sollen zusätzlich eingespart werden. Premierminister Passos Coelho ließ am Wochenende bei einer Wahlveranstaltung erkennen, dass er den Stellenabbau im öffentlichen Dienst beschleunigen werde:
"Wenn wir nicht so viele Bedienstete in der öffentlichen Verwaltung brauchen, dann müssen diese Leute sich einen neuen Job suchen. Der Staat kann doch nicht ewig diejenigen bezahlen, die gar nicht gebraucht werden. So ist das in jedem entwickelten Land auf der Welt. Ich kann nicht glauben, dass unsere Verfassung es uns verbietet, das zu tun, was jede entwickelte Gesellschaft tut."
Damit richtete sich Portugals Regierungschef direkt an das Verfassungsgericht, das in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Sparmaßnahmen für verfassungswidrig erklärt hatte. Auch deshalb hatte Staatspräsident Cavaco Silva während der politischen Krise der vergangenen Wochen versucht, ein Bündnis zwischen der Mitte-Rechts-Koalition und den Sozialisten herzustellen. Doch die größte Oppositionspartei erteilte einer sogenannten "Regierung zur nationalen Rettung" eine Absage. Damit fehlt der Regierung die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, um gegebenenfalls die Verfassung zu ändern. Politische Beobachter befürchten, dass sich die Sozialisten nach dem gescheiterten Bündnis nun mehr und mehr den radikaleren Linksparteien zuwenden könnten. Der Zeithistoriker António Costa Pinto sieht jedoch keine Gefahr, dass die Zusammenarbeit mit den internationalen Geldgebern mittelfristig aufgekündigt werden würde:
"Die sozialistische Partei hat sich jetzt dafür entschieden, das Protestkapital der Portugiesen weiter für sich gewinnen zu wollen und ihnen eine politische Alternative zu bieten. Aus der jüngsten portugiesischen Geschichte wissen wir aber, dass die Sozialisten sich nicht sehr stark von den Regierungsparteien unterscheiden und alle internationalen Kompromisse wahren werden."
Für eine "Regierung zur nationalen Rettung" war der Zeitpunkt jedoch schlecht gewählt. Schließlich stehen in zwei Monaten in Portugal Kommunalwahlen an. Führende sozialistische Lokalpolitiker haben sich offenbar dagegen gewehrt, sich so kurz vor dem Urnengang an eine Regierung zu binden, die wegen Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und steigendem Schuldenberg das Vertrauen der Mehrheit der Portugiesen verloren hat.
Seit Januar zahlen Gastronomiebetriebe in Portugal den vollen Mehrwertsteuersatz von 23 Prozent. Ehemalige Steuererleichterungen und Abschreibungen wurden gestrichen. Ein portugiesischer Einzelhandelsverband schätzt, dass über 100.000 Arbeitsplätze in der Gastronomie in Gefahr sind. Immer wieder haben Verbände und die Oppositionsparteien im portugiesischen Parlament die Regierung gedrängt, die Maßnahme zurückzunehmen. Und ausgerechnet die politische Krise in der Mitte-Rechts-Koalition und eine anschließende Kabinettsumbildung machen den Gegnern der Steuererhöhung neue Hoffnung:
"Ich hoffe, dass die Regierung jetzt endlich einlenkt. Denn wenn ich weiter diesen Steuersatz bezahlen muss, dann werde ich mein Lokal schließen müssen."
Der Gastwirt Orlando Abel schaut dabei insbesondere auf die konservative Volkspartei CDS. Der kleinere Koalitionspartner hatte die politische Krise Anfang Juli provoziert – auch weil sie nicht immer mit dem harten Sparkurs von Premierminister Pedro Passos Coelho einverstanden gewesen war und neue Impulse für die kränkelnde portugiesische Wirtschaft gefordert hatte. Im neuen Kabinett, das in der vergangenen Woche vereidigt wurde, ist der CDS-Vorsitzende und ehemalige Außenminister Paulo Portas zum Vize-Premierminister aufgestiegen – ohne eigenes Ressort, aber mit zwei herausragenden Aufgabenfeldern: die Durchsetzung der Staatsreform und die Koordinierung der Verhandlungen mit der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank. Portas langjähriger Parteifreund António Pires da Lima ist neuer Wirtschaftsminister. Der Politologe André Freire sieht darin ein klares Zeichen für einen Neubeginn:
"Wir haben allen Grund dazu, jetzt an einen Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik glauben zu dürfen. Die Frage ist, ob das wirklich passiert. Der CDS sind nun im Kabinett zumindest alle Instrumente in die Hand gelegt worden, um ihre Wirtschaftspolitik umzusetzen. Und die Portugiesen sollten darauf pochen, dass die Partei sich daran auch hält."
Der Handlungsspielraum des neuen Kabinetts ist freilich sehr begrenzt. Die Regierung hat der Troika versprochen, ab dem kommenden Jahr langfristig die Staatsausgaben zu senken. Über vier Milliarden Euro sollen zusätzlich eingespart werden. Premierminister Passos Coelho ließ am Wochenende bei einer Wahlveranstaltung erkennen, dass er den Stellenabbau im öffentlichen Dienst beschleunigen werde:
"Wenn wir nicht so viele Bedienstete in der öffentlichen Verwaltung brauchen, dann müssen diese Leute sich einen neuen Job suchen. Der Staat kann doch nicht ewig diejenigen bezahlen, die gar nicht gebraucht werden. So ist das in jedem entwickelten Land auf der Welt. Ich kann nicht glauben, dass unsere Verfassung es uns verbietet, das zu tun, was jede entwickelte Gesellschaft tut."
Damit richtete sich Portugals Regierungschef direkt an das Verfassungsgericht, das in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Sparmaßnahmen für verfassungswidrig erklärt hatte. Auch deshalb hatte Staatspräsident Cavaco Silva während der politischen Krise der vergangenen Wochen versucht, ein Bündnis zwischen der Mitte-Rechts-Koalition und den Sozialisten herzustellen. Doch die größte Oppositionspartei erteilte einer sogenannten "Regierung zur nationalen Rettung" eine Absage. Damit fehlt der Regierung die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, um gegebenenfalls die Verfassung zu ändern. Politische Beobachter befürchten, dass sich die Sozialisten nach dem gescheiterten Bündnis nun mehr und mehr den radikaleren Linksparteien zuwenden könnten. Der Zeithistoriker António Costa Pinto sieht jedoch keine Gefahr, dass die Zusammenarbeit mit den internationalen Geldgebern mittelfristig aufgekündigt werden würde:
"Die sozialistische Partei hat sich jetzt dafür entschieden, das Protestkapital der Portugiesen weiter für sich gewinnen zu wollen und ihnen eine politische Alternative zu bieten. Aus der jüngsten portugiesischen Geschichte wissen wir aber, dass die Sozialisten sich nicht sehr stark von den Regierungsparteien unterscheiden und alle internationalen Kompromisse wahren werden."
Für eine "Regierung zur nationalen Rettung" war der Zeitpunkt jedoch schlecht gewählt. Schließlich stehen in zwei Monaten in Portugal Kommunalwahlen an. Führende sozialistische Lokalpolitiker haben sich offenbar dagegen gewehrt, sich so kurz vor dem Urnengang an eine Regierung zu binden, die wegen Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und steigendem Schuldenberg das Vertrauen der Mehrheit der Portugiesen verloren hat.