Missbrauch im Eishockey
Fünf Spieler des kanadischen Jugend-Nationalteams von 2018 vorgeladen

Eine junge Frau soll 2018 von acht kanadischen Nachwuchs-Eishockeyspielern am Rande einer Gala sexuell genötigt und missbraucht worden sein. Fünf Spieler des Teams wurden nun von der Polizei vorgeladen. Darunter auch aktuelle NHL-Spieler.

Von Heiko Oldörp |
Eishockey, U20 WM, Kanada - Tschechien 2018 in Buffalo
Fünf Spieler aus dem kanadischen U20-Weltmeisterteam von 2018 wurden im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch von der Polizei vorgeladen. (imago / Bildbyran / JOEL MARKLUND)
Es schien zunächst nur ein Zufall zu sein: In der vergangenen Woche haben vier NHL-Spieler sowie ein in der Schweiz spielender Kanadier ihre Vereine um eine “Freistellung auf unbestimmte Zeit” gebeten. Doch dann haben kanadische Medien aufgedeckt: Es geht um den Vorwurf sexueller Übergriffe. 

Polizei forderte Spieler auf sich zu melden

Die Polizei in London, in der Provinz Ontario, hatte fünf Spieler der kanadischen Eishockey-Junioren-Nationalmannschaft von 2018 aufgefordert, sich bis Ende dieser Woche bei ihr zu melden. Die vier NHL-Profis und der Spieler aus der Schweiz, die ihre Clubs um Freistellung gebeten hatten, waren 2018 im Team. 
"We begin tonight with news that is rocking the hockey world. Some disturbing allegations of sex abuse tonight, involving five professional hockey players. All five players were members of Canada’s 2018 World junior hockey team."
Das Quintett soll zu einer Gruppe von insgesamt acht Spielern gehören, die im Juni 2018, nach einer Gala in London/Ontario, eine damals 20-jährige, stark alkoholisierte Frau, sexuell missbraucht haben soll. 

Verband hat rund neun Millionen gezahlt

Hockey Canada, der nationale Dachverband für Eishockey, einigt sich außergerichtlich mit der Frau. Sie unterzeichnet eine Stillschweige-Vereinbarung. Offenbar nicht das einzige Schweige-Abkommen. Wie der kanadische TV-Sender "CBC" berichtet, hat Hockey Canada zugegeben, seit 1989 insgesamt 21 solcher Vergleiche geschlossen zu haben. Für mutmaßliche, ausgeübte sexualisierte Gewalt etwa durch Spieler, Trainer und andere Personen, hat der Verband eine Gesamtsumme von rund neun Millionen Dollar gezahlt.
"Hockey Canada eventually admitted to paying out nearly nine million dollars since 1989 in settlements to individuals, alleging sexual misconduct by players, coaches and others."
Noch 2022 behauptet Hockey Canada, die beschuldigten Spieler seien nicht auffindbar und es sei unbekannt, was in jener Nacht im Juni 2018 geschehen sei. 
Allerdings informiert der Verband laut Gerichtsakten einen dort als "Spieler 1" geführten, mutmaßlichen Täter, über die Untersuchung der Polizei. Daraufhin macht der Spieler die Betroffene auf Social Media ausfindig und drängt die Frau, ihre Aussagen zu ändern. 
Dies sorgt für öffentliches Aufsehen. Die Untersuchungen zum Fall, die 2019 zunächst eingestellt worden waren, werden wieder aufgenommen. Sogar Premierminister Justin Trudeau meldet sich im Juli 2022 - und hebt hervor, dass es für jeden im Land schwer sei, Vertrauen in Hockey Canada zu haben. 
"I think right now it’s hard for anyone in Canada to have faith or trust in anyone at Hockey Canada."

Hockey Canada unter Druck

Auch Groß-Sponsoren haben das Vertrauen verloren, springen ab. Das führt zum Rücktritt von Geschäftsführer Scott Smith samt Verwaltungsrat im Oktober 2022. 
Was Hockey Canada tatsächlich über den Fall wusste, könnte am Montag öffentlich werden. Dann gibt die Polizei in London/Ontario eine Pressekonferenz. Bislang hat sich einer der fünf Spieler bei ihr gemeldet.